Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückzahlung von Ausbildungskosten. AGB-Inhaltskontrolle
Orientierungssatz
- Die Vereinbarung in einem Formulararbeitsvertrag, nach welcher ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber übernommene Kosten für ein Fachhochschulstudium in jedem Fall (anteilig) zurückzahlen muss, wenn das Arbeitsverhältnis vor Ablauf einer bestimmten Frist endet, ist zu weit gefasst. Sie ist unwirksam, weil die Rückzahlungspflicht ohne Rücksicht auf den jeweiligen Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgelöst werden soll.
- Dies gilt auch dann, wenn im Formulararbeitsvertrag unter Voranstellung des Wortes “insbesondere” zwei Beispielsfälle genannt sind, für welche wirksam eine Rückzahlungsverpflichtung begründet werden könnte (Eigenkündigung des Arbeitnehmers und Kündigung durch den Arbeitgeber aus einem vom Arbeitnehmer zu vertretenden Grund).
Normenkette
BGB §§ 242, 305-307, 310
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Beklagten und Widerklägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 7. März 2006 – 19 Sa 1958/05 – wird zurückgewiesen.
Der Beklagte und Widerkläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Widerbeklagte verpflichtet ist, vom Widerkläger übernommene Studiengebühren zurückzuzahlen.
Der Widerbeklagte schloss am 31. Juli 2003 mit dem Widerkläger einen Anstellungsvertrag, dem zufolge er ab 1. September 2003 für das Unternehmen des Widerklägers als Organisator tätig werden sollte. Dieser Vertrag enthält – soweit hier von Interesse – folgende Vereinbarungen:
“2. Einkommen
a) Gehalt
Das Gehalt wird jeweils zum Monatsende gezahlt.
Dem Gehalt liegt eine regelmäßige Arbeitszeit von 40 Stunden pro Woche zugrunde. Die Vergütung etwaiger Überstunden ist in dem Gehalt inbegriffen.
Die Gehaltsentwicklung des Mitarbeiters unterliegt folgendem Stufenplan:
Stufe 1
Der Mitarbeiter erhält für die Zeit vom 1.9.2003 bis 31.12.2003 ein Bruttomonatsgehalt von jeweils 511,- Euro.
Stufe 2
Der Mitarbeiter erhält für die Zeit vom 1.1.2004 bis 30.4.2004 ein Bruttomonatsgehalt von jeweils 600,- Euro.
Stufe 3
Der Mitarbeiter erhält für die Zeit vom 1.5.2004 bis 31.08.2004 ein Bruttomonatsgehalt von jeweils 750,- Euro.
Stufe 4
Der Mitarbeiter erhält für die Zeit vom 1.9.2004 bis 28.2.2005 ein Bruttomonatsgehalt von jeweils 900,- Euro.
Stufe 5
Der Mitarbeiter erhält für die Zeit vom 1.3.2005 bis 31.8.2005 ein Bruttomonatsgehalt von jeweils 1.200,- Euro.
Danach wird mit dem Mitarbeiter ein übliches Bruttomonatsgehalt ausgehandelt.
…
11. Beendigung des Anstellungsvertrags
Der Anstellungsvertrag wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen.
Es gilt für beide Vertragspartner eine Kündigungsfrist von 6 Wochen zum Quartalsende.
Die Kündigung bedarf der Schriftform.
Das Anstellungsverhältnis endet, ohne daß es einer Kündigung bedarf, am Tag vor Beginn des Monats, für den erstmals Altersruhegeld oder Erwerbsunfähigkeitsrente bezogen wird, spätestens mit Ablauf des Monats, in dem das 65. Lebensjahr vollendet wird.
Bei Kündigung oder Ausscheiden sind dem Unternehmen alle Unterlagen auszuhändigen!”
Am 12./18. August 2003 schlossen die Parteien einen Darlehensvertrag, der auszugsweise wie folgt lautet:
“…
wird mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis folgender Darlehensvertrag mit Schuldanerkenntnis geschlossen:
Der Mitarbeiter wird nebenberuflich zu seiner Regelarbeitszeit von 40 Stunden pro Woche ein Studium an der Fachhochschule für Oekonomie und Management absolvieren. Das Unternehmen übernimmt dafür die monatlichen Studiengebühren in Höhe von 250,- Euro in Form eines unverzinslichen Darlehens für den Mitarbeiter. Dieses Studium im Studiengang Betriebswirtschaft mit dem Abschluss Diplom-Betriebswirt (FH) dauert sieben Semester. Das Unternehmen bezahlt für diese sieben Semester, d. h. für insgesamt 42 Monate, im Rahmen des Darlehens die Studiengebühren.
1. Das Unternehmen gewährt dem Mitarbeiter ein unverzinsliches Darlehen in Form der Übernahme der monatlichen Studiengebühren in Höhe von 250,- Euro für ein siebensemestriges Studium (42 Monate) im Studiengang Betriebswirtschaft mit dem Abschluss Diplom-Betriebswirt an der Fachhochschule für Oekonomie und Management.
2. Die Teilnahme des Mitarbeiters erfolgt auf eigenen Wunsch im Interesse seiner beruflichen Fort- und Weiterbildung.
3. Der Mitarbeiter anerkennt, dem Unternehmen den Betrag in Höhe der Summe der insgesamt gezahlten und zu zahlenden Studiengebühren zu schulden.
4. Der Mitarbeiter ist zur Rückzahlung des Darlehensbetrags in Höhe der Summe der bereits geleisteten und vertraglich gegenüber der Fachhochschule für Oekonomie und Management bis zum Ablauf der dortigen Kündigungsfrist noch zu leistenden Studiengebühren verpflichtet, wenn das Arbeitsverhältnis vorzeitig beendigt wird, insbesondere wenn der Mitarbeiter das Arbeitsverhältnis selbst kündigt oder wenn das Arbeitsverhältnis vom Unternehmen aus einem Grund gekündigt wird, den der Mitarbeiter zu vertreten hat. Für jeden Monat der Beschäftigung nach Beendigung des Studiums werden dem Mitarbeiter 1/36 des gesamten Darlehensbetrags erlassen.
5. Der Rückzahlungsbetrag ist bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses in voller Höhe fällig.”
Inhaltsgleiche Darlehensverträge schloss der Widerkläger auch mit anderen Arbeitnehmern, beispielsweise mit seinen Mitarbeitern L… und N….
Vom 1. September 2003 bis 28. Februar 2005 war der Widerbeklagte bei der Fachhochschule für Oekonomie und Management als Student des Fachbereiches Wirtschaft mit dem Abschluss Diplom-Kaufmann (FH) eingeschrieben. Der Widerkläger entrichtete für den Widerbeklagten für diese Zeit (18 Monate) die Studiengebühren von 250,00 Euro monatlich, dh. insgesamt 4.500,00 Euro. Zum 28. Februar 2005 brach der Widerbeklagte sein Studium ab.
Mit Schreiben vom 23. Dezember 2004 kündigte der Widerbeklagte sein Arbeitsverhältnis zum 31. März 2005. Der Widerkläger behielt die Arbeitsvergütung des Widerbeklagten für März 2005 in Höhe von 901,32 Euro netto ein und verrechnete sie mit dem geltend gemachten Darlehensrückzahlungsanspruch von 4.500,00 Euro.
Der Widerbeklagte macht geltend, er habe wegen der hohen Arbeitsbelastung von 55 Wochenarbeitsstunden im Unternehmen des Widerklägers sein Studium nicht erfolgreich durchführen können. Außerdem sei sein Arbeitsverdienst unangemessen niedrig gewesen. Im Übrigen hält er die im Darlehensvertrag vereinbarte Rückzahlungsklausel für unwirksam.
Der Kläger und Widerbeklagte hatte den Beklagten und Widerkläger zunächst auf Zahlung der Vergütung für März 2005 in Höhe von 901,32 Euro nebst Zinsen verklagt. Dieser hat dann im Wege der Widerklage beantragt, den Kläger und Widerbeklagten zur Rückzahlung des noch offenen Darlehensbetrages zu verurteilen. Das Arbeitsgericht hat die Widerklage abgewiesen. Vor dem Landesarbeitsgericht hat der Widerkläger zuletzt beantragt,
der Widerbeklagte wird verurteilt, an den Widerkläger 4.500,00 Euro zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 6. April 2005.
Der Widerbeklagte hat Klageabweisung beantragt.
Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Widerklägers zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgt der Widerkläger seinen Rückzahlungsanspruch weiter, während der Widerbeklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Der Widerkläger hat gegen den Widerbeklagten aus dem Darlehensvertrag vom 12./18. August 2003 keinen Rückzahlungsanspruch.
I. Das Landesarbeitsgericht hat die vertragliche Rückzahlungsklausel gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB für unwirksam gehalten, weil sie mit wesentlichen Grundgedanken der Berufsfreiheit nicht vereinbar sei und entgegen den Geboten von Treu und Glauben zu einer unangemessenen Benachteiligung des Widerbeklagten führe. So wäre dieser beispielsweise für drei Jahre auch dann an das Arbeitsverhältnis gebunden, wenn er sein Studium nach kurzer Zeit auf Grund der Doppelbelastung abgebrochen hätte. Des Weiteren sei nicht gesichert, dass er seine durch das Studium erworbene Qualifikation in seinem Arbeitsverhältnis innerhalb der dreijährigen Bindungsfrist zum Beispiel bezüglich der Vergütungshöhe oder des Beschäftigungsinhaltes nutzen könne. Eine geltungserhaltende Reduktion der unwirksamen Rückzahlungsklausel scheide aus.
Das landesarbeitsgerichtliche Urteil hält im Ergebnis einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
II. Die Widerklage ist unbegründet. Dem Widerkläger steht kein Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Zahlungen in Höhe von 250,00 Euro monatlich nach Ziff. 4 des Darlehensvertrages zu. Diese Vertragsklausel ist nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.
1. Bei den Regelungen im Darlehensvertrag vom 12./18. August 2003 handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB in der ab 1. Januar 2002 geltenden Fassung. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat der Widerkläger außer mit dem Widerbeklagten noch mit weiteren Mitarbeitern von ihm vorformulierte inhaltsgleiche Darlehensverträge geschlossen. Wird ein Text in mindestens drei Fällen zur Grundlage von Vertragsbedingungen gemacht, ist das Merkmal “vorformulierte Vertragsbedingungen für eine Vielzahl von Verträgen” iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB erfüllt (vgl. BAG 25. Mai 2005 – 5 AZR 572/04 – AP BGB § 310 Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 3, auch zur Veröffentlichung in BAGE vorgesehen; BGH 3. April 1998 – V ZR 6/97 – NJW 1998, 2600). Damit unterliegt die vom Widerkläger verwandte Rückzahlungsklausel einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB.
2. Die Rückzahlungsklausel stellt, obwohl sie in einem gesondert vereinbarten Darlehensvertrag enthalten ist, eine arbeitsvertragliche Vereinbarung dar. Dies zeigt sich bereits an der Präambel des Darlehensvertrages, in der es heißt:
“Zwischen dem Unternehmen … und … – im folgenden ‘Mitarbeiter’ genannt – wird mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis folgender Darlehensvertrag mit Schuldanerkenntnis geschlossen”.
Im Übrigen hat auch die arbeitsrechtliche Rechtsprechung vor Inkrafttreten der §§ 305 ff. BGB am 1. Januar 2002 noch unter Geltung der Bereichsausnahme des § 23 Abs. 1 AGBG Rückzahlungsklauseln für in Form von Darlehen geleistete Studiengebühren oder Ausbildungskosten dem arbeitsrechtlichen Prüfungsmaßstab für die Wirksamkeit von Rückzahlungsklauseln unterzogen (BAG 25. April 2001 – 5 AZR 509/99 – BAGE 97, 333; 26. Oktober 1994 – 5 AZR 390/92 – BAGE 78, 164).
Dies hat zur Folge, dass die Wirksamkeit der Klausel nach §§ 307 ff. BGB zu prüfen ist. Dabei sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen, § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB.
3. Die Rückzahlungsklausel benachteiligt den Widerbeklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Das führt nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Unwirksamkeit der Bestimmung.
a) Nach dem Wortlaut der Ziff. 4 Satz 1 des Darlehensvertrages ist der Mitarbeiter zur Rückzahlung der als Darlehen gewährten Studiengebühren verpflichtet, “wenn das Arbeitsverhältnis vorzeitig beendigt wird”. Da nach Ziff. 4 Satz 2 des Darlehensvertrages für jeden Monat der Beschäftigung nach Beendigung des Studiums dem Mitarbeiter 1/36 des gesamten Darlehensbetrages “erlassen” wird, führt die Rückzahlungsklausel im Ergebnis zu einer dreijährigen Bindung des Arbeitnehmers an das Arbeitsverhältnis, wenn er eine Rückzahlungsverpflichtung ganz oder teilweise vermeiden will.
Damit unterscheidet die Klausel zunächst nicht danach, ob der Grund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Sphäre des Arbeitgebers oder der des Arbeitnehmers zuzuordnen ist. Solche Rückzahlungsklauseln, die eine Rückzahlungspflicht auch für Fälle vorsehen, in denen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber veranlasst wurde (zB betriebsbedingte Kündigung, Kündigung des Arbeitnehmers wegen vertragswidrigen Verhaltens des Arbeitgebers) sind nach der Rechtsprechung des Senats unwirksam, weil durch sie der Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt wird, § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB (Senat 11. April 2006 – 9 AZR 610/05 – AP BGB § 307 Nr. 16 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 14, auch zur Veröffentlichung in BAGE vorgesehen, mit eingehender Begründung).
b) Diese unbeschränkte, für alle Beendigungsgründe geltende Rückzahlungspflicht wird nicht dadurch eingeschränkt, dass Ziff. 4 Satz 1 des Darlehensvertrages nach dem Passus: “wenn das Arbeitsverhältnis vorzeitig beendigt wird” die Ergänzung enthält: “insbesondere, wenn der Mitarbeiter das Arbeitsverhältnis selbst kündigt oder wenn das Arbeitsverhältnis vom Unternehmen aus einem Grund gekündigt wird, den der Mitarbeiter zu vertreten hat”.
Wie sich aus der Verwendung des Wortes “insbesondere” ergibt, sollen diese beiden genannten Fälle beispielhaft verdeutlichen, wann eine Rückzahlungsverpflichtung des Mitarbeiters eintritt. Eine mit “insbesondere” eingeleitete Auflistung von Einzelfällen stellt nach allgemeinem Sprachgebrauch keine abschließende Aufzählung dar. Daher besteht neben diesen Beispielsfällen nach der vertraglichen Bestimmung auch in allen anderen Fällen, in denen das Arbeitsverhältnis vor Ablauf von drei Jahren nach Beendigung des Studiums beendet wird, die Rückzahlungsverpflichtung.
Das steht nicht im Widerspruch zur Entscheidung des Achten Senats vom 18. August 2005 (– 8 AZR 65/05 – AP BGB § 336 Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 6). Dieser hatte zu entscheiden, ob eine Vertragsstrafenabrede dem Bestimmtheitsgebot entspricht, die wie folgt lautete:
“Der Mitarbeiter hat im Falle eines gravierenden Vertragsverstoßes (etwa gegen das Wettbewerbsverbot, die Geheimhaltungspflicht oder bei einem Überschreiten der Befugnisse aus seinen Vollmachten) für jeden Einzelfall eine Vertragsstrafe … zu bezahlen.”
Der Achte Senat hat angenommen, der “gravierende Vertragsverstoß” werde “durch die in Klammer genannte Beispielaufzählung konkretisiert, so dass klargestellt ist, dass von den Vertragsparteien ein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot als gravierender Vertragsverstoß angesehen wird”.
In dem vom Achten Senat entschiedenen Fall hatten die Parteien den von ihnen verwendeten unbestimmten Begriff “gravierender Vertragsverstoß” durch einen Klammerzusatz mit einer Aufzählung derartiger Fälle konkretisiert. Im Streitfall haben die Parteien durch die angeführten zwei Beispielsfälle jedoch nicht den Begriff der “vorzeitigen” Beendigung des Arbeitsverhältnisses konkretisiert, sondern nur zwei Fälle aus vielen anderen möglichen Beendigungstatbeständen hervorgehoben. Einer “Konkretisierung” des weiteren Begriffes “Beendigung des Arbeitsverhältnisses” bedurfte es allerdings hier nicht, weil die Parteien, wie alle am Rechtsleben Teilnehmenden wissen, was unter “Beendigung eines Arbeitsverhältnisses” zu verstehen ist.
c) Soweit unter Geltung des alten Rechts im Rahmen des § 242 BGB bei weitgefassten Rückzahlungsklauseln jeweils geprüft wurde, ob der Arbeitnehmer im konkreten Einzelfalle schutzwürdig ist, bleibt hierfür bei der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB kein Raum. Die unter der Geltung der Bereichsausnahme zum AGBG ergangene Rechtsprechung sah, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber einen Grund zur Kündigung gegeben hatte, das Vertrauen des Arbeitnehmers, durch eigene Betriebstreue der Rückzahlungspflicht entgehen zu können, als nicht schutzwürdig an. Dies galt ebenso für den Fall einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer (vgl. BAG 24. Juni 2004 – 6 AZR 383/03 – BAGE 111, 157). Im Gegensatz zu dieser am konkreten Einzelfalle ausgerichteten Rechtsprechung beruht nunmehr die zum Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gehörende Inhaltskontrolle auf einer typisierenden Betrachtung einer Klausel, die ohne Rücksicht auf individuelle Besonderheiten der Vertragsparteien und des konkreten Einzelfalles vorzunehmen ist (Senat 11. April 2006 – 9 AZR 610/05 – AP BGB § 307 Nr. 16 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 14, auch zur Veröffentlichung in BAGE vorgesehen; 19. Dezember 2006 – 9 AZR 294/06 –).
d) Die Rückzahlungsklausel ist nicht im Wege der geltungserhaltenden Reduktion mit dem Inhalt aufrechtzuerhalten, dass der Arbeitnehmer nur in den genannten beiden Beispielsfällen, in denen der Beendigungsgrund seinem Verantwortungsbereich zuzurechnen ist, zur Rückzahlung der verauslagten Studiengebühren verpflichtet ist. Eine geltungserhaltende Reduktion der zu weit gefassten Klausel scheidet aus.
Unwirksame Klauseln sind grundsätzlich nicht auf einen mit dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu vereinbarenden Regelungsgehalt zurückzuführen. § 306 BGB sieht eine solche Rechtsfolge nicht vor. Eine Aufrechterhaltung mit eingeschränktem Inhalt wäre auch nicht mit dem Zweck der §§ 305 ff. BGB vereinbar. Es ist Ziel des Gesetzes, auf einen angemessenen Inhalt der in der Praxis verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen hinzuwirken. Dem Verwendungsgegner soll die Möglichkeit sachgerechter Information über die ihm aus dem vorformulierten Vertrag erwachsenden Rechte und Pflichten verschafft werden. Dieses Ziel ließe sich nicht erreichen, wenn jeder Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zunächst die Grenze dessen überschreiten könnte, was er zu seinen Gunsten in gerade noch vertretbarer Weise vereinbaren durfte. Würde dies als zulässig angesehen, hätte das zur Folge, dass der Vertragspartner des Verwenders in der Vertragsabwicklungspraxis mit überzogenen Klauseln konfrontiert würde. Erst in einem Prozess könnte er dann den Umfang seiner Rechte und Pflichten zuverlässig erfahren. Wer die Möglichkeit nutzen kann, die ihm der Grundsatz der Vertragsfreiheit für die Aufstellung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen eröffnet, muss auch das vollständige Risiko einer Klauselunwirksamkeit tragen. Anderenfalls liefen das Benachteiligungsverbot und das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 BGB weitgehend ins Leere (Senat 11. April 2006 – 9 AZR 610/05 – AP BGB § 307 Nr. 16 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 14, auch zur Veröffentlichung in BAGE vorgesehen; 19. Dezember 2006 – 9 AZR 294/06 –).
e) Die Rückzahlungsklausel ist auch nicht lediglich insoweit teilunwirksam, als sie eine Rückzahlungsverpflichtung für Gründe normiert, die in den Risiko- und Verantwortungsbereich des Arbeitgebers fallen. Die Klausel ist nicht teilbar.
Eine Teilung von Vertragsklauseln in einen zulässigen und einen unzulässigen Teil kommt nur in Betracht, wenn der unzulässige Teil sprachlich eindeutig abtrennbar ist. In einem solchen Falle wird nicht im Wege der Auslegung eine zu weitgehende Klausel so neu gefasst, dass sie für den Verwender möglichst günstig, aber rechtlich gerade noch zulässig ist. Vielmehr wird eine sprachlich und inhaltlich teilbare Klauselfassung vorausgesetzt, die ohne ihre unzulässigen Bestandteile mit ihrem zulässigen Inhalt aufrechterhalten werden kann (vgl. Senat 15. März 2005 – 9 AZR 502/03 – BAGE 114, 97). Gegenstand der Inhaltskontrolle sind dann die einzelnen, nur formal verbundenen AGB-Bestimmungen. Eine ihrem Wortlaut nach eindeutig einheitliche Regelung wird nicht in mehrere selbständige Regelungen zerlegt.
In diesem Sinne ist die streitige Rückzahlungsklausel nicht teilbar. Sie enthält keine verschiedenen, nur äußerlich zusammengefassten Regelungen. Vielmehr will sie inhaltlich und sprachlich eine Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Rückzahlung der Ausbildungskosten für jeden Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf einer bestimmten Frist begründen und erwähnt dabei lediglich zwei Beispielsfälle, in denen diese Verpflichtung eintritt.
f) Gesetzliche Vorschriften oder richterrechtliche Rechtsgrundsätze, die nach § 306 Abs. 2 BGB anstelle der unwirksamen Rückzahlungsklausel zur Anwendung kommen und einen Rückzahlungsanspruch begründen könnten, bestehen nicht.
g) Eine ergänzende Vertragsauslegung scheidet hier aus. Sie würde den Regelungszweck des § 307 BGB unterlaufen.
Eine ergänzende Vertragsauslegung setzt voraus, dass der Regelungsplan der Parteien infolge der durch die Unwirksamkeit einer Vertragsklausel entstandenen Lücke einer Vervollständigung bedarf. Dies ist nur dann anzunehmen, wenn die ersatzlose Streichung der unwirksamen Klausel keine angemessene, den typischen Interessen des AGB-Verwenders und seines Vertragspartners Rechnung tragende Lösung bietet. Allerdings rechtfertigt nicht jede Verschiebung der Gewichte zu Lasten des Verwenders die Annahme einer ergänzungsbedürftigen Lücke. Eine ergänzende Vertragsauslegung käme nur dann in Frage, wenn sich das Festhalten am Vertrag für den Verwender als unzumutbare Härte iSd. § 306 Abs. 3 BGB darstellen würde. Im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung wäre zu fragen, was die Parteien vereinbart hätten, wenn ihnen die gesetzlich angeordnete Unwirksamkeit der Klausel bekannt gewesen wäre. Es gölte dann, in Ausrichtung am hypothetischen Parteiwillen und am Maßstab von Treu und Glauben eine lückenausfüllende Ersatzregelung zu finden. Während bei der geltungserhaltenden Reduktion nach der Grenze des am Maßstab der §§ 307 ff. BGB zu beurteilenden “gerade noch Zulässigen” gesucht wird, erstrebt die ergänzende Vertragsauslegung einen beiden Seiten so weit wie möglich gerecht werdenden Ausgleich.
Grundsätzlich sind die Gerichte jedoch weder zu einer geltungserhaltenden Reduktion unwirksamer Klauseln berechtigt noch dazu, durch ergänzende Vertragsauslegung an die Stelle einer unzulässigen Klausel die zulässige Klauselfassung zu setzen, die der Verwender der Allgemeinen Geschäftsbedingungen voraussichtlich gewählt haben würde, wenn ihm die Unzulässigkeit der beanstandeten Klausel bekannt gewesen wäre (vgl. Senat 11. April 2006 – 9 AZR 610/05 – AP BGB § 307 Nr. 16 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 14, auch zur Veröffentlichung in BAGE vorgesehen).
Eine ergänzende Auslegung der Rückzahlungsklausel dahingehend, dass eine Rückzahlungsverpflichtung nur bei einer dem Widerbeklagten zurechenbar veranlassten Vertragsbeendigung anzunehmen ist, würde dem Widerkläger das Risiko der unzulässig zu weit gefassten Klausel vollständig nehmen und eine Vertragshilfe allein zu seinen Gunsten darstellen. Die Unwirksamkeit der verwendeten Klausel führt nicht zu einer derart krassen Störung des Gleichgewichts, dass eine ergänzende Vertragsauslegung zugunsten des Widerklägers geboten wäre. Es hätte an ihm gelegen, sich gegen dieses Risiko durch eine wirksame einschränkende Fassung der Rückzahlungsklausel abzusichern.
h) Die §§ 305 ff. BGB missbilligen bereits das Stellen inhaltlich unangemessener Allgemeiner Geschäftsbedingungen, nicht erst den unangemessenen Gebrauch einer Klausel im konkreten Einzelfalle. Der Rechtsfolge der Unwirksamkeit sind auch solche Klauseln unterworfen, die in ihrem Übermaßteil in zu beanstandender Weise ein Risiko regeln, das sich im Entscheidungsfalle nicht realisiert hat. Nicht entscheidungserheblich war daher, dass der Widerbeklagte durch seine eigene Kündigung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses herbeigeführt hat (vgl. Senat 11. April 2006 – 9 AZR 610/05 – aaO).
III. Der Widerkläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Unterschriften
Düwell, Reinecke, Böck, Hintloglou, Klosterkemper
Fundstellen