Prof. Dr. Bernd Heuermann
Leitsatz
Der vom Stillhalter einer Kaufoption auf den DAX an den Optionsberechtigten gezahlte Barausgleich (cash-settlement) ist nicht als Werbungskosten bei den Einkünften gem. § 22 Nr. 3 EStG abziehbar.
Normenkette
§ 9 Abs. 1, § 22 Nr. 3, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG 1994
Sachverhalt
K unternahm 1994 an der DTB Optionsgeschäfte. Er räumte Kaufoptionen auf den DAX mit der Verpflichtung ein, zum Ende der Laufzeit die Differenz zwischen dem vereinbarten Basiswert und dem jeweiligen Tageskurs auszugleichen. Er kassierte als Stillhalter 340 000 DM und zahlte zum Ausgleich 550 000 DM. Diese Ausgleichszahlung machte K als Werbungskosten bei den Einkünften als Stillhalter (340 000 DM) geltend.
FA und FG (EFG 2008, 44) lehnten das ab.
Entscheidung
Der BFH folgte der Vorinstanz und wies die Revision als unbegründet zurück.
Hinweis
Wer sich mit Optionsgeschäften beschäftigt, wird mit unterschiedlichen Rechtslagen konfrontiert. Wer z.B. wie im vorliegenden Fall eine Option auf den DAX einräumt, muss -- wenn der Optionsberechtigte ihn in Anspruch nimmt -- den Wert zu einem bestimmten Basiskurs leisten und zahlt dann die Differenz zwischen dem DAX zum ausbedungenen Basiswert und dem Tages-(Börsen-)wert.
Es fragt sich nun, ob er einen Verlust bei seinen Einkünften aus dem Stillhaltergeschäft geltend machen kann. Der BFH verneint diese Frage.
1. Die Prämie, die der Steuerpflichtige als Stillhalter vereinnahmt, erhält er unabhängig vom Zustandekommen des Basisgeschäfts, allein dafür, dass er sich bindet und ein Risiko eingeht.
2. Der BFH trennt in seiner ständigen Rechtsprechung zwischen dem sog. Eröffnungsgeschäft und dem Basisgeschäft. Eröffnungsgeschäft ist hier das Stillhaltergeschäft (Einräumen der Option gegen Stillhalterprämien), Basisgeschäft ist der oben beschriebene Differenzausgleich.
3. Das Basisgeschäft war vor 1999 nur steuerbar, wenn Wirtschaftsgüter geliefert werden mussten (z.B. infolge einer Aktienoption), nämlich nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, nicht aber, wenn -- wie hier -- lediglich die Differenz zweier Größen (DAX zum Basispreis und zum Börsenpreis) geschuldet ist.
4. In Verbindung mit dem Trennungsprinzip folgt daraus, dass der Stillhalter keinen Gewinn aus dem Basisgeschäft versteuern muss, dafür aber auch keinen Verlust als Werbungskosten geltend machen kann.
5. Das ist ab 1999 anders. Denn dann gilt § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG, und der Steuerpflichtige muss den Differenzausgleich (das Basisgeschäft) versteuern. Er kann den Verlust aber nur mit ebensolchen Geschäften ausgleichen.
6. Die Rechtslage wird mit der Abgeltungssteuer ab 2009 wiederum verändert, aber nun durchaus folgerichtig und für den Anleger günstiger: Jetzt fallen alle Optionsgeschäfte unter die Einkünfte aus Kapitalvermögen (z.B. die Einkünfte als Stillhalter unter § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG). Der Steuerpflichtige kann nun Gewinne und Verluste aus diesen Geschäften voll miteinander ausgleichen. Es stimmt also nicht, wenn im Schrifttum immer wieder einer "Chaotisierung der Besteuerung der Kapitaleinkünfte" das Wort geredet wird.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 13.02.2008, IX R 68/07