Ewald Dötsch, Prof. Dr. Franz Dötsch
Leitsatz
1. Über die Frage, ob Tätigkeitsvergütungen und Zinsen als Sonderbetriebseinnahmen zu erfassen sind, ist im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung mit bindender Wirkung auch für den Feststellungsbescheid nach § 15a Abs. 4 EStG zu entscheiden.
2. Zur Abgrenzung von Dienstleistungsentgelt und Gewinnvorab.
Normenkette
§ 15a EStG , § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG
Sachverhalt
Die Klägerin war in den Streitjahren 1992 und 1993 Kommanditistin der 1994 in Konkurs geratenen X-KG. Die Beteiligten streiten darüber, ob die der Klägerin von der KG gewährten Dienstleistungsentgelte und Zinsen Sondervergütungen i.S.v. § 15 Abs. 1 Nr. 2, 2. Halbsatz EStG oder einen Gewinnvorab darstellen. Das FA hat Ersteres angenommen und deshalb den von der Klägerin erklärten sofort ausgleichsfähigen Verlust um die angeblichen Sondervergütungen gemindert. FG und BFH nahmen demgegenüber einen Gewinnvorab an und gaben damit der Klägerin Recht.
Entscheidung
Der Sinn und Zweck des § 15a EStG liege darin, den steuerrechtlichen Verlustausgleich der begrenzten handelsrechtlichen Verlusthaftung des Kommanditisten anzugleichen. Deshalb habe der BFH in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass i.S.v. § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG nicht nur positive und negative Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens aus dem Begriff des Kapitalkontos auszuklammern seien, sondern auch Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsausgaben nicht zu den Anteilen am Verlust der KG zu rechnen seien. Demgemäß gehörten Sonderbetriebseinnahmen auch nicht zu den Beteiligungsgewinnen, die nach § 15a Abs. 2 EStG durch verrechenbare Verluste gemindert seien.
Demgegenüber beeinflusse ein sog. Gewinnvorab zwar den dem Kommanditisten zuzurechnenden Ergebnisanteil. Die Entnahme der Vorabvergütung könne jedoch nicht nur zur Folge haben, dass ein negatives Kapitalkonto i.S.v. § 15a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 EStG entstehe oder sich erhöhe. Vielmehr könne die Gewinnentnahme auch dazu führen, dass die Haftung des Kommanditisten wieder auflebe (§§ 171 Abs. 1, 172 Abs. 1 und 4 Satz 2 HGB) und ihm – in Angleichung an diese sog. überschießende handelsrechtliche Außenhaftung – nach § 15a Abs. 1 Sätze 2 und 3 EStG ein erhöhtes steuerrechtliches Verlustausgleichsvolumen zustehe.
Zutreffend habe das FG sowohl das der Klägerin von der KG gewährte Dienstleistungsentgelt als auch die Zinsen nicht als Sondervergütungen i.S.v. § 15 Abs. 1 Nr. 2, 2. Halbsatz EStG, sondern als Gewinnvorab qualifiziert. Dies ergebe sich für das Dienstleistungsentgelt bereits aus dem Gesellschaftsvertrag der KG. Danach sei die Geschäftsführer-Vergütung der Klägerin nicht nur als Teil der "Gewinn- und Verlustbeteiligung" zu berücksichtigen gewesen, sondern habe zugleich auch die "obere Grenze der Entnahme" dargestellt. So sei die gesellschaftsvertragliche Regelung auch von den Gesellschaftern praktiziert worden. Für die Einordnung der Zinsen als Gewinnvorab spreche schon der Umstand, dass es sich bei dem der Verlustverrechnung dienenden Kapitalkonto II der Klägerin nicht um ein Darlehens-, sondern um ein (echtes) Kapitalkonto gehandelt habe. Die Verzinsung habe sich daher auf ein Kapitalkonto und nicht auf ein Darlehenskonto der Klägerin bezogen.
Hinweis
1. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH, der auch das Besprechungsurteil folgt, berührt das (positive oder negative) Sonderbetriebsvermögen das Kapitalkonto i.S.v. § 15a EStG nicht (grundlegend: BFH, Urteil vom 14.5.1991, VIII R 31/88, BStBl II 1992, 167). Ebenso wenig beeinflussen die Sonderbetriebseinnahmen und-ausgaben den "Anteil des Kommanditisten am Verlust" i.S.v. § 15a Abs. 1 und 2 EStG (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 13.10.1998, VIII R 78/97, BStBl II 1999, 163).
Etwas anderes gilt dagegen für einen (positiven oder negativen) Gewinnvorab (zum negativen Gewinnvorab vgl. BFH, Urteil vom 4.5.2000, IV R 16/99, BFHE 191, 539), weil dieser sowohl das handelsrechtliche als auch das steuerrechtliche Kapitalkonto des Kommanditisten erhöht oder vermindert.
Entsprechendes gilt m.E. aber auch dann, wenn zwar eine Sondervergütung i.S.v. § 15 Abs. 1 Nr. 2, 2. Halbsatz EStG dem Grunde nach vorliegt, jedoch diese Vergütung das angemessene – drittübliche – Entgelt übersteigt. In Höhe des übersteigenden Teils liegt dann nämlich eine verdeckte Entnahme vor, die zu einer Minderung des Kapitalkontos i.S.v. § 15a EStG führt.
2. Demgemäß bedarf es im Bereich des § 15a EStG – wie im Besprechungsurteil vorgenommen – einer Abgrenzung des Gewinnvorabs von der (angemessenen) Sondervergütung i.S.d. § 15 Abs. 1 Nr. 2, 2. Halbsatz EStG.
a) Zur Abgrenzung einer Tätigkeitsvergütung i.S.v. § 15 Abs. 1 Nr. 2, 2. Halbsatz EStG vom Gewinnvorab hat der BFH zuletzt im Urteil vom 13.10.1998, VIII R 4/98, BStBl II 1999, 284, Stellung genommen. Im Einklang mit den dort entwickelten Grundsätzen hat das Besprechungsurteil auch im hier vorliegenden Streitfall einen Gewinnvorab angenommen.
b) Echte Darlehen des Kommanditisten an seine KG stellen Sonderbetriebsvermögen dar. Die Darlehenszinsen sind dann k...