Leitsatz
Die wirtschaftliche Eingliederung aufgrund der Vermietung eines Grundstücks, das die räumliche und funktionale Grundlage der Geschäftstätigkeit der Organgesellschaft bildet, entfällt, wenn für das Grundstück Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung angeordnet wird.
Normenkette
§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG, Art. 4 Abs. 4 der 6. EG-RL
Sachverhalt
Der Kläger hatte seiner GmbH das Betriebsgrundstück vermietet. 1998 wurde Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung angeordnet, Mitte 1999 das Mietverhältnis von der Zwangsverwalterin gekündigt und der Termin zur Zwangsversteigerung bestimmt. Das FA meinte, die Organschaft sei erst 1999, das FG (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.07.2007, 3 K 107/03, Haufe-Index 1818871, EFG 2007, 1906) dagegen, die organisatorische Eingliederung sei bereits 1998 mit der Zwangsverwaltung beendet.
Entscheidung
Die Revision des FA hatte keinen Erfolg. Der BFH hat allerdings – weil dies nicht entscheidungserheblich war – offengelassen, ob bereits die Anordnung der Zwangsverwaltung über das der Organgesellschaft überlassene Grundstück das Ende der Organschaft bewirkt hat.
Hinweis
Die Besprechungsentscheidung betrifft die Frage, ob durch Anordnung der Zwangsverwaltung und der Zwangsversteigerung über das Grundstück, das vom Alleingesellschafter und -geschäftsführer einer GmbH an die GmbH vermietet wird, die Organschaft beendet wird. Der BFH hat das für diesen Fall bejaht und offengelassen, ob das auch gilt, wenn nur Zwangsverwaltung angeordnet ist.
1. Der Übergang der Verwaltungsbefugnis auf einen Zwangsverwalter lässt Eigentumsrecht und Unternehmereigenschaft des Grundstückseigentümers und Vollstreckungsschuldners (Grundstückseigentümer) unberührt. Dem Grundstückseigentümer sind die Vermietungsumsätze weiter als Unternehmer zuzurechnen. Der Vorsteuerabzug aus den vom Zwangsverwalter bezogenen Leistungen richtet sich nach der Verwendung durch Zwangsverwalter und Grundstückseigentümer. Die vom Zwangsverwalter bei der Ausübung seines Amts begründeten positiven und negativen Steueransprüche sind aber von ihm und gegen ihn geltend zu machen (vgl. § 34 AO).
2. Die organisatorische Eingliederung endet nicht mit der Anordnung der Zwangsverwaltung über das an die Organgesellschaft vermietete Grundstück. Die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters steht der Annahme der organisatorischen Eingliederung nicht entgegen, wenn der Organträger weiterhin als Geschäftsführer der von der Insolvenz bedrohten Organgesellschaft tätig und die Verwaltungsbefugnis und Verfügungsbefugnis über das Vermögen der Organgesellschaft noch nicht auf den vorläufigen Insolvenzverwalter übergegangen ist. Die Anordnung der Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung über das vom Organträger an die Organgesellschaft vermieteten Grundstücks berührt die organisatorische Eingliederung nicht, denn diese beeinträchtigt nicht die Beherrschung der GmbH.
3. Für die wirtschaftliche Eingliederung genügt die Vermietung des Betriebsgrundstücks, wenn dieses für die Organgesellschaft von nicht nur geringer Bedeutung ist, weil es die räumliche und funktionale Grundlage der Geschäftstätigkeit der Organgesellschaft bildet. Solange keine konkreten Anhaltspunkte dafür bestehen, dass aufgrund der Zwangsverwaltung das Grundstück der Organgesellschaft nicht mehr dauerhaft zur Verfügung gestellt bleibt (z.B. weil der Zwangsverwalter den Mietvertrag kündigt) – bedingt allein die Zwangsverwaltung noch nicht die Beendigung der Organschaft.
Wird aber – wie im Besprechungsfall – gleichzeitig mit der Zwangsverwaltung die Zwangsversteigerung angeordnet, steht zu diesem Zeitpunkt bereits fest, dass das Grundstück in Zukunft nicht mehr dauerhaft für Zwecke der Organgesellschaft zur Verfügung stehen und deren Tätigkeit nicht mehr fördern kann. Dass die Zwangsversteigerung auch abgewendet werden kann, kann – aus Gründen der Rechtsklarheit angesichts der weit reichenden Folgen der Organschaft – nicht von Bedeutung sein.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 29.01.2009 – V R 67/07