Leitsatz
Mit Haftungsbescheid kann ein Gesellschafter einer GbR auch dann in Anspruch genommen werden, wenn er in dem Unternehmen der GbR tatsächlich nicht mitgearbeitet und weder Einsicht in die Bücher gehabt hat noch an unternehmerischen Entscheidungen beteiligt gewesen ist, jedoch die für den Betrieb der GbR erforderliche Konzession zur Verfügung gestellt hat.
Sachverhalt
Der Antragsteller schloss mit Wirkung zum 1.4.1993 einen Gesellschaftsvertrag über die Errichtung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Diese hatte die Durchführung von Kraftfahrzeug-Instandsetzungsarbeiten zum Gegenstand. Einer Zusatzvereinbarung vom 2.4.1993 zufolge sollte der Antragsteller bei der Durchführung der Geschäfte der GbR aber nicht aktiv mitwirken, sondern in seiner Eigenschaft als Kraftfahrzeug-Meister lediglich bewirken, dass die GbR infolge seiner Beteiligung in die Handwerksrolle eingetragen werden konnte. Im Innenverhältnis sollte er von jeder Haftung freigestellt werden. Eine Beteiligung am Gewinn war nicht vorgesehen, als Vergütung erhielt er lediglich einen festen Betrag von 2.400 DM jährlich, der jährlich neu verhandelt werden sollte. Die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte der GbR für die Feststellungszeiträume 1993-1996 wurden formell bestandskräftig. Nach vorheriger Anhörung nahm die Finanzverwaltung den Antragsteller mit Haftungsbescheid vom 19.3.2003 für Steuerrückstände der GbR neben dem Gesellschafter D gesamtschuldnerisch in Anspruch, und zwar für Umsatzsteuer 1993 bis 1996 nebst Zinsen und Säumniszuschlägen i.H.v. insgesamt 17.781,75 EUR. Nach erfolglosem Einspruch wurde Klage mit der Begründung erhoben, dass der Antragsteller die vereinbarte Vergütung nie erhalten und in dem Unternehmen tatsächlich nicht mitgearbeitet habe, noch Einsicht in die Bücher genommen oder an unternehmerischen Entscheidungen beteiligt worden zu sein und damit eine Mitunternehmerschaft bei der GbR nicht vorliegt.
Entscheidung
Der Antragsteller ist aufgrund des im April 1993 abgeschlossenen Gesellschaftsvertrages Gesellschafter der GbR geworden. Diese Stellung hat er im Streitzeitraum auch nicht wieder verloren. Gemäß § 191 Abs. 1 Satz 1 AO kann derjenige, der für eine Steuer haftet, durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden. Der Antragsteller haftet als Gesellschafter der GbR in entsprechender Anwendung des § 128 HGB für die Steuerschulden der GbR (Kruse/Loose, Abgabenordnung, Rdnr. 43 ff. vor § 69 AO m.w.N.). Seine Gesellschafterstellung ist auch nicht etwa deshalb zu verneinen, weil er in dem Unternehmen der GbR tatsächlich nicht mitgearbeitet und weder Einsicht in die Bücher gehabt hat noch an unternehmerischen Entscheidungen beteiligt gewesen ist. Denn sein Gesellschaftsbeitrag bestand darin, die für den Betrieb der GbR erforderliche Konzession zur Verfügung zu stellen.
Hinweis
Die Finanzverwaltung hat ihr Auswahlermessen zutreffend ausgeübt, denn sie hat beide Gesellschafter der GbR gleichermaßen zur Haftung herangezogen, wobei eine Differenzierung hinsichtlich des Umfangs der Inanspruchnahme nicht erforderlich war, da nach der gesetzgeberischen Wertung die Gesellschafter einer GbR unabhängig von der Höhe und dem Umfang ihrer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung gesamtschuldnerisch haften. Wegen der gleichmäßigen Heranziehung beider Gesellschafter bedurfte es auch keiner besonderen Begründung des Auswahlermessens in den angefochtenen Bescheiden (Hessisches Finanzgericht, Urteil v. 24.10.1995, 6 K 5103/89, EFG 1996 S. 162).
Link zur Entscheidung
FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.01.2004, 4 V 819/03