Dipl.-Finanzwirt Christian Ollick
Leitsatz
Das Niedersächsische Finanzgericht setzt sich mit Urteil vom 25.11.2015 eingehend mit der Drei-Tages-Fiktion bei der Bekanntgabe von Verwaltungsakten auseinander. Im Zentrum der Entscheidung steht die Frage, ob und wann das Finanzamt das Datum der Postaufgabe eines Bescheides nachweisen muss.
Sachverhalt
Im Zuge einer Steuerfahndungsprüfung deckte das Finanzamt auf, dass ein Geschäftsführer diverse Schwarzgeldzahlungen erhalten hatte. Das Amt erließ daraufhin geänderte Einkommensteuerbescheide (mit Datum vom 14.2.2014), in denen es die Gelder erstmalig der Besteuerung unterwarf. Die Bescheide wurden vom Bearbeiter manuell zur Post gegeben. Am 18.3.2014 legte der Geschäftsführer schließlich Einspruch gegen die geänderten Bescheide ein. Das Finanzamt erklärte, dass die Einspruchsfrist bereits am 17.3.2014 abgelaufen war und verwarf den Einspruch als unzulässig. Hiergegen trug der Geschäftsführer vor, dass ihm die Bescheide erst am 20.2.2014 bekanntgegeben worden seien, sodass die einmonatige Einspruchsfrist später begonnen hatte und der Einspruch noch fristgerecht war. Er zweifelte an, dass das Finanzamt die Bescheide bereits am Tag des aufgedruckten Datums (14.2.2014) zur Post gegeben hatte.
Entscheidung
Das Finanzgericht urteilte, dass das Finanzamt den Einspruch zu Recht als verfristet eingestuft hatte. Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post im Inland übermittelt wird, gilt regelmäßig am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekanntgegeben (§ 122 Abs. 2 Nr. 1 AO). Zwar trägt das Finanzamt die Feststellungslast (objektive Beweislast) für den Tag der Aufgabe zur Post - es bedarf allerdings nicht zwingend der Vorlage eines Absendevermerks der amtseigenen Poststelle. Stattdessen kann das Finanzamt auch darlegen, wie der Ablauf der Postversendung allgemein gestaltet war und welche Maßnahmen es ergriffen hat, um die Übereinstimmung vom aufgedrucktem Bescheiddatum und tatsächlichem Aufgabetag zu gewährleisten. Diese Darlegung war dem beklagten Finanzamt gelungen, weil es dem Gericht nachvollziehbar geschildert hatte, wie personell zu versendende Bescheide im Amt nach Absendedatum sortiert und in datierten Stapeln gesammelt werden. Die Bescheide wurden stets am Nachmittag vor dem Absendetag zur Post gegeben, zudem waren klare Vertretungsregeln für Krankheits- und Urlaubsfälle getroffen worden. Somit war von einer Postaufgabe am 14.2.2014 auszugehen, sodass die Einspruchsfrist (unter Rückgriff auf die Drei-Tages-Fiktion) bereits am 17.3.2014 abgelaufen war.
Hinweis
Zwar kann die gesetzliche Vermutung über den Zugangszeitpunkt des Bescheides vom Steuerbürger entkräftet werden. Um eine Beweislast auf Seiten des Finanzamtes zu begründen, muss er aber substantiiert darlegen, dass er den Bescheid nicht rechtzeitig erhalten hat. Dies war dem Kläger jedoch nicht gelungen, weil er die Briefumschläge der Bescheide (mit Poststempel) nicht hatte vorlegen können.
Link zur Entscheidung
Niedersächsisches FG, Urteil vom 25.11.2015, 9 K 215/14