Leitsatz
Die an den typischen stillen Gesellschafter gezahlten Gewinnanteile sind insoweit nicht als Betriebsausgaben abziehbar, als der Geschäftsinhaber die Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters zu privaten Zwecken verwendet hat.
Normenkette
§ 4 Abs. 4 EStG , § 705 BGB , § 230 HGB
Sachverhalt
Der Kläger ermittelte den Gewinn seiner Dialysepraxis durch Vermögensvergleich. Zum 1.10. 1994 beteiligte er eine Stiftung als stiller Gesellschafter mit einer Vermögenseinlage von 3 Mio. DM. Am Tag der Gutschrift der Vermögenseinlage auf den Betriebskonten (21.11.1994) überwies der Kläger davon 900.000 DM an seine geschiedene Ehefrau zur Abgeltung des Zugewinnausgleichs und 100.000 DM auf ein privates Festgeldkonto. Am 1.10.1995 beteiligte sich anstelle der Stiftung eine GmbH an der Praxis mit ebenfalls 3 Mio. DM. Mit der Einlage der GmbH zahlte der Kläger die Einlage der Stiftung zurück.
Das FA versagte in den Streitjahren 1995 und 1996 den Abzug der Gewinnanteile der stillen Gesellschafter in Höhe von einem Drittel, weil der Kläger die Vermögenseinlage zu einem Drittel für private Zwecke verwendet habe. Das FG gab der Klage statt (EFG 2003, 71).
Entscheidung
Der BFH gab dem FA Recht; er hob das finanzgerichtliche Urteil auf und wies die Klage ab.
Die Zahlung von Gewinnanteilen an den stillen Gesellschafter sei nur insoweit betrieblich veranlasst, als dessen Vermögenseinlage für betriebliche Zwecke verwendet wird. Im Streitfall sei die Vermögenseinlage in Höhe von 1 Mio. DM zur Finanzierung von Entnahmen verwendet worden. Die Zahlung der Gewinnanteile sei deshalb zu einem Drittel privat veranlasst und insoweit keine Betriebsausgabe.
Hinweis
1. Die Gewinnanteile des typisch stillen Gesellschafters sind Betriebsausgaben des Geschäftsinhabers, wenn ihre Zahlung durch den Betrieb veranlasst ist. Davon ist nur auszugehen, soweit die Vermögenseinlage des Stillen für betriebliche Zwecke verwendet wird. Die Prüfung ist entsprechend den Rechtsgrundsätzen vorzunehmen, die der BFH für Darlehenszinsen entwickelt hat.
Das bedeutet: Ebenso wie das steuerliche Schicksal von Aufwendungen für ein Darlehen allein von der tatsächlichen Verwendung der Darlehensvaluta abhängt, kommt es für die steuerliche Behandlung der an den stillen Gesellschafter gezahlten Gewinnanteile auf die tatsächliche Verwendung der Vermögenseinlage an.
2. Die Behandlung nach Darlehensgrundsätzen ist gerechtfertigt, weil die Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters aus wirtschaftlicher Sicht für den Geschäftsinhaber einen qualifizierten Kredit darstellt. Die Einlage ist steuer- und bilanzrechtlich Fremdkapital und in der Bilanz des Geschäftsinhabers als sonstige Verbindlichkeit zu passivieren.
Unabhängig von der steuerrechtlichen Qualifizierung hat der BFH im Übrigen bereits in einer früheren Entscheidung darauf hingewiesen, dass die Rechtsinstitute der stillen Gesellschaft und des partiarischen Darlehens auch zivilrechtlich artverwandt sind und starke wirtschaftliche Berührungspunkte aufweisen (vgl. BFH, Urteil vom 25.3.1992, I R 41/91, BStBl II 1992, 889).
3. Für die Gleichbehandlung spricht auch die Vorschrift des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG, die auf der Empfängerseite die Einnahmen aus stillen Beteiligungen und aus partiarischen Darlehen gleichermaßen als Einkünfte aus Kapitalvermögen qualifiziert. Dass darüber hinaus die Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen in § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG getrennt aufgeführt werden, hängt damit zusammen, dass für diese keine Kapitalertragsteuerpflicht besteht (vgl. § 43 Abs. 1 Nr. 3 EStG).
4. Im Streitfall hat der Kläger die Vermögenseinlage zu einem Drittel für private Zwecke entnommen – demnach für betriebsfremde Zwecke verwendet. Damit kommt insoweit ein Betriebsausgabenabzug nicht in Betracht. Dass der Kläger die mit Fremdkapital finanzierten Aufwendungen auch mit eigenen Mitteln hätte bestreiten können, ist – entsprechend den Grundsätzen des Großen Senats des BFH zum Schuldzinsenabzug bei Kontokorrentkonten (BFH, Beschluss vom 4.7.1990, GrS 2-3/88, BStBl II 1990, 817) – unerheblich.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 6.3.2003, XI R 24/02