Leitsatz
In dem Rechtsstreit darüber, ob Aufwendungen der Gesellschaft als Betriebsausgaben anzuerkennen sind, ist, solange das Gesellschaftsverhältnis besteht, der einzelne Gesellschafter auch dann nicht klagebefugt, wenn die Aufwendungen nach Auffassung des FA allein diesem Gesellschafter zugute gekommen sind. Die Klagebefugnis steht vielmehr ausschließlich den zur Vertretung befugten Geschäftsführern in Prozessstandschaft für die Gesellschaft zu.
Normenkette
§ 48 Abs. 1 FGO , § 44 Abs. 1 FGO , § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO , § 115 Abs. 2 FGO
Sachverhalt
Der Kläger war Gesellschafter einer Ein-Mann-GmbH & Co. KG. Aufgrund der Ergebnisse einer Steuerfahndungsprüfung hatte das FA erhebliche Mehrgewinne festgestellt, die zum Teil auf – nach Meinung des Prüfers – verdeckte Entnahmen zurückgingen. In einem Jahr erfasste das FA auch eine vGA als Sonderbetriebseinnahme des Klägers.
Gegen die Gewinnfeststellungsbescheide legte die KG Einsprüche ein, die vom FA zurückgewiesen wurden. Den Kläger hatte das FA entgegen einer vorherigen Ankündigung nicht zu den Einspruchsverfahren hinzugezogen. Stattdessen war der Kläger im Rubrum der Einspruchsentscheidungen neben der KG als Einspruchsführer bezeichnet.
Die anschließende Klage wurde nur im Namen des Klägers erhoben. Neben den in der Hauptsache gestellten Anträgen beantragte der Kläger hilfsweise, die ihm gegenüber ergangenen Einspruchsentscheidungen aufzuheben. Diesem Hilfsantrag entsprach das FA, so dass das Klageverfahren insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt wurde. Die Hauptanträge hatten keinen Erfolg, weil das FG die Klage insoweit für unzulässig hielt. Es fehle an einem Vorverfahren, weil Einspruchsführer nicht der Kläger gewesen sei.
Entscheidung
Die gegen das FG-Urteil erhobene Nichtzulassungsbeschwerde hatte in Bezug auf das Jahr, in dem Sonderbetriebseinnahmen streitig waren, Erfolg. Der BFH hob das Urteil insoweit auf und verwies das Verfahren an das FG zurück. Der Kläger sei in Bezug auf Sonderbetriebseinnahmen persönlich klagebefugt. Dass er nicht selbst Einspruch eingelegt habe, schade nicht. Denn der Einspruch der KG wirke auch zu seinen Gunsten als Vorverfahren.
Keinen Erfolg hatte die Nichtzulassungsbeschwerde in Bezug auf die anderen Streitjahre. Insoweit sei nur die KG klagebefugt, auch wenn verdeckte Entnahmen des Klägers im Streit seien.
Hinweis
1. a) Die prozessuale Behandlung von Personengesellschaften ist verwirrend und führt oft zu folgenschweren Fehlern. Dies hängt damit zusammen, dass die Personengesellschaft manchmal selbst Steuersubjekt ist (so etwa bei der Umsatz- und Gewerbesteuer), manchmal aber auch nicht (so bei der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung). Nur wenn die Personengesellschaft selbst Steuersubjekt ist, kann sie auch selbst ohne weiteres Rechtsbehelfe führen und Klage erheben. Die Gesellschafter sind in diesem Fall nicht rechtsbehelfsbefugt.
b)Anders verhält es sich, wenn Steuersubjekt die Gesellschafter selbst sind, wie im Fall der Gewinnfeststellung. Denn Inhaltsadressat des Bescheids sind nur die Gesellschafter, auch wenn der Bescheid dem Empfangsbevollmächtigten "für die Gesellschaft" bekannt gegeben wird.
Wenn es keine besondere gesetzliche Regelung gäbe, müsste man deshalb annehmen, allein die Gesellschafter seien rechtsbehelfsbefugt. AO und FGO haben jedoch eine davon abweichende Rechtslage geschaffen. Nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO bzw. 352 Abs. 1 Nr. 1 AO sind in der Regel die zur Vertretung berufenen Geschäftsführer klage- bzw. einspruchsbefugt. Diese Formulierung wird dahin verstanden, dass die Gesellschaft als sog. Prozessstandschafterin im eigenen Namen die Rechte der Feststellungsbeteiligten geltend macht. Dabei lässt sich die ja nicht selbst handlungsfähige Gesellschaft wiederum von ihren Geschäftsführern vertreten.
c)Ausnahmsweise darf auch der Gesellschafter selbst klagen bzw. Einspruch einlegen. Diese Fälle beschreiben § 48 Abs. 1 Nrn. 2 bis 5 FGO bzw. § 352 Abs. 1 Nrn. 2 bis 5 AO. Um eine der dortigen Regelungen ging es im Besprechungsfall in Bezug auf eines der Streitjahre. Dem Kommanditisten waren nämlich Sonderbetriebseinnahmen zugerechnet worden. Weil diese Frage den Gesellschafter persönlich betrifft, darf er sich (neben der Gesellschaft) gegen die Gewinnfeststellung insoweit auch selbst wehren (§ 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO bzw. § 352 Abs. 1 Nr. 5 AO).
d) Streitig waren im Besprechungsfall auch als Betriebsausgaben behandelte Zahlungen der KG, die nach Meinung des FA auf Umwegen dem Gesellschafter zugeflossen waren. Wenn demnach keine betriebliche Veranlassung für die Zahlungen bestand, handelte es sich um verdeckte Entnahmen des Gesellschafters. Einen Streit darüber betrachtet der BFH nun mit der hiesigen Entscheidung als eine die Gesellschaft und nicht den Gesellschafter persönlich betreffende Frage, wenn die Verteilung der Gewinnerhöhung auf die Gesellschafter unstreitig ist. Also ist der Gesellschafter insoweit nicht klagebefugt.
Beachten Sie, dass im Fall einer Sachentnahme bisher anders entschieden worde...