Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Leitsatz
Eine Staffelung der Mitgliedsbeiträge eines Lohnsteuerhilfevereins nach den Jahreseinnahmen des jeweiligen Mitglieds ist möglich. Dabei ist es auch zulässig, in der Satzung des Lohnsteuerhilfevereins Kindergeld in die Bemessung der Beitragshöhe einzubeziehen.
Sachverhalt
Der Kläger, ein Lohnsteuerhilfeverein (LHV), wehrt sich gegen die von der Aufsichtsbehörde geforderte Änderung seiner Beitragsordnung, in der festgelegt war, dass zur Beitragsbemessungsgrundlage auch das Kindergeld des Mitglieds gehört.
Die Aufsichtsbehörde vertrat die Auffassung, dass durch die Einbeziehung des Kindergelds in die Bemessungsgrundlage das Gegenteil einer nicht zu beanstandenden Staffelung der Beiträge nach sozialen Kriterien, etwa durch Abstufung nach der Zahl der Kinder, erreicht werde. Vielmehr sei hierin ein verstecktes gesondertes Entgelt zu sehen, da für jedes Kind eine gesonderte Anlage K auszufüllen sei.
Der LHV trat dem entgegen und wandte ein, die Beitragsordnung verstoße nicht gegen § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StBerG. Auch wirtschaftliche Vorteile, die die Leistungsfähigkeit der Mitglieder erhöhten, dürften in die Beitragsbemessung eingestellt werden. Unter Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte dürfe die Staffelung des Mitgliedsbeitrages nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Mitglieds vorgenommen und dabei auch der Bezug von Kindergeld berücksichtigt werden.
Entscheidung
Die nach der erfolglosen Durchführung des Einspruchsverfahrens erhobene Klage hatte Erfolg. Das FG hat entschieden, dass der Mitgliedsbeitrag nicht einheitlich gegenüber allen Mitgliedern festgesetzt werden müsse. Vielmehr sei eine Staffelung der Mitgliedsbeiträge nach den Jahreseinnahmen des jeweiligen Mitglieds möglich; es seien sowohl eine Steigerung bei höheren Einnahmen als auch Ermäßigungen aus sozialen Gesichtspunkten zulässig. Von daher sei es bei einer gestaffelten Beitragshöhe auch zulässig, in der Satzung des LHV auch Kindergeld in die Bemessung für die Beitragshöhe einzubeziehen.
Die Festlegung der Beitragshöhe sei Ausfluss der Satzungsautonomie. Eingriffe der Aufsichtsbehörde in die Satzungsautonomie eines LHV seien nur geboten, soweit sich im Wege der Auslegung aus den gesetzlichen Vorschriften zwingende Anforderungen an die Gestaltung der Satzung ergäben.
Durch das in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StBerG zum Ausdruck kommende Gebot der Unentgeltlichkeit der eigentlichen Beratungsleistung solle sichergestellt werden, dass der LHV als Selbsthilfeeinrichtung nach dem Kostendeckungsprinzip arbeite. Er dürfe lediglich Beiträge zur Abdeckung der mit der Tätigkeit des Vereins zwangsläufig verbundenen Kosten erheben. Aus der Unentgeltlichkeit der Beratungsleistung als solcher folge, dass sowohl die Beitragspflicht als auch die Beitragshöhe nicht an die vom Verein zu erbringenden Leistungen gekoppelt werden dürften. Allein in der Staffelung der Beiträge nach den anlässlich der Beratungsleistung ermittelten Einkommensverhältnissen des Mitglieds sei kein Indiz dafür zu sehen, dass der LHV ein Entgelt für die konkrete Beratungsleistung erhebe.
Hinweis
LHV sind nach § 13 Abs. 1 StBerG Selbsthilfeeinrichtungen von Arbeitnehmern zur Hilfeleistung in Steuersachen. Sie sind nach der Konzeption des Gesetzes nicht dazu bestimmt, ihren Gründern oder den geschäftsführenden Personen eine Grundlage zur Ausübung der Lohnsteuerberatung im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs zu ermöglichen. Diesem Ziel dient auch das in § 14 Abs. 1 Nr. 5 StBerG enthaltene Verbot der Erhebung eines besonderen Entgelts neben dem Mitgliedsbeitrag. Die LHV dürfen demnach ihre an die Mitglieder zu erbringenden Dienstleistungen auf dem Gebiet der Hilfeleistung in Steuersachen im Sinne von § 4 Nr. 11 StBerG nicht leistungsbezogen nach Maßgabe einer Gebührenordnung abrechnen. Zur Finanzierung der Beratungsleistungen dienen vielmehr allein die Mitgliedsbeiträge.
Link zur Entscheidung
FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 23.06.2022, 13 K 8105/21