Entscheidungsstichwort (Thema)
Einbeziehung von Kindergeld in die Bemessungsgrundlage für die gestaffelten Mitgliedsbeiträge eines Lohnsteuerhilfevereins zulässig
Leitsatz (redaktionell)
1. Durch das in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StBerG zum Ausdruck kommende Gebot der Unentgeltlichkeit der eigentlichen Beratungsleistung soll sichergestellt werden, dass der Lohnsteuerhilfeverein als Selbsthilfeeinrichtung nach dem Kostendeckungsprinzip arbeitet, d. h. dass er lediglich Beiträge zur Abdeckung der mit der Tätigkeit des Vereins zwangsläufig verbundenen Kosten erheben darf. Aus der vom Gesetz geforderten Unentgeltlichkeit der Beratungsleistung als solcher folgt, dass sowohl die Beitragspflicht als auch die Beitragshöhe nicht an die vom Verein zu erbringenden Leistungen gekoppelt werden dürfen.
2. In diesem durch die gesetzliche Vorgabe bestimmten allgemeinen Rahmen genießt auch ein Lohnsteuerhilfeverein Autonomie bei der Ausgestaltung seiner Beitragsordnung. Dabei ist die Satzungsautonomie nicht nur durch § 14 Abs. 1 Nr. 5 StBerG, sondern auch durch das Kostendeckungsprinzip begrenzt.
3. Der Mitgliedsbeitrag muss nicht einheitlich gegenüber allen Mitgliedern festgesetzt werden. Vielmehr ist eine Staffelung der Mitgliedsbeiträge nach den Jahreseinnahmen des jeweiligen Mitglieds möglich, es sind sowohl eine Steigerung bei höheren Einnahmen als auch Ermäßigungen aus sozialen Gesichtspunkten zulässig. Es ist daher bei einer gestaffelten Beitragshöhe auch zulässig, in der Satzung des Lohnsteuerhilfebereins Kindergeld in die Bemessung für die Beitragshöhe einzubeziehen.
Normenkette
StBerG § 13 Abs. 1, § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, § 20 Abs. 2 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
Der Bescheid über die Aufforderung zur Änderung der Beitragsordnung vom 12. März 2021 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. Mai 2021 wird aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des vollstreckten Betrages leistet.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger, ein LHV, wehrt sich gegen die von dem Beklagten erforderte Änderung seiner Beitragsordnung.
Der Kläger übersandte dem Beklagten am 23. November 2020 die ab 1. Januar 2021 geänderte Beitragsordnung. Diese enthielt unter § 2 Abs. 1 – Beitragshöhe – folgende Regelung:
„Die Beitragshöhe richtet sich nach der Beitragsbemessungsgrundlage. Beitragsbemessungsgrundlage bilden die steuerpflichtigen Einnahmen einschließlich Renten und Unterhaltszahlungen, pauschal versteuerter Arbeitslohn aus Mini-Jobs und pauschal versteuerte Arbeitgeberleistungen, steuerfreie Arbeitgeberleistungen, steuerfreie Stipendien, die Lohnersatzleistungen (Arbeitslosengeld, Krankengeld, Elterngeld, Mutterschaftsgeld, usw.), Kindergeld und ausländische Einnahmen des Mitglieds, bei Ehegatten/Lebenspartnern die entsprechenden Einnahmen beider Mitglieder. (…)”
Der Beklagte beabsichtigte zunächst, die Anerkennung des Klägers als LHV gemäß § 20 Abs. 2 Nr. 2 Steuerberatungsgesetz –StBerG– zu widerrufen, da die neue Beitragsordnung nicht mit dem Gebot der unentgeltlichen Beratungsleistung gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 5 StBerG übereinstimme. Die Mitgliedsbeiträge seien ein pauschaliertes Leistungsentgelt. Ein besonderes leistungsbezogenes Entgelt dürfe daneben nicht erhoben werden. Mit der neuen Beitragsordnung werde durch die Einbeziehung des Kindergeldes in die Bemessungsgrundlage das Gegenteil einer nicht zu beanstandenden Staffelung der Beiträge nach sozialen Kriterien, etwa durch Abstufung nach der Zahl der Kinder, erreicht. Vielmehr sei in dieser Einbeziehung ein verstecktes gesondertes Entgelt zu sehen, da sich für Mitglieder mit Kindern in fast allen Fällen der Beitrag um mindestens eine Stufe erhöhe. Diese Beitragserhöhung stehe in direktem Zusammenhang mit dem erhöhten Arbeitsaufwand, da für jedes Kind eine gesonderte Anlage K auszufüllen sei.
Auf den Einwand des Klägers, der Widerruf der Anerkennung sei unverhältnismäßig, forderte der Beklagte den Kläger in einem mit Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Schreiben vom 12. März 2021 unter Bezugnahme auf die zuvor geäußerte Rechtsauffassung auf, den Leistungsbezug aus der ab 1. Januar 2021 geltenden Beitragsordnung herauszunehmen und ihm eine geänderte Beitragsordnung bis zum 15. April 2021 zu übersenden.
Dagegen wandte sich der Kläger mit seinem Einspruch vom 23. März 2021, zu dessen Begründung er darauf verwies, die Beitragsordnung verstoße nicht gegen § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StBerG. Auch wirtschaftliche Vorteile, die die Leistungsfähigkeit der Mitglieder erhöhen, dürften in die Beitragsbemessung eingestellt werden. Unter Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte dürfe die Staffelung des Mitgliedsbeitrages nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigke...