1.1 Inhalt und Regelungszweck
Rz. 1
Durch die im Januar 2023 in Kraft getretene Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) wurden die europäischen Vorgaben für die Nachhaltigkeitsberichterstattung umfassend überarbeitet und der Anwenderkreis deutlich erweitert. Infolgedessen sind künftig auch bestimmte Drittstaatsunternehmen von der Nachhaltigkeitsberichterstattung betroffen, sofern sie in einem erheblichen Umfang im Hoheitsgebiet der Europäischen Union wirtschaften. Die CSRD sieht vor, dass derartige Drittstaatsunternehmen künftig dazu angehalten werden, Nachhaltigkeitsinformationen zur Verfügung zu stellen, wobei die originäre Berichtspflicht den inländischen TU bzw. Zweigniederlassungen obliegt. Hierdurch soll ein fairer Binnenmarkt mit gleichen Wettbewerbsbedingungen geschaffen und die Verantwortung von Drittstaatsunternehmen für ihre Auswirkungen auf Mensch und Umwelt sichergestellt werden. Die CSRD war bis Juli 2024 durch die Mitgliedstaaten in nationales Recht umzusetzen. Die Umsetzung in deutsches Recht erfolgt durch das sich im Gesetzgebungsverfahren befindende CSRD-UmsG, welches am Tag nach der noch ausstehenden Verkündung in Kraft treten soll.
Rz. 2
Die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Drittstaatsunternehmen soll nach deutschem Recht künftig in den neu gefassten §§ 315h–315j HGB-E geregelt werden. Während § 315h HGB-E auf inländische TU von MU mit Sitz in einem Drittstaat abzielt, werden die Vorgaben für inländische Zweigniederlassungen von Drittstaatsunternehmen in den §§ 315i und 315j HGB-E geregelt. § 315i HGB-E umfasst dabei die Aufstellungspflicht für den Nachhaltigkeitsbericht von inländischen Zweigniederlassungen unverbundener Unt, die ihren Sitz in einem Drittstaat haben.
1.2 Anwendungsbereich
Rz. 3
Die Bestimmungen des § 315i HGB-E sind von inländischen Zweigniederlassungen von KapG mit Sitz in einem Drittstaat anzuwenden. Eine Definition des Begriffs der Zweigniederlassung wird, wie auch in den grds. für Zweigniederlassungen geltenden Vorgaben der §§ 13 bis 13f HGB, im Gesetzesentwurf nicht vorgenommen. Allgemein wird aber unter einer Zweigniederlassung der rechtlich unselbstständige, aber räumlich und organisatorisch getrennte Teil einer Gesellschaft verstanden (§ 325a Rz 9 ff).
Für die Nachhaltigkeitsberichterstattung verantwortlich sind die in § 13e Abs. 2 Satz 5 Nr. 3 HGB genannten angemeldeten Personen. Somit ist der Nachhaltigkeitsbericht von den ständigen Vertretern der Zweigniederlassung, die zur gerichtlichen und außergerichtlichen Vertretung der Gesellschaft befugt sind, zur Verfügung zu stellen. Wurden keine ständigen Vertreter angemeldet, sind die Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs der KapG zuständig.
Der Anwendungsbereich wird, abweichend von der Auffassung der Europäischen Kommission, auf Zweigniederlassungen von Unt mit Sitz in einem Drittstaat, deren Rechtsform mit einer in Anhang I der RL 2013/34/EU genannten Rechtsform vergleichbar ist, begrenzt. In den FAQ zur Implementierung der CSRD verdeutlichte die Europäische Kommission, dass die Nachhaltigkeitsberichterstattung unabhängig von der Rechtsform des Drittstaatsunternehmens zu erfolgen hat, wohingegen nach der deutschen Auffassung eine der deutschen AG oder GmbH vergleichbare Gesellschaft vorliegen muss.
§ 315i HGB-E verweist explizit auf inländische Zweigniederlassungen von Drittstaatsunternehmen. Zweigniederlassungen von Unt mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) sind von der Regelung ausgenommen, da diese bereits selbst zur Nachhaltigkeitsberichterstattung nach europäischen Vorgaben verpflichtet sind. Weiterhin darf es sich bei dem Drittstaatsunternehmen nicht um verbundene Unt i. S. d. § 271 Abs. 2 HGB handeln, da hier die Vorschriften des § 315j HGB-E anzuwenden sind.
Rz. 4
Da die Berichtspflicht der inländischen Zweigniederlassung obliegt, sieht die CSRD die Einführung von Schwellenwerten für die Berichterstattungspflicht vor, um die Verhältnismäßigkeit und Durchsetzbarkeit zu gewährleisten.
Demnach ist die Nachhaltigkeitsberichterstattung nach § 315i HGB-E nur dann anzuwenden, wenn:
- die der Zweigniederlassung zuzuordnenden Umsatzerlöse im vorangegangenen Gj 40 Mio. EUR und
- die Umsatzerlöse der Hauptniederlassung in allen Mitgliedsstaaten der EU und den EWR-Vertragsstaaten in den beiden letzten aufeinander folgenden Gj 150 Mio. EUR übersteigen.
Nach § 315i Abs. 4 HGB-E ist bei den Umsatzerlösen der Hauptniederlassung auf den Betrag abzustellen, der sich bei Anwendung der Rechnungslegungsgrundsätze ergibt, die nach dem nationalen Recht der Hauptniederlassung anzuwenden sind.
Rz. 5
Die Ausweitung des Anwenderkreises soll sukzessiv über mehrere Jahre erfolgen. Die Einführung der Nachhaltigkeitsberichterstattung für die drei Drittstaatskonstellationen erfolgt zuletzt. Entsprechend...