3.2.2.2.1 Erweiterungen

 

Rz. 89

Unter einer Erweiterung ist eine Vergrößerung oder eine Substanzmehrung (Erweiterung der Nutzungsmöglichkeiten) zu verstehen[1], die sich auf den VG als Ganzes bezieht und keine Wesensänderung mit sich bringt.[2] § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB setzt dabei keine Wesentlichkeit voraus, sodass grds. auch kleine Erweiterungen zu aktivieren sind. Maßnahmen, die lediglich die Funktionsfähigkeit erhalten, fallen aber auch dann nicht unter Erweiterungen i. S. d. der Norm, wenn dafür neue Teile verwendet werden.

 

Rz. 90

 
Praxis-Beispiel

Eine Erweiterung der Nutzungsmöglichkeiten ist etwa ein Anbau, eine Aufstockung oder der Einbau eines bislang nicht vorhandenen Fahrstuhls bei Gebäuden. In vielen Fällen wird eine Substanzmehrung aber im Einzelfall zu beurteilen sein.[3] Ob der Ersatz eines Flachdachs durch ein Satteldach etwa zu einer Aktivierung von HK führen darf, wird regelmäßig von der jeweiligen Nutzung abhängen. Während etwa ein Ladenbetreiber, für den die Raumhöhe nicht von wirtschaftlicher Bedeutung ist, so keine HK verursacht[4], ließe sich bspw. bei dem Betreiber eines Hochlagers durchaus eine Substanzmehrung begründen.

[1] IDW RS IFA 1.5 nennt im Zusammenhang mit der Abgrenzung von Erhaltungsaufwand und HK bei Gebäuden die Aufstockung, den Anbau, die sonstige Vergrößerung der nutzbaren Fläche sowie den nachträglichen Einbau neuer Bestandteile mit bisher nicht vorhandenen Funktionen als Beispiele für die Erweiterung.
[2] Vgl. anstatt vieler Kahle, in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 255 HGB, Rz 138, Stand: 12/2021.
[3] Zu den Fällen einer Substanzmehrung von VG, insb. im Hinblick auf eine Aufstockung sowie einen Anbau, s. detaillierter auch Delarber/Müller, in Kußmaul/Müller, HdB, Herstellungskosten im Abschluss nach HGB und EStG, Rz 67 ff, Stand: 21.4.2020.

3.2.2.2.2 Wesentliche Verbesserungen

 

Rz. 91

Analog zu Erweiterungen müssen sich wesentliche Verbesserungen eines VG über seinen ursprünglichen Zustand hinaus auf den VG als Ganzes beziehen. Eine lediglich teilweise Verbesserung führt zu regelmäßigem Erhaltungsaufwand.[1]

 

Rz. 92

Mangels eindeutiger Formulierung respektive Definition der Merkmale "wesentlich" und "ursprünglicher Zustand" bedingt die Festlegung weiterer Tatbestandsmerkmale den Rückgriff auf Auslegungen der handelsrechtlichen Bilanzierungsvorschriften durch den BFH, der auch ohne umgekehrte Maßgeblichkeit hier als GoB-setzend anzusehen ist.

 

Rz. 93

Entsprechend ist eine Verbesserung als wesentlich einzustufen, wenn sie den Gebrauchswert des VG im Ganzen über die zeitgemäße Erneuerung hinaus deutlich erhöht. Der BFH verlangt eine damit einhergehende maßgeblich höherwertige Nutzungsmöglichkeit.[2]

 
Praxis-Beispiel

Bei Wohngebäuden etwa ist bei einer Anhebung von einer Qualitätsstufe auf die nächste (einfach auf mittel und mittel auf sehr anspruchsvoll) von einer höherwertigen Nutzungsmöglichkeit i. S. d. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB auszugehen.[3] Zu den maßgeblich gebrauchswertbestimmenden Einrichtungen bei Wohngebäuden zählen dabei insb. die Heizungs-, Sanitär- und Elektroinstallationen sowie die Fenster.[4] Qualitative Verbesserungen kommen regelmäßig durch einen wesentlichen Anstieg der erzielbaren Miete zum Ausdruck.[5]

Von einer Steigerung der Gebrauchs- bzw. Nutzungsmöglichkeit kann auch bei einer wesentlichen Verlängerung der (technischen und wirtschaftlichen) Nutzungsdauer des Gebäudes ausgegangen werden.[6]

 

Rz. 94

Instandhaltungsmaßnahmen bzw. Modernisierungshandlungen in nicht maßgeblichem Umfang, die für sich allein genommen Erhaltungsmaßnahmen darstellen, können als Einheit betrachtet zu einer wesentlichen Verbesserung führen und entsprechend als HK angesetzt werden. Voraussetzung ist, dass insgesamt mind. drei der vier wesentlichen Einrichtungen (Heizungs-, Sanitär- und Elektroinstallationen sowie Fenster)[7] betroffen sind und die Maßnahmen i. R. e. gebündelten Baumaßnahme erfolgen.[8] Von einer gebündelten Baumaßnahme (bautechnisches Ineinandergreifen) kann ausgegangen werden, wenn die Schaffung des betriebsbereiten Zustands oder etwaige Herstellungsarbeiten das Bündel der Erhaltungsarbeiten bedingen.[9] Das IDW spricht von einem engen räumlichen, zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zwischen den einzelnen Baumaßnahmen, die dergestalt ineinandergreifen, dass sie sich bautechnisch bedingen.[10] Von einem engen zeitlichen Zusammenhang kann dabei auch gesprochen werden, wenn sich die Baumaßnahmen planmäßig über mehrere Gj erstrecken.[11]

Die Beurteilung der sog. anschaffungsnahen Aufwendungen ist entgegen früherer Rechtsprechung so nicht mehr allein unter Rückgriff auf deren Höhe und zeitliche Nähe zur Anschaffung vorzunehmen. Im Grundsatz zählen zu den anschaffungsnahen Kosten sämtliche Aufwendungen für Baumaßnahmen, die i. R. e. im Zusammenhang mit der Anschaffung vorgenommenen Instandsetzung und Modernisierung – einschl. der Schönheitsreparaturen – anfallen. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG gehören dazu auch Aufwendungen für Instandsetzungs- u...

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