Prof. Dr. Inge Wulf, Dipl.-Oec. Jürgen Lars Sackbrook
Rz. 114
Nach § 272 Abs. 3 Satz 1 HGB umfasst die Gewinnrücklage die Beträge, "die im Geschäftsjahr oder in einem früheren Geschäftsjahr aus dem Ergebnis gebildet worden sind." Folgende Arten von Gewinnrücklagen sind zu unterscheiden:
- Gesetzliche Rücklage
- Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unternehmen
- Satzungsmäßige Rücklage
- Andere Gewinnrücklagen
Kleine Ges. müssen keine Untergliederung der Gewinnrücklagen vornehmen. § 152 Abs. 3 AktG fordert in der Bilanz oder im Anhang einen gesonderten Ausweis der Beträge, die die Hauptversammlung aus dem Bilanzgewinn des Vorjahrs eingestellt hat, die aus dem Jahresüberschuss des Geschäftsjahrs eingestellt werden und die für das Geschäftsjahr entnommen werden.
4.1.3.1 Gesetzliche Rücklage (Abs. 3 A. III. 1.)
Rz. 115
AG und KGaA sind gem. § 150 Abs. 1 und 2 AktG verpflichtet, eine Dotierung mit 5 % des um einen ggf. vorhandenen Verlustvortrag aus dem Vj. geminderten Jahresüberschusses vorzunehmen, bis die gesetzliche Rücklage zusammen mit den Kapitalrücklagen mind. 10 % des Grundkapitals erreicht hat (§ 272 HGB). In der Satzung kann ein höherer Anteil am Grundkapital bestimmt werden. Zur Einstellung in die gesetzliche Rücklage und Entnahmemöglichkeiten siehe § 272 Rz 150 ff.
4.1.3.2 Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unternehmen (Abs. 3 A. III. 2.)
Rz. 116
Die gesonderte Nennung von Rücklagen für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unt resultiert aus dem geänderten § 272 Abs. 4 HGB (§ 272 Rz 196 ff.) durch das BilMoG. Diese Rücklage ist aus den frei verfügbaren Gewinn- und Kapitalrücklagen i. H. d. Bilanzansatzes der erworbenen aktivierten Anteile an einem herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Unt zu bilden. Die Auflösung erfolgt korrespondierend zum Aktivposten z. B. bei Veräußerung oder Wertminderung. Bei unentgeltlichem Zugang der Anteile, ist keine Rücklage zu bilden. Der Beteiligungsausweis erfolgt entweder unter § 266 Abs. 2 B. III.1 HGB, wenn die Voraussetzung des § 271 Abs. 2 HGB vorliegen, oder unter § 266 Abs. 2 B. III. 2. HGB. Ein Ausweis innerhalb des FAV kommt, "soweit das herrschende oder mit Mehrheit beteiligte Unt, wie im Fall des § 71d AktG, jederzeit die Übertragung der Anteile verlangen kann, nur infrage, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass dieses Recht nicht ausgeübt wird."
4.1.3.3 Satzungsmäßige Rücklage (Abs. 3 A. III. 3.)
Rz. 117
Satzungsmäßige oder statutarische Rücklagen sind Rücklagen, die durch Gesellschaftsvertrag oder Satzung gebildet werden müssen (§§ 29 Abs. 1 GmbHG, 58 Abs. 1 AktG). Sie umfassen nach § 272 Abs. 3 Satz 2 HGB (§ 272 Rz 178 ff.) die aus dem Ergebnis zu bildenden Rücklagen, wie z. B. Substanzerhaltungsrücklagen. Eine Unterteilung in zweckgebundene oder nicht zweckgebundene Rücklagen wird – wenn auch nicht gesetzlich gefordert – empfohlen. Für PersG i. S. v. § 264a HGB sind die gesellschaftsvertraglichen Regelungen zu beachten.
4.1.3.4 Andere Gewinnrücklagen (Abs. 3 A. III. 4.)
Rz. 118
Die anderen Gewinnrücklagen stellen einen Sammelposten dar, der weder gesetzliche oder satzungsmäßige Rücklagen noch Rücklagen für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unt enthält. Einstellungen in die anderen Rücklagen sind für die AG und KGaA nach § 58 AktG gesetzlich geregelt. Danach können andere Gewinnrücklagen zum einen durch die HV (§ 58 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AktG) und zum anderen durch Vorstand und Aufsichtsrat (§ 58 Abs. 2 AktG) gebildet werden. Ausgangspunkt der Bemessungsgrenze für die Einstellung in die anderen Gewinnrücklagen ist ein korrigierter Jahresüberschuss, der sich aus dem Jahresüberschuss abzgl. Verlustvortrag und abzgl. der Pflichtdotierung in die gesetzliche Rücklage ergibt. Weitere Möglichkeiten der Einstellung in die anderen Gewinnrücklagen können gem. § 58 Abs. 2a AktG bzw. § 29 Abs. 4 GmbHG i. H. d. Eigenkapitalanteils von Wertaufholungen im AV und UV vorgenommen werden, die entweder in der Bilanz gesondert auszuweisen (eigener Posten oder Davon-Vermerk) oder im Anhang anzugeben sind.
§ 272 Abs. 5 HGB schreibt die Bildung einer ausschüttungsgesperrten Rücklage vor. Der Ausweis der ausschüttungsgesperrten Rücklage kann in einem neu einzuführenden Posten, z. B. "Einstellungen in die ausschüttungsgesperrte Rücklage nach § 272 Abs. 5 HGB", vor oder nach "Einstellungen in Gewinnrücklagen (Pos. 21/20)" erfolgen. Spätere Auflösungen im Zeitpunkt der Zahlung oder bei Entstehung eines Rechtsanspruchs auf Zahlung können als "Entnahmen aus der ausschüttungsgesperrten Rücklage nach § 272 Abs. 5 HGB" gezeigt werden.
In der Praxis dürfte der Fall allerdings kaum vorkommen. Darüber hinaus ist gem. § 58 Abs. 3 AktG unter bestimmten Umständen eine weitere Einstellung in die anderen Gewinnrücklagen möglich.
Rz. 119
Der Jahresabschluss einer GmbH wird grds. durch die Gesellschafterversammlung festgestellt, wenn vertraglich keine andere Vereinbarung fixiert wurde. Daher können die festgestellten Einstellungen noch in dem der Beschlussfassung zugrunde liegenden Jahresabschluss in den a...