5.1 Allgemeines
Rz. 69
Sinn und Zweck des gerichtlichen Bestellungsverfahrens ist es, die rechtzeitige Durchführung der Abschlussprüfung zu gewährleisten. Der Vorrang der Bestellung durch das Unt gilt so lange, bis das Gericht seinerseits einen Abschlussprüfer (AP) bestellt hat. Das Gericht interveniert in den Fällen der Untätigkeit des Wahlorgans der Ges., der Unwirksamkeit der Wahl oder bei sonstigen Ereignissen, die eine Durchführung der Abschlussprüfung durch den gewählten AP verhindern. § 318 Abs. 4 HGB greift also dann ein, wenn
- bis zum Ende des Gj kein AP gewählt ist (Abs. 4 Satz 1),
- der gewählte AP den Auftrag ablehnt (Abs. 4 Satz 2 1. Alt.),
- der gewählte AP aus anderen Gründen wegfällt (Abs. 4 Satz 2 2. Alt.) oder
- der gewählte AP verhindert ist (Abs. 4 Satz 2 3. Alt.).
Im Unterschied zu § 318 Abs. 3 HGB zielt das Verfahren nach § 318 Abs. 4 HGB also nicht darauf ab, eine Bestellung durch die Ges. zu überprüfen und ggf. zu korrigieren.
Das HGB verpflichtet die gesetzlichen Vertreter, den Antrag unverzüglich nach Ablauf des Gj zu stellen, wenn ein Tatbestand nach § 318 Abs. 4 Satz 1 oder Satz 2 HGB gegeben ist. Der Kreis der Antragsberechtigten ist im Gesetz abschließend genannt. Während die Leitungsorgane den Antrag nach § 318 Abs. 4 Satz 3 HGB stellen müssen, ist die Antragstellung durch den Aufsichtsrat oder die Gesellschafter fakultativ. Abweichend zu § 318 Abs. 3 HGB steht das Antragsrecht jedem Aktionär zu, auch dem Vorzugsaktionär, nicht aber dem Inhaber von Genussscheinen oder Obligationen.
Gegen die Entscheidung des Gerichts kann sofortige Beschwerde eingelegt werden (§ 318 Abs. 4 Satz 4 HGB). Darüber hinaus ist eine Anfechtung der Bestellung des AP nicht zulässig. Bis zur Bestellung durch das Gericht kann der AP durch eine, wenn auch verspätet einberufene, Hauptversammlung oder Gesellschafterversammlung gewählt werden.
5.2 Antragsberechtigter Personenkreis
Rz. 70
Der antragsberechtigte Personenkreis umfasst die gesetzlichen Vertreter der Ges., den Aufsichtsrat oder einzelne Gesellschafter. Andere Personen als die genannten sind nicht antragsberechtigt. Im Fall der Insolvenz der Ges. bestellt das Registergericht den AP auf Antrag des Insolvenzverwalters. § 318 Abs. 4 Satz 3 HGB statuiert eine Antragspflicht nur für die gesetzlichen Vertreter der Ges. Entsteht aus der Pflichtverletzung ein Schaden für die Ges., sind die gesetzlichen Vertreter ersatzpflichtig (§ 93 AktG, § 43 GmbHG).
5.3 Antragsvoraussetzungen
5.3.1 Fehlende Wahl des Abschlussprüfers
Rz. 71
Der AP ist nicht gewählt, wenn
- das Wahlorgan untätig geblieben ist oder
- der Wahlbeschluss nichtig gewesen ist oder
- die Wahl erfolgreich angefochten worden ist.
Die Anfechtung muss im Verfahren nach § 246 AktG im Wege einer Anfechtungsklage geltend gemacht werden. Gem. § 248 AktG steht infolge der Urteilswirkung dann fest, dass ein AP nicht wirksam gewählt worden ist. Auf die GmbH finden die Regelungen in §§ 246f. AktG analog Anwendung.
Rz. 72
Der Antrag auf gerichtliche Bestellung eines AP kann erst nach Ablauf des Gj gestellt werden. Dies gilt auch, wenn abzusehen ist, dass das zuständige Gremium sein Recht nicht fristgemäß ausüben wird.
Eine außerordentliche Hauptversammlung oder Gesellschafterversammlung muss nicht zwangsläufig immer dann einberufen werden, wenn die ordentliche Hauptversammlung oder Gesellschafterversammlung keinen Wahlbeschluss gefasst hat. Der Vorstand einer AG oder die Geschäftsführung einer GmbH müssen vielmehr zwischen dem für die Einberufung und Abhaltung einer Hauptversammlung/Gesellschafterversammlung entstehenden Aufwand und der – allerdings erheblichen – Bedeutung der AP-Bestellung durch die Ges. abwägen.
Die Wahlbefugnis des zuständigen Organs endet mit der Bestellung des AP durch das Gericht. Eine danach durchgeführte Wahl ist nicht wirksam. Jedoch kann ein Ersatzprüfer gewählt werden für den Fall, dass der gerichtlich bestellte AP wegfällt. Entscheidender Zeitpunkt für das Erlöschen der Wahlbefugnis der Gesellschafter ist der Zeitpunkt des Ergehens der gerichtlichen Entscheidung.
5.3.2 Sonstige Antragsgründe
Rz. 73
Nach § 318 Abs. 2 Satz 2 HGB liegen "sonstige Gründe" vor, wenn
- der gewählte AP die Auftragsannahme abgelehnt hat oder
- der gewählte und ordnungsgemäß bestellte AP nachträglich weggefallen ist oder
- der gewählte und bestellte AP an der rechtzeitigen Beendigung der Abschlusspr...