6.1 Überblick und Normzweck
Rz. 16
Vor dem Hintergrund der zunehmenden Bedeutung von Umwelt-, Sozial- und Governance-Themen (ESG) haben sich in der jüngsten Vergangenheit die regulatorischen Anforderungen sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene erheblich weiterentwickelt.
So wurde die im Zusammenhang mit dem European Grean Deal stehende CSRD am 16.12.2022 im Amtsblatt der EU veröffentlicht.
Mit der Verabschiedung durch den Europäischen Rat begann die 18-monatige Frist für die nationalen Gesetzgeber, um die Regelungen der CSRD in nationales Recht umzusetzen. Diese Frist hat der deutsche Gesetzgeber allerdings verstreichen lassen und erst am 24.7.2024 den Regierungsentwurf für ein nationales Umsetzungsgesetz der CSRD veröffentlicht.
Eckpunkte der CSRD sind u. a die folgenden Änderungen:
- Der Anwenderkreis der Nachhaltigkeitsberichterstattung wird erheblich ausgeweitet. Unt, die bereits zur nichtfinanziellen Berichterstattung verpflichtet sind, haben bereits für Gj ab oder nach dem 1.1.2024 einen Nachhaltigkeitsbericht i. S. d. Regelungen der CSRD zu erstellen. Da das Gesetzgebungsverfahren noch läuft, haben diese Unt die Regelungen der CSRD voraussichtlich rückwirkend anzuwenden. Ab dem 1.1.2025 werden darüber hinaus alle großen KapG i. S. d. § 267 Abs. 3 HGB sowie PersG, die diesen Gesellschaften über § 264a HGB gleichgestellt sind (z. B. GmbH & Co.), unabhängig von ihrem Zugang zum Kapitalmarkt zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet. MU, die die Schwellenwerte des § 293 HGB übersteigen, haben ihren Konzernlagebericht um einen Nachhaltigkeitsbericht für den Konzern zu erweitern. Das Kriterium der Kapitalmarktorientierung und die bisherige zusätzliche Schwelle von 500 Mitarbeitenden werden somit entfallen. Ab dem 1.1.2026 werden auch kapitalmarktorientierte KMU sowie nicht-komplexe Kreditinstitute in den Anwenderkreis einbezogen werden.
- Die Offenlegung des Nachhaltigkeitsberichts hat künftig verpflichtend im (Konzern-)Lagebericht zu erfolgen. Der Nachhaltigkeitsbericht wird dann einen gesonderten Abschn. bilden. Eine Veröffentlichung der Nachhaltigkeitsberichterstattung als gesonderter Bericht ist künftig nicht mehr möglich.
- Es wird eine Pflicht zur externen Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung mit begrenzter Sicherheit durch einen Wirtschaftsprüfer eingeführt werden (prüferische Durchsicht). Nachdem spezifische Standards zur Prüfung der nichtfinanziellen Berichterstattung entwickelt und durch einen delegierten Rechtsakt verbindlich angenommen wurden, soll die Intensität der externen Prüfung weiter angehoben und eine Prüfung mit hinreichender Sicherheit vorgeschrieben werden.
- Die nationalen Kapitalmarktaufsichten, wie die BaFin, sollen ein Mandat zum Enforcement bzgl. der Regelungen zur Nachhaltigskeitsberichterstattung erhalten.
Mit dem Ziel, die Qualität und Vergleichbarkeit der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu erhöhen, wird mit der CSRD zudem eine Pflicht zur Anwendung von einheitlichen europäischen Nachhaltigkeitsberichterstattungsstandards eingeführt. In Art. 19b CSRD ist geregelt, dass die EU-Kommission delegierte Rechtsakte zu erlassen hat, welche verbindliche Standards enthalten, die europäische Unt anzuwenden haben. Die inhaltlichen Vorarbeiten hierfür erfolgen durch die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG). Die EFRAG hat Standardentwürfe zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (ESRS) entwickelt, die sicherstellen sollen, dass Unt nach einheitlichen Kriterien berichten, um so die Qualität und die Vergleichbarkeit der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu gewährleisten. Die EFRAG hat insg. zwölf Kernstandards konzipiert, die neben zwei allgemeinen Standards (ESRS 1 und 2) mit den ESRS E1 bis E5, ESRS S1 bis S4 sowie G1 zehn sektorunabhängige Standards zu den drei Dimensionen Ökologie (E), Soziales (S) und Governance (G) vorgelegt, die am 31.07.2023 mittels delegierte Rechtsakte verbindlich angenommen wurden.
S. für die ESRS § 315c Rz 10 ff.
Neben den Berichtsvorgaben für Emittenten sind i. R. d. Nachhaltigkeitsberichterstattung auch die Vorgaben für Finanzmarktteilnehmer, die sich insb. aus den Regelungen der Offenlegungs-VO aus dem Jahr 2019 und der Taxonomie-VO aus dem Jahr 2020 sowie den damit zusammenhängenden delegierten Verordnungen zusammensetzen, zu beachten. Die Taxonomie-VO definiert Kriterien zur Bestimmung von ökologisch nachhaltigen ("grünen") Wirtschaftsaktivitäten. Da noch immer ca. 50 % der Wirtschaftsaktivitäten nicht von der EU geregelt sind, sind jeweils die Anteile an taxonomiefähigen und taxonomiekonformen Umsätzen, Inve...