6.1.2.1 Sachlich

 

Rz. 216

§ 255 Abs. 4 HGB ist als allgemeiner Bewertungsmaßstab von allen Bilanzierenden zu beachten. Jedoch ist sein Anwendungsbereich auf wenige Sachverhalte beschränkt. Zur Bestimmung seines Anwendungsbereichs ist zwischen Zugangs- bzw. Folgebewertung und Anhangangaben zu unterscheiden.

 

Rz. 217

Für Zwecke der Zugangs- und Folgebewertung ist der beizulegende Zeitwert in folgenden Fällen anzusetzen:

  • VG, die dem Zugriff aller übrigen Gläubiger entzogen sind und ausschl. der Erfüllung von Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen oder vergleichbaren langfristig fälligen Verpflichtungen dienen (sog. Deckungsvermögen), sind zu ihrem beizulegenden Zeitwert anzusetzen (§ 246 Abs. 2 Satz 2 HGB i. V. m. § 253 Abs. 1 Satz 4 HGB);
  • Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen, deren Höhe sich nach dem beizulegenden Zeitwert von Wertpapieren i. S. d. § 266 Abs. 2 A. III. 5. HGB bestimmt, sind zum beizulegenden Zeitwert dieser Wertpapiere anzusetzen, soweit dieser einen ggf. garantierten Mindestbetrag übersteigt (§ 253 Abs. 1 Satz 3 HGB);
  • Finanzinstrumente des Handelsbestands von Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten sind zum beizulegenden Zeitwert abzgl. eines Risikoabschlags zu bewerten (§ 340e Abs. 3 Satz 1 HGB).
 

Rz. 218

In folgenden Fällen ist der beizulegende Zeitwert ausschl. für Zwecke der Zugangsbewertung zu verwenden:

  • VG, Schulden, RAP und Sonderposten (mit Ausnahme von Rückstellungen und latenten Steuern) sind zur Ermittlung des Eigenkapitals von TU i. R. d. erstmaligen KapKons mit ihrem beizulegenden Zeitwert anzusetzen (§ 301 Abs. 1 Satz 2 und 3 HGB);
  • VG, Schulden, RAP und Sonderposten (mit Ausnahme von Rückstellungen und latenten Steuern) von assoziierten Unt sind i. R. d. bei der Equity-Methode vorzunehmenden Kaufpreisallokation mit ihrem beizulegenden Zeitwert zu bewerten (§ 312 Abs. 2 Satz 1 und 3 HGB).
 

Rz. 219

Darüber hinaus verlangen verschiedene Anhangvorschriften die Angabe des beizulegenden Zeitwerts sowie teilweise auch Angaben zur Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts. Danach ist anzugeben

 

Rz. 220

Daneben wirkt sich die Bewertung zum beizulegenden Zeitwert insb. auf die Ausschüttungssperre (§ 268 Abs. 8 Satze 1 und 3 HGB) und die latenten Steuern (§ 274 HGB) aus (Rz 212, Rz 214).

6.1.2.2 Zeitlich

 

Rz. 221

Die Bewertungsvorschrift von § 255 Abs. 4 HGB wurde durch das BilMoG[1] neu in das HGB eingeführt.

 

Rz. 222

Der Begriff des beizulegenden Zeitwerts ist bereits durch das BilReG[2] in das HGB eingeführt worden.[3] Auf der einen Seite war die Anwendung des beizulegenden Zeitwerts zu diesem Zeitpunkt auf die Anhangangaben zu Finanzinstrumenten beschränkt. Auf der anderen Seite definierte bereits § 285 Satz 3 und 4 HGB i. d. F. des BilReG die Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts. Die Vorschrift wurde durch das BilMoG gestrichen. Die Ermittlungstechnik des beizulegenden Zeitwerts wurde grds. ohne materielle Änderungen in § 255Abs. 4 HGB übernommen,[4] auch wenn der Wortlaut beider Vorschriften nicht übereinstimmt.

[1] BGBl 2009 I S. 1102.
[2] BGBl 2004 I S. 3166.
[3] Vgl. zur Historie der deutschen Zeitwertbilanzierung Zülch/Hoffmann, DB 2009, S. 189.
[4] Vgl. Böcking/Torabian, BB 2008, S. 266; Löw/Scharpf/Weigel, WPg 2008, S. 1012; zur möglichen Ausnahme vgl. Rz 239.

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