Prof. Dr. rer. pol. Karsten Paetzmann, Sean Needham
7.1 Überblick zu und Normzweck von § 289b HGB-E
Rz. 21
Durch das CSRD-UmsG soll § 289b HGB umgenannt werden in "Pflicht zur Erweiterung des Lageberichts um einen Nachhaltigkeitsbericht; Befreiungen; Beteiligung von Arbeitnehmervertretern". Zur detaillierteren Kommentierung s. auch § 315b Rz 16 ff.
Im geplanten § 289b HGB-E ist vorgesehen, dass bestimmte Unt künftig verpflichtet werden, ihren Lagebericht um einen umfassenden Nachhaltigkeitsbericht zu erweitern. Diese Neuerung steht im Kontext des European Green Deal und der Strategie der Europäischen Union zur Förderung nachhaltiger Investitionen. Ziel ist es, durch erhöhte Transparenz und Vergleichbarkeit die Nachhaltigkeitsleistung von Unt zu verbessern, um so nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sicherzustellen (Ziel 12 der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung). Mit § 289b HGB-E wird die Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung für Unt in Deutschland erheblich ausgeweitet.
Als Teil des Lageberichts wird der Nachhaltigkeitsbericht mangels weiterer konkreter Regelungen im RegE CSRD-UmsG den Sanktionen des Lageberichts unterworfen (§ 289 Rz 128 ff.).
Die Bedeutung der Nachhaltigkeitsberichterstattung wächst auch deshalb, weil der RegE CSRD-UmsG in Art. 3 Änderungen am Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) vorsieht. Mit der Einführung von Nachhaltigkeitsberichten als Teil des Lageberichts sollen die Vorschriften hinsichtlich des gesonderten Sorgfaltspflichtenberichts nach § 10 Abs. 2 LkSG angepasst werden. Nach § 10 Abs. 5 und 6 LkSG-E kann ein Sorgfaltspflichtenbericht künftig entfallen, sofern ein pflichtgemäßer oder freiwilliger (allerdings nur wenn der formal allen Anforderungen des Pflichtberichts entspricht und geprüft ist) Nachhaltigkeitsbericht nach §§ 289b ff. HGB-E (bzw. §§ 315b ff. HGB-E) erstellt und veröffentlicht wird.
7.2 Anwenderkreis der Nachhaltigkeitsberichterstattung (§ 289b Abs. 1 HGB-E)
Rz. 22
Der § 289b Abs. 1 Satz 1 HGB-E behandelt die Erweiterung der Nachhaltigkeitsberichterstattungspflichten für Unt im Zuge der Umsetzung der CSRD in nationales deutsches Recht. Diese Erweiterung betrifft nicht nur kapitalmarktorientierte Unt, sondern erstreckt sich künftig auf alle großen KapG sowie auf große Personenhandelsgesellschaften, die gem. § 264a HGB den KapG gleichgestellt sind. Zudem werden Emittenten aus Drittstaaten, die Deutschland als Herkunftsstaat gewählt haben (§ 114 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b Doppelbuchst. aa WpHG-E), in den Anwendungsbereich einbezogen.
Die Berichtspflicht kann sowohl auf Ebene des Einzelunternehmens (§§ 289b ff. HGB-E) als auch auf Ebene des MU von großen (Teil-)Konzernen (§§ 315b ff. HGB-E) entstehen. Zur Klassifizierung eines Unt als "groß" sind die aus der Finanzberichterstattung bekannten und kürzlich angepassten Kriterien nach § 267 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 HGB heranzuziehen. Ein Unt gilt demnach als groß, wenn es mind. zwei der folgenden Kriterien an zwei aufeinanderfolgenden Stichtagen erfüllt:
- Eine Bilanzsumme von mehr als 25 Mio. EUR,
- Umsatzerlöse von mehr als 50 Mio EUR,
- mehr als 250 Beschäftigte.
In Deutschland werden unter Berücksichtigung der angehobenen Schwellenwerte künftig etwa 13.200 Unt von der Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung betroffen sein.
Die Einführung der Berichtspflicht erfolgt gestaffelt über mehrere Gj, wie im Einführungsgesetz zum HGB (EGHGB) festgelegt und entspricht weitgehend den Vorgaben der CSRD:
- Für ab dem 1.1.2024 beginnende Gj: Große Unt von öffentlichem Interesse, einschl. Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen, mit mehr als 500 Mitarbeitern sowie MU solcher Gruppen.
- Für ab dem 1.1.2025 beginnende Gj: Alle weiteren bilanzrechtlich großen KapG und nach § 264a HGB gleichgestellte PersG sowie zur Konzernrechnungslegung nach § 290 HGB verpflichtete MU.
- Für ab dem 1.1.2026 beginnende Gj: Mit Ausnahme der Kleinst-KapG alle bilanzrechtlich kleinen und mittelgroßen kapitalmarktorientierten Unt (sog. "kapitalmarktorientierte KMU"), kleine und nicht komplexe Institute sowie firmeneigene Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen.
KleinstUnt i. S. d. § 267a HGB sind generell vom Anwendungsbereich ausgenommen.
Für Gj beginnend ab dem 1.1.2028 ist gem. Art. 40a Bilanzrichtlinie eine zusätzliche Berichtspflicht für große bzw. kapitalmarktorientierte TU und Zweigstellen von MU mit Sitz außerhalb der EU vorgesehen. Diese Unt müssen das oberste MU jährlich dazu auffordern, einen Nachhaltigkeitsbericht für den Gesamtkonzern bereitzustellen, sofern dieser in den beiden letzten aufeinanderfolgenden Gj in der EU einen Umsatz von mehr als 150 Mio. EUR erzielt hat (§ 315h Abs. 1 HGB-E). Der Konzernbericht ist nach den ...