Prof. Dr. rer. pol. Karsten Paetzmann, Sean Needham
Rz. 22
Der § 289b Abs. 1 Satz 1 HGB-E behandelt die Erweiterung der Nachhaltigkeitsberichterstattungspflichten für Unt im Zuge der Umsetzung der CSRD in nationales deutsches Recht. Diese Erweiterung betrifft nicht nur kapitalmarktorientierte Unt, sondern erstreckt sich künftig auf alle großen KapG sowie auf große Personenhandelsgesellschaften, die gem. § 264a HGB den KapG gleichgestellt sind. Zudem werden Emittenten aus Drittstaaten, die Deutschland als Herkunftsstaat gewählt haben (§ 114 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b Doppelbuchst. aa WpHG-E), in den Anwendungsbereich einbezogen.
Die Berichtspflicht kann sowohl auf Ebene des Einzelunternehmens (§§ 289b ff. HGB-E) als auch auf Ebene des MU von großen (Teil-)Konzernen (§§ 315b ff. HGB-E) entstehen. Zur Klassifizierung eines Unt als "groß" sind die aus der Finanzberichterstattung bekannten und kürzlich angepassten Kriterien nach § 267 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 HGB heranzuziehen. Ein Unt gilt demnach als groß, wenn es mind. zwei der folgenden Kriterien an zwei aufeinanderfolgenden Stichtagen erfüllt:
- Eine Bilanzsumme von mehr als 25 Mio. EUR,
- Umsatzerlöse von mehr als 50 Mio EUR,
- mehr als 250 Beschäftigte.
In Deutschland werden unter Berücksichtigung der angehobenen Schwellenwerte künftig etwa 13.200 Unt von der Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung betroffen sein.
Die Einführung der Berichtspflicht erfolgt gestaffelt über mehrere Gj, wie im Einführungsgesetz zum HGB (EGHGB) festgelegt und entspricht weitgehend den Vorgaben der CSRD:
- Für ab dem 1.1.2024 beginnende Gj: Große Unt von öffentlichem Interesse, einschl. Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen, mit mehr als 500 Mitarbeitern sowie MU solcher Gruppen.
- Für ab dem 1.1.2025 beginnende Gj: Alle weiteren bilanzrechtlich großen KapG und nach § 264a HGB gleichgestellte PersG sowie zur Konzernrechnungslegung nach § 290 HGB verpflichtete MU.
- Für ab dem 1.1.2026 beginnende Gj: Mit Ausnahme der Kleinst-KapG alle bilanzrechtlich kleinen und mittelgroßen kapitalmarktorientierten Unt (sog. "kapitalmarktorientierte KMU"), kleine und nicht komplexe Institute sowie firmeneigene Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen.
KleinstUnt i. S. d. § 267a HGB sind generell vom Anwendungsbereich ausgenommen.
Für Gj beginnend ab dem 1.1.2028 ist gem. Art. 40a Bilanzrichtlinie eine zusätzliche Berichtspflicht für große bzw. kapitalmarktorientierte TU und Zweigstellen von MU mit Sitz außerhalb der EU vorgesehen. Diese Unt müssen das oberste MU jährlich dazu auffordern, einen Nachhaltigkeitsbericht für den Gesamtkonzern bereitzustellen, sofern dieser in den beiden letzten aufeinanderfolgenden Gj in der EU einen Umsatz von mehr als 150 Mio. EUR erzielt hat (§ 315h Abs. 1 HGB-E). Der Konzernbericht ist nach den von der EU-Kommission zu erlassenden "Non-EU"-ESRS gem. Art. 40b Bilanzrichtlinie zu erstellen (§ 315k HGB-E) und durch einen lokalen Prüfer im Sitzstaat des MU zu prüfen. Sollte das MU keinen solchen Bericht vorlegen, geht die Berichtspflicht auf die betroffenen Tochtergesellschaften bzw. Zweigstellen über. Diese müssen dann den Nachhaltigkeitsbericht für den Gesamtkonzern erstellen, soweit sie die notwendigen Informationen beschaffen können (§ 315h Abs. 2 Nr. 2 HGB-E), und eine Erklärung abgeben, dass vom MU kein Bericht zur Verfügung gestellt wurde (§ 315h Abs. 2 Nr. 1 HGB-E).
Rz. 23
In Bezug auf Genossenschaften und Unt, die unter das PublG fallen, sieht der RegE CSRD-UmsG vor, dass auch große kapitalmarktorientierte Genossenschaften mit mehr als 500 Mitarbeitern einen Nachhaltigkeitsbericht aufstellen müssen (§ 336 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2a HGB-E). Damit geht der Entwurf über die zwingende Richtlinienumsetzung hinaus und erhält die derzeitige Rechtslage für Genossenschaften in Deutschland bzgl. der nichtfinanziellen Berichterstattung bei. Bemerkenswert ist jedoch, dass die Bundesregierung trotz der Erweiterung für Genossenschaften davon absieht, die Berichtspflicht auf Unt auszuweiten, die ausschl. unter das PublG fallen. Insb. Einzelkaufleute, Personenhandelsgesellschaften, Vereine und Stiftungen, die nicht bereits nach Handelsrecht rechnungslegungspflichtig sind (§ 3 Abs. 1 PublG), bleiben somit von der Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung ausgenommen.
Rz. 24
Die Neuerungen für Unt der öffentlichen Hand umfassen Vorschläge des BMJ, die Bundeshaushaltsordnung (BHO) in Bezug auf die Rechnungslegung von privatrechtlichen Unt mit Bundesbeteiligung zu ändern. Bisher mussten solche Unt unabhängig von ihrer tatsächlichen Größe stets wie große Unt i. S. d. § 267 Abs. 3 HGB Rechnung legen. Zukünftig soll diese Verpflichtung nur noch für die Finanzberichterstattung gelten. Für die Nachhaltigkeitsberichterstattung soll die Anknüpfung an die Größenkriterien des § 267 HGB auch bei Unt mit Bundesbeteiligung greifen. Dadurch können kleine und mittelgroße Unt des Bundes nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrags von der Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung befreit werden, sofern keine gesetzlichen Vorschriften entgegenstehen....