Konsequenzen einer verspäteten Umsetzung der CSRD ins HGB
Der deutsche Gesetzgeber hat sich mit der Umsetzung der Nachhaltigkeitsberichterstattungsrichtlinie (Corporate Sustainability Reporting Directive, kurz CSRD) viel zu viel Zeit genommen. Nun droht neben dem bereits eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren durch die EU für die nicht zeitgerecht erfolgte Umsetzung noch die Gefahr der unbilligen Rückwirkung des Gesetzes. Durch den Verlust der Mehrheit der Regierung im Bundestag scheint die nötige 2. und 3. Lesung mit Verabschiedung des Umsetzungsgesetzes im Bundestag nicht mehr rechtzeitig vor der letzten Sitzung des Bundesrats am 20.12.2024 möglich zu sein. Somit muss mit nicht unerheblicher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die CSRD erst im Laufe des Jahres 2025 in das HGB integriert werden wird. Daher muss über die Folgen nachgedacht werden, die daraus für die Berichterstattung erwachsen.
Was für die bisher schon zur nichtfinanziellen Berichterstattung verpflichteten Unternehmen gilt
Das Institut der Wirtschaftsprüfer hat am 14.11.2024 ein Mitgliederrundschreiben dazu verfasst, in dem auch die Ergebnisse eines unabhängigen juristischen Gutachtens zur Beantwortung von Zweifelsfragen eingegangen sind. Zur Frage der rückwirkenden gesetzlichen Verpflichtung ist dies aber ziemlich eindeutig: Es kann nicht erst im Jahr 2025 eine neue Pflicht für das Jahr 2024 rückwirkend gesetzlich verankert werden.
Damit würden Unternehmen mit kalenderjahrgleichem Geschäftsjahr ihre Rechnungslegung nach der am 31.12.2024 geforderten Rechtslage aufzustellen haben. Für den konkreten Fall bedeutet dies, dass die schon bisher zur nichtfinanziellen Berichterstattung verpflichteten Unternehmen auch für das Jahr 2024 eine nichtfinanzielle Erklärung oder einen nichtfinanziellen Bericht nach den aktuell geltenden §§ 289b ff. HGB bzw. im Konzern nach §§ 315b ff. HGB zu erstellen haben.
Anwendung der ESRS
Wenn die §§ 289c Abs. 6, 315c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HGB i.d.F. des RegE CSRD-UmsG nicht bis zum 31.12.2024 in Kraft treten, besteht für die dann weiter nötige nichtfinanzielle Berichterstattung über das Geschäftsjahr 2024 nicht die Notwendigkeit, die bereits veröffentlichten ESRS zu Grunde zu legen. Dies gilt nach Ansicht des IDW ungeachtet des Umstands, dass der erste Satz der ESRS mittels einer delegierten EU-Verordnung in EU-Recht übernommen worden ist. Es fehle an der Verankerung im HGB. Dennoch dürften die (vorliegenden) ESRS angewendet werden, da die bisherigen §§ 289d bzw. 315d HGB die Verwendung von Rahmenwerken ausdrücklich zulassen und daher die ESRS als ein zulässiges Rahmenwerk anzusehen ist.
Selbst eine nur teilweise Anwendung eines bestimmten ESRS wird vom IDW als zulässig angesehen. Beides steht allerdings unter der Voraussetzung, dass die berichtspflichtige Gesellschaft die im Einzelnen zugrunde gelegten ESRS bzw. die Berichtsinhalte der nur teilweise zugrunde gelegten ESRS in ihrer nichtfinanziellen (Konzern-) Berichterstattung nach Maßgabe von § 289d Satz 2 bzw. § 315c Abs. 3 i.V.m. § 289d Satz 2 HGB eindeutig bezeichnet. Insgesamt sind die bestehenden handelsrechtlichen Berichtspflichten nach §§ 289c, 315c HGB zu erfüllen.
Pflicht EU-Taxonomie-Berichterstattung bleibt bestehen
Unberührt von der Erfüllung der Pflicht zur nichtfinanziellen (Konzern-)Berichterstattung für 2024 unter Zugrundelegung des ersten Satzes der ESRS bleibt die Pflicht zur Berichterstattung nach Artikel 8 der EU-Taxonomie-Verordnung.
Auswirkung auf die Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts
Da die neue Prüfpflicht für einen Nachhaltigkeitsbericht noch nicht im HGB verankert ist, bleibt es auch bei der bisherigen Regelung: „Im Hinblick auf die Vorgaben nach den §§ 289b bis 289e und den §§ 315b und 315c ist nur zu prüfen, ob die nichtfinanzielle Erklärung oder der gesonderte nichtfinanzielle Bericht, die nichtfinanzielle Konzernerklärung oder der gesonderte nichtfinanzielle Konzernbericht vorgelegt wurde“ (§ 317 Abs. 2 Satz 4 HGB). Die inhaltliche Prüfung obliegt dem Aufsichtsrat, der allerdings einen Wirtschaftsprüfer für diese Prüfung zusätzlich hinzuziehen kann.
Was für die neu ab 2025 verpflichteten Unternehmen gilt
Für die vielen neu ab dem Jahr 2025 verpflichteten Unternehmen (große Kapitalgesellschaften und Personenhandelsgesellschaften nach § 264a HGB sowie alle zur Konzernrechnungslegung nach HGB verpflichtete Mutterunternehmen) dürfte sich aus einer verspäteten Gesetzesverabschiedung grundsätzlich keine Änderung ergeben. Solange in 2025 die Rechtslage für 2025 geändert wird, ist dem nachzukommen, auch wenn dies natürlich erhebliche Unsicherheiten mit sich bringt. Nicht zuletzt fehlen den dann erstmals zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichteten Unternehmen auch Vorbilder für die eigene Berichterstattung. Denn in diesem Szenario ist der Nachhaltigkeitsbericht sowohl für kapitalmarktorientierte wie für die anderen betroffenen Unternehmen jeweils erstmals für das Geschäftsjahr 2025 zu erstellen. Einzig besteht die Möglichkeit, dass der Gesetzgeber im Jahr 2025 zumindest für die kapitalmarktorientierten Unternehmen mit vom Kalenderjahr abweichendem Geschäftsjahr eine Berichterstattung über die Periode 2024/2025 fordern kann. Damit würden allerdings nur sehr wenige und auch deutlich spätere Vorbilder vorliegen.
Transformation sollte ungeachtet der politischen Unsicherheiten fortgesetzt werden
Unabhängig von diesen Überlegungen gilt, dass zwar über die bürokratische Umsetzung gestritten werden kann, nicht aber um die dringende Notwendigkeit zur Nachhaltigkeitstransformation. Daher sollten – so auch das IDW – die begonnenen Anstrengungen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung nun nicht angesichts der politischen Unsicherheiten ausgesetzt, sondern konsequent fortgesetzt werden, auch, um die eigene Transformation der Geschäftsmodelle voranzutreiben und damit – bei aller Unsicherheit – langfristig zukunftssicherer zu werden.
Weitere Informationen (allerdings nur für IDW-Mitglieder): Folgen einer verspäteten Umsetzung der CSRD – IDW Mitgliederrundschreiben
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