Prof. Dr. rer. pol. Karsten Paetzmann, Sean Needham
Rz. 25
Der § 289b Abs. 1 Satz 1 HGB-E sieht vor, dass bestimmte Unt ihren Lagebericht um einen Nachhaltigkeitsbericht erweitern müssen, womit Art. 19a Abs. 1 Unterabs. 2 Bilanzrichtlinie umgesetzt wird, die durch die CSRD ergänzt wurde. Mit der Integration des Nachhaltigkeitsberichts in den Lagebericht wird dieser zum Bestandteil desselben. Die bisherige Möglichkeit, einen gesonderten befreienden Bericht nach § 289 Abs. 3 HGB zu erstellen, entfällt somit komplett. Die Verortung im Lagebericht soll gewährleisten, dass Nachhaltigkeitsaspekte stärker in die internen Entscheidungsprozesse der Unt einfließen (zielgerichtete Publizität). Durch die gesetzliche Verankerung in den Lagebericht wird die Bedeutung der Nachhaltigkeitsberichterstattung erhöht und ihre Verbindlichkeit gestärkt.
Die Integration impliziert grds., dass die Grundsätze ordnungsmäßiger Lageberichterstattung auch für den Nachhaltigkeitsbericht gelten. Dazu zählen insb. die Grundsätze der Vollständigkeit, Klarheit und Richtigkeit. Allerdings definieren die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) eigene Berichtsgrundsätze, wie bspw. das Prinzip der doppelten Wesentlichkeit, welches sowohl die Auswirkungen des Unt auf die Umwelt (Inside-Out-Perspektive) als auch die Auswirkungen von Nachhaltigkeitsrisiken auf das Unt (Outside-In-Perspektive) berücksichtigt. Das Zusammenspiel dieser spezifischen Berichtsgrundsätze mit den allgemeinen Grundsätzen des Lageberichts bedarf einer weiterführenden juristischen Diskussion. Es stellt sich die Frage, inwieweit mögliche Konflikte aufzulösen sind und welche Normenhierarchie gilt.
Gem. § 289b Abs. 1 Satz 2 HGB-E hat der Nachhaltigkeitsbericht im Lagebericht einen separaten, klar erkennbaren Abschnitt zu bilden, was insb. der besseren Auffindbarkeit der Angaben dienlich ist. Ferner erleichtert es den Unt durch zweckmäßige Verweise auf vergleichbare Angaben in anderen Teilen des Lageberichts oder Elementen der Corporate-Governance-Berichterstattung (wie insb. die Erklärung zur Unternehmensführung, den Bericht des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung i. S. d. § 172 Abs. 2 AktG und den Vergütungsbericht i. S. d. § 162 AktG) Berichtsdoubletten und somit auch den Erstellungsaufwand zu reduzieren.
Durch die erkennbare Abgrenzung des Nachhaltigkeitsberichts innerhalb des Lageberichts wird zudem die Anwendung unterschiedlicher Prüfungsniveaus erleichtert. Für die Praxis bedeutet dies jedoch einen Verlust der bisherigen Flexibilität, Nachhaltigkeitsinformationen auch integriert im gesamten Lagebericht darzustellen. Unt müssen nun ihre Berichtserstellung entsprechend anpassen und den Nachhaltigkeitsbericht deutlich abgrenzen.