Leitsatz
Die Minderung der Anschaffungskosten des Einbringenden nach § 20 Abs. 7 Satz 3 UmwStG 2002 durch Entnahmen im Rückwirkungszeitraum kann auch zu einem negativen Wert führen.
Normenkette
§ 20 Abs. 2 Satz 4, Abs. 4, Abs. 7 Sätze 1 bis 3 UmwStG 2002
Sachverhalt
Der Kläger ist Geschäftsführer und alleiniger Anteilseigner einer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (GmbH). Am 30.8.2005 beschloss er eine Erhöhung des Stammkapitals der GmbH von 25.000 EUR auf 26.000 EUR. Die neue Einlage war als Sacheinlage durch Einbringung der Rechtsanwalts-Einzelpraxis des Klägers zu leisten (steuerlicher Übertragungsstichtag: 2.1.2005; wirtschaftlicher Übergang: 31.8.2005). Da der Buchwert des einzubringenden Betriebsvermögens zum 2.1.2005 negativ war (./. 56.750 EUR), wurde bei der GmbH (entsprechend der Einbringungsvereinbarung) eine Forderung gegen den Kläger in dieser Höhe aktiviert.
Vom 2.1. bis zum 30.8.2005 (Rückwirkungszeitraum) wurden im Einzelunternehmen ein Gewinn (1.318.021 EUR) erzielt und (in Geld) Einlagen von 18.475 EUR und Entnahmen von 463.614 EUR getätigt (Saldo der Entnahmen/Einlagen nach weiteren Nutzungsentnahmen: 458.365 EUR).
Das FA war aufgrund des negativen Buchwerts des eingebrachten Betriebsvermögens der Ansicht (Hinweis auf § 20 Abs. 2 Satz 4, Abs. 7 Satz 3 und Abs. 4 Satz 1 UmwStG 2002), dass jener Saldo das Betriebsvermögen unter Berücksichtigung der Einlageverpflichtung nicht mindern dürfe und entsprechend höhere Anschaffungskosten für das Betriebsvermögen des eingebrachten Einzelunternehmens zu berücksichtigen seien – daher sei das Betriebsvermögen der GmbH als aufnehmende Gesellschaft zum 2.1.2005 um 458.365 EUR zu erhöhen. Auf Ebene des Klägers – als Einbringendem – ermittelte man unter Hinweis auf § 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG 2002 einen Veräußerungsgewinn gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG in entsprechender Höhe.
Das FG (Hessisches FG, Urteil vom 1.12.2015, 4 K 1355/13, Haufe-Index 9146957, EFG 2016, 687) wies die Klage, die darauf gerichtet war, das eingebrachte Vermögen mit dem Buchwert i.H.v. 56.750 EUR zzgl. 1.000 EUR anzusetzen, ab.
Entscheidung
Die Revision des Klägers war erfolgreich.
Hinweis
1. Es geht um die Sacheinlage eines Einzelunternehmens durch den Alleingesellschafter in "seine"GmbH. Die Frage der Bewertung des eingebrachten Betriebsvermögens und der Gesellschaftsanteile (§ 20 UmwStG 2002) hat unmittelbare Auswirkungen auf die Besteuerung des Anteilseigners (§ 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG).
2. Ausgangspunkt im Streitfall ist die Ermittlung des Einbringungswerts bei der GmbH nach einer Sacheinlage mit negativem Buchwert des eingebrachten Vermögens. § 20 Abs. 2 Satz 4 UmwStG 2002 sieht dazu vor, dass dann, wenn die Passivposten des eingebrachten Betriebsvermögens die Aktivposten übersteigen, das eingebrachte Betriebsvermögen mindestens so anzusetzen ist, dass sich die Aktivposten und die Passivposten ausgleichen; dabei ist das Eigenkapital nicht zu berücksichtigen.
Insoweit hatte die GmbH zwar grundsätzlich das Wahlrecht, das eingebrachte Betriebsvermögen gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 2002mit seinem Buchwert anzusetzen. Dieser Buchwert betrug zum 2.1.2005 aber ./. 56.750 EUR und war demnach zu korrigieren. Die GmbH hat dazu zutreffend und vom FA insoweit unbeanstandet eine Forderung gegen den Kläger i.H.v. 56.750 EUR ausgewiesen und unter Berücksichtigung der Erhöhung des Stammkapitals um 1.000 EUR einen Wert i.H.v. 57.750 EUR aktiviert.
3. Gilt für den Umfang dieses Ausgleichs eines negativen Buchwerts Abweichendes, wenn im Rückwirkungszeitraum (§ 20 Abs. 7 UmwStG 2002) Entnahmen/Einlagen getätigt wurden?
Nach Satz 2 der Regelung gilt die (zulässige) Rückwirkung des Betriebsvermögensübergangs "hinsichtlich des Einkommens … nicht für Entnahmen und Einlagen, die nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag erfolgen". In diesem Fall sind "die Anschaffungskosten der Gesellschaftsanteile (Abs. 4)" um den Buchwert der Entnahmen zu vermindern und um den sich nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG ergebenden Wert der Einlagen zu erhöhen (Satz 3).
War damit im Streitfall anstelle des bei der GmbH tatsächlich angesetzten Betrages (0 EUR) ein Zwischenwert von 401.615 EUR zu berücksichtigen, weil der Saldo aus Entnahmen und Einlagen im Rückwirkungszeitraum (458.365 EUR) dem Buchwert des einzubringenden Betriebsvermögens zum steuerlichen Übertragungsstichtag (./. 56.750 EUR) hinzuzurechnen war?
4. Der BFH beantwortet die Rechtsfrage dahin, dass aus dem zwischen § 20 Abs. 2 Satz 4 und Abs. 7 Satz 3 UmwStG 2002 bestehenden Regelungszusammenhang nicht folgt, dass Abs. 2 Satz 4 über seinen Wortlaut (negativer Buchwert des Einbringungsgegenstands am steuerlichen Übertragungsstichtag) hinaus auch insoweit gilt, dass der negative Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens durch Entnahmen im Rückwirkungszeitraum (ggf. korrigiert um Einlagen) beeinflusst wird. Gegenstand der Regelung des Abs. 7 Satz 3 ist "lediglich" eine Korrektur der sich nach § 20 Abs. 4 UmwStG 2002 ergebenden Anteilsanschaffungskosten, nicht hingegen die Vorgabe ein...