Leitsatz
1. Die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, die zum notwendigen Betriebsvermögen eines Einzelgewerbetreibenden gehört, verliert diese Zuordnung nicht dadurch, dass sich die Umstände ändern, die ihre Eigenschaft als notwendiges Betriebsvermögen begründet haben, sondern grundsätzlich erst dadurch, dass der Steuerpflichtige sie aus dem Betriebsvermögen entnimmt.
2. Der Verlust der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, die zum notwendigen Betriebsvermögen gehört, kann auch im Rahmen einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung gewinnmindernd berücksichtigt werden (entsprechend § 4 Abs. 3 Satz 4 EStG). Für den Zeitpunkt und den Umfang des Betriebsausgabenabzugs ist maßgeblich, wann und in welcher Höhe die für den Erwerb der Beteiligung aufgewendeten Mittel endgültig verlorengegangen sind. Auf die Rechtsprechungsgrundsätze zur Berücksichtigung eines Beteiligungsverlusts im Privatvermögen nach § 17 Abs. 4 EStG kann in diesem Zusammenhang nicht zurückgegriffen werden.
3. Bei einem Übergang vom Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG) zur Einnahmen-Überschuss-Rechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) ist im ersten Jahr nach dem Übergang (Übergangsjahr) ein Übergangsgewinn zu ermitteln. Fehler bei der Ermittlung des Übergangsgewinns im Übergangsjahr können nur durch eine Änderung des Einkommensteuerbescheids für das Übergangsjahr korrigiert werden.
Normenkette
§ 4 Abs. 1, Abs. 3 Satz 4, § 6 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, Abs. 2a, § 7 Abs. 1 Satz 7, § 11, § 17 Abs. 4 EStG, § 76 Abs. 1 Satz 1, § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO
Sachverhalt
Der Kläger erbrachte im Rahmen eines gewerblichen Einzelunternehmens Beratungsleistungen und vermietete Wirtschaftsgüter, unter anderem an eine GmbH, an der er zu 50 % beteiligt war. Seinen Gewinn hatte er zunächst durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt und dabei jedenfalls bis zum Jahr 2005 auch die GmbH-Beteiligung aktiviert. Für das Jahr 2006 hatte der Kläger dann keine Bilanz mehr vorgelegt (lediglich eine vorläufige Gewinn-und-Verlust-Rechnung). Im Jahr 2007 stellte die GmbH ihren Geschäftsbetrieb ein. Für die nachfolgenden VZ 2007 bis 2011 reichte der Kläger keine Erklärungen mehr ein, sodass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb geschätzt werden mussten. Daraufhin legte der Kläger für die Jahre 2009 bis 2013 Einnahmenüberschussrechnungen vor.
Mit seiner ESt-Erklärung für das Streitjahr 2012 erklärte der Kläger einen Verlust aus der Auflösung der GmbH gemäß § 17 Abs. 4 EStG. Das FA erkannte diesen Verlust nicht an. Die dagegen gerichtete Klage wies das FG im ersten Rechtsgang mit Urteil vom 29.1.2019, 13 K 1070/17 E (EFG 2019, 898, Haufe-Index 13116073) ab. Auf die Revision des Klägers hin hob der BFH dieses Urteil auf und verwies die Sache ans FG zurück (BFH, Urteil vom 19.11.2019, IX R 7/19, BFH/NV 2020, 675, Haufe-Index 13851680).
Im zweiten Rechtsgang wies das FG die Klage erneut ab (FG Düsseldorf, Urteil vom 16.3.2021, 13 K 1070/17 E, EFG 2019, 898, Haufe-Index 13116073).
Entscheidung
In der rechtlichen Beurteilung hat der BFH die Entscheidung des FG bestätigt. Dass die Vorentscheidung gleichwohl aufgehoben und die Sache erneut an das FG zurückverwiesen worden ist, beruht allein darauf, dass dem Kläger in den Streitjahren möglicherweise noch weitere (eher geringe) Aufwendungen entstanden sind, die nach den dargelegten Rechtsgrundsätzen als Betriebsausgaben zu berücksichtigen wären. Hierzu hatte das FG keine Feststellungen getroffen. Die Sache geht also in den dritten Rechtsgang.
Hinweis
1. Der Kläger hatte den Feststellungen des FG zufolge den Gewinn seines Einzelunternehmens bis VZ 2008 (einschließlich) durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG) ermittelt. Die streitige GmbH-Beteiligung hatte jedenfalls bis zur Einstellung ihres Geschäftsbetriebs im Jahr 2007 zum notwendigen Betriebsvermögen dieses Einzelunternehmens gehört (wegen branchengleicher Betätigung und Umsätzen des Klägers durch Leistungen an die GmbH i.H.v. 44 % und 81 % seines Gesamtumsatzes; s. dazu auch BFH, Urteil vom 29.7.2015, X R 37/13, BFH/NV 2016, 536, Rz. 33, m.w.N.).
Die veränderten wirtschaftlichen Gegebenheiten ab dem Jahr 2007 führten nicht dazu, dass die Beteiligung aus dem Betriebsvermögen des Einzelunternehmens ausschied. Ob eine erneute Zuführung zum Betriebsvermögen nach Änderung der Verhältnisse noch möglich gewesen wäre, war für den Fortbestand der Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen unerheblich. Denn die einmal begründete Betriebsvermögenseigenschaft wird grundsätzlich erst dadurch beendet, dass der Steuerpflichtige die Beteiligung aus dem Betriebsvermögen entnimmt (vgl. u.a. BFH, Urteil vom 29.7.2015, X R 37/13, BFH/NV 2016, 536, Rz. 34, und BFH, Urteil vom 12.6.2019, X R 38/17, BFH/NV 2019, 975, BStBl II 2019, 518, Rz. 57). Eine Entnahme konnte der Kläger aber nicht nachweisen. Verfahrensrügen (Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten und gegen die Sachaufklärungspflicht des FG), die der Kläger in diesem Zusammenhang erhoben hat, hatten keinen Erfolg.
2. Seit VZ 2009 ermittelte der Kläger seinen Gewinn durch Einna...