OFD Düsseldorf, Verfügung v. 20.9.2001, S 2303 - 70 - St 122 - K
Sowohl mit der Startverfügung zum Leitfaden nach § 50a EStG (OFD Düsseldorf, Verfügung vom 22.9.1999, S 2411 – 12 – St 13 H – K) als auch im Leitfaden wurden Ihnen Bearbeitungshinweise und Bearbeitungshilfen zum Steuerabzugsverfahren nach § 50a EStG zur Verfügung gestellt. Aufgrund der zwischenzeitlich ergangenen Rechtsprechung des BFH ist in Teilbereichen eine Änderung der im Leitfaden und in der Startverfügung vertretenen Rechtsauffassung erforderlich, die im Folgenden (Tz. 1 und 2) dargestellt wird. Die Ausführungen in den nachfolgenden Textziffern 3 und 4 sind auf Praxiserfahrungen zurückzuführen, die ich zukünftig verstärkt zu beachten bitte.
1. Inanspruchnahme des Vergütungsschuldners für nicht angemeldete Abzugsteuer nach § 50a EStG:
Bei den Abzugsteuern (Lohnsteuer, Kapitalertragsteuer und Abzugsteuer nach § 50a EStG) war die Frage nach der Art des Verwaltungsaktes, mit dem der Abzugsverpflichtete in den Fällen in Anspruch genommen werden konnte, in denen er seiner Anmeldeverpflichtung nicht nachgekommen ist, strittig.
In Bezug auf die Kapitalertragsteuer hat der BFH nunmehr mit Urteil vom 13.9.2000 (BFH-Urteil vom 13.9.2000, I R 61/99, BStBl 2001 II S. 67) entschieden, dass der Abzugsverpflichtete, der keine Anmeldung zur Kapitalertragsteuer abgegeben hat, vom FA durch einen Nachforderungsbescheid in Anspruch genommen werden könne.
Der Abzugsverpflichtete wird vom BFH als Entrichtungssteuerschuldner bezeichnet, dessen Entrichtungssteuerschuld durch einen Nachforderungsbescheid festgesetzt werden kann. Daneben bestehe die Möglichkeit, den Abzugsverpflichteten nach § 44 Abs. 5 EStG als Haftungsschuldner in Anspruch zu nehmen. Der Verwaltung wird insoweit ein Wahlrecht eingeräumt. Hinweise, welche Kriterien bei der Ausübung dieses Wahlrechts zu berücksichtigen sind, enthält die Entscheidung nicht. Die Ausführungen des BFH zur Inanspruchnahme des Abzugsverpflichteten gelten wegen der insoweit vergleichbaren gesetzlichen Regelungen auch für die Abzugsverpflichtung nach § 50a EStG.
Die o.g. Entscheidung des BFH ist von erheblicher Bedeutung, da die Haftungsinanspruchnahme des Abzugsverpflichteten nach § 50a Abs. 5 EStG in vielen Fällen oftmals an der in § 191 Abs. 5 Nr. 1 AO enthaltenen Regelung scheitert. Haftungsbescheide dürfen hiernach u.a. nicht mehr ergehen, soweit die Steuer gegen den Steuerschuldner nicht festgesetzt worden ist und wegen Ablauf der Festsetzungsfrist auch nicht mehr festgesetzt werden kann. Da im Rahmen des Nachforderungsbescheides diese Regelung nicht greift, ist dessen Erlass dagegen regelmäßig noch zulässig. Bei der Fristberechnung ist sowohl im Zusammenhang mit dem Erlass eines Nachforderungsbescheides gegenüber dem Entrichtungssteuerschuldner als auch im Zusammenhang mit dem Erlass eines Haftungsbescheides gegenüber dem Vergütungsschuldner nach § 50a Abs. 5 EStG zu beachten, dass die in § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO genannte Anlaufhemmung für den Abzugsverpflichteten (= Vergütungsschuldner = Entrichtungssteuerschuldner) greift, da dieser nach § 50a Abs. 5 Sätze 2 und 3 EStG i.V.m. § 73e EStDV zur Anmeldung und Abführung der Abzugsteuer durch Abgabe einer Steueranmeldung verpflichtet ist (vgl. auch BFH-Urteil vom 14.7.1999, I B 151/98). Nach der im Schreiben des BMF vom 24.4.1997, IV A 4 – S 0340 – 4/97, IV C 5 – S 1300 – 60/97, BStBl 1997 I S. 414 vertretenen Verwaltungsauffassung greift diese Anlaufhemmung allerdings nicht gegenüber dem Vergütungsgläubiger (= Steuerschuldner). Wird gegenüber dem Vergütungsgläubiger (= Steuerschuldner) keine Ablaufhemmung i.S.d. § 171 Abs. 6 AO herbeigeführt, so tritt die Festsetzungsverjährung gegenüber dem Steuerschuldner ein, bevor diese gegenüber dem Vergütungsschuldner eintritt. Hierbei ist zu beachten, dass die Anordnung der Prüfung des Steuerabzugs gegenüber dem Abzugsverpflichteten nicht zu einer Ablaufhemmung gegenüber dem Steuerschuldner führt (vgl. Beispiel in der Anlage).
Ein ausführliches Beispiel zur Abzugsteuer nach § 50a EStG und eine Übersicht zur Inanspruchnahme des Abzugsverpflichteten sowie der Berechnung der für den Steuerschuldner, den Entrichtungssteuerschuldner sowie für den Haftungsschuldner maßgebenden Festsetzungsfristen enthält die Anlage 1.
Zwischenzeitlich liegen jedoch mit Revision angefochtene finanzgerichtliche Entscheidungen vor, nach denen der Erlass von Nachforderungsbescheiden gegenüber dem Arbeitgeber als Abzugsverpflichteten nicht zulässig sein soll (FG Münster Urteil vom 20.9.2000, 15 K 6695/98 L, EFG 2000 S. 1388; Az. des BFH: VI R 171/00; FG Düsseldorf Urteil vom 23.4.2001, 3 K 3509/98 L). Im Hinblick auf diese Revisionsverfahren bitte ich, vom Erlass eines Nachforderungsbescheides gegenüber dem Abzugsverpflichteten nach § 50a Abs. 5 EStG nur dann Gebrauch zu machen, wenn der Erlass eines Haftungsbescheides nach § 191 Abs. 5 AO nicht mehr in Betracht kommt oder aber sich die im Haftungsverfahren erforderliche Ermessensausübung als problematisch da...