Kommentar
1. Ein Arbeitnehmer, der im Inland weder einen Wohnsitz i.S.v. § 8 AO 1977 noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt i. S. von § 9 AO 1977 hat, ist mit seinen Einkünften aus einer im Inland ausgeübten nichtselbständigen Arbeit beschränkt einkommensteuerpflichtig nach § 1 Abs. 4 und § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG .
2. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit eines Arbeitnehmers, der in den Niederlanden wohnt, aber im Inland arbeitet, werden nach Art. 10 Abs. 1 DBA Niederlande im Inland, in dem die Arbeit ausgeübt wird, besteuert (Arbeitsortprinzip).
3. Die Einkünfte werden nur ausnahmsweise von den Niederlanden als dem Wohnsitzstaat des Arbeitnehmers besteuert, wenn der Arbeitnehmer sich im Inland nur vorübergehend, d. h. nicht mehr als 183 Tage im Laufe eines Kalenderjahres, aufhält und außerdem die Voraussetzungen von Art. 10 Abs. 2 Nr. 2 und 3 DBA Niederlande erfüllt sind.
4. Ein Arbeitnehmer, der arbeitstäglich in das Inland einreist, um abends in die Niederlande zurückzukehren, hält sich mehr als 183 Tage im Inland auf. Tage eines stundenweisen Aufenthalts werden wie volle Tage gezählt ( Ausländische Einkünfte ).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 10.07.1996, I R 4/96
Anmerkung:
Das vorstehende Urteil betrifft die steuerliche Behandlung von Arbeitnehmern, die sich täglich zur Arbeit im Inland aufhalten, abends aber zu ihrem Familienwohnsitz in die Niederlande zurückkehren. Sie sind mangels eines gewöhnlichen Aufenthalts im Inland i. S. von § 9 AO 1977 hier als Arbeitnehmer nur beschränkt steuerpflichtig. Dennoch aber sieht der BFH ihren inländischen Aufenthalt nicht nur als einen vorübergehenden i. S. des DBA Niederlande an, der das deutsche Besteuerungsrecht, nämlich das des Staates des Arbeitsortes, ausschlösse, weil Tage stundenweiser Anwesenheit nach Abkommensrecht wie volle Tage gezählt werden.
Die Benachteiligung beschränkt steuerpflichtiger Grenzpendler ist mit Wirkung vom Veranlagungszeitraum 1996 durch § 1 Abs. 3 EStG entschärft worden. Unter den in dieser Vorschrift angegebenen Voraussetzungen kann nunmehr ein Grenzpendler, der im Inland weder seinen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat, beantragen, mit seinen inländischen Einkünften als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt zu werden, um in den Genuß der personenbezogenen Steuervergünstigungen – wie z. B. des Splittingtarifs – zu gelangen, die ihm bei beschränkter Steuerpflicht versagt blieben.