Leitsatz
1. Ist eine Organgesellschaft nahezu ausschließlich für die Organträger-Personengesellschaft tätig, so stellen die Anteile, die Mitunternehmer der Organträgerin an der Organgesellschaft halten, notwendiges Sonderbetriebsvermögen II bei der Organträgerin dar. Dies gilt unabhängig von der Größe der Beteiligung.
2. Entfaltet die Organgesellschaft dagegen in nicht unerheblichem Umfang eine eigenständige Geschäftstätigkeit, so sind die von Mitunternehmern der Organträgerin gehaltenen Anteile an der Organgesellschaft nur dann notwendiges Sonderbetriebsvermögen II, wenn die für die Annahme einer Organschaft erforderlichen Eingliederungsvoraussetzungen nur unter Berücksichtigung der Anteile erfüllt werden oder wenn die Anteile die Stellung des Anteilseigners in der Organträgerin stärken.
3. Hält ein Mitunternehmer der Organträgerin nichtmehrheitsvermittelnde Anteile von weniger als 1 % des Kapitals der Organgesellschaft, können diese die mitunternehmerische Beteiligung an der Organträgerin nicht stärken.
Normenkette
§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG , § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG
Sachverhalt
Eine Holding-KG hielt etwas mehr als die Hälfte der Aktien an einer börsennotierten Tochter-AG; zwischen beiden Gesellschaften bestand nach damaliger Rechtslage eine gewerbesteuerliche Organschaft, mangels Ergebnisabführungsvertrags allerdings keine körperschaftsteuerliche Organschaft. Einige Kommanditisten der Holding hielten Aktien der Tochter-AG, die insgesamt 1,91 % der Anteile an der AG ausmachten, bei keinem Kommanditisten aber mehr als 0,7 % betrugen.
Das FA war der Meinung, die Aktien in der Hand der Kommanditisten seien Sonderbetriebsvermögen bei der KG. Das FG war anderer Ansicht.
Entscheidung
Der BFH hob das FG-Urteil auf und verwies das Verfahren an das FG zurück, damit festgestellt werde, ob die AG nahezu ausschließlich Leistungen an die KG erbringe. Anderenfalls seien die Aktien der Kommanditisten kein Sonderbetriebsvermögen.
Hinweis
1. Anteile an Kapitalgesellschaften sind notwendiges Sonderbetriebsvermögen in der Regel in Gestalt des sog. Sonderbetriebsvermögens II, das Wirtschaftsgüter umfasst, die vom Mitunternehmer zur Begründung oder Stärkung seiner Beteiligung eingesetzt werden.
Standardfall sind die Anteile des Kommanditisten einer GmbH & Co. KG, die er an der Komplementär-GmbH hält. Die GmbH-Anteile stärken seine Stellung als Kommanditist, weil er über die GmbH zusätzlichen Einfluss auf die Geschäftstätigkeit der KG nehmen kann. Deshalb betrachtet der BFH diese Anteile als notwendiges Sonderbetriebsvermögen des Kommanditisten.
Zweite Fallgruppe des Sonderbetriebsvermögens sind Anteile an einer Betriebs-GmbH, die der Gesellschafter einer Besitz-Personengesellschaft hält. Hier stärkt die GmbH-Beteiligung die Beteiligung an der Besitzgesellschaft, weil der gesamte Ertrag der Besitzgesellschaft aus der Geschäftstätigkeit der GmbH stammt und der Doppelgesellschafter über seine Einflussnahme auf die GmbH auch den Erfolg der Besitzgesellschaft maßgeblich beeinflussen kann.
2. Die wirtschaftliche Verknüpfung zwischen Organträger und Organgesellschaft kann ähnlich wie im Fall einer Betriebsaufspaltung sein. Deshalb liegt die Annahme nahe, dass Anteile an der Organgesellschaft, die von Gesellschaftern der Organträger-Personengesellschaft gehalten werden, als Sonderbetriebsvermögen II zu beurteilen sind. Mit dem Besprechungsurteil macht der BFH aber klar, dass dabei nicht aus den Augen verloren werden darf, mit welcher Begründung das Sonderbetriebsvermögen II gerechtfertigt wird: Die Beteiligung an der Mitunternehmerschaft wird gestärkt, indem die Kapitalbeteiligung wirtschaftliche Vorteile für das Unternehmen der Mitunternehmerschaft oder stärkere Mitwirkungsrechte für den Mitunternehmer vermittelt.
a) Wenn die Organschaft von den Anteilen des Mitunternehmers an der Organgesellschaft abhängig ist, weil nur unter deren Einbeziehung die Voraussetzungen für eine finanzielle Eingliederung erfüllt werden, kann eine Stärkung der Beteiligung an der Organträgerin nicht zweifelhaft sein. Beachten Sie aber, dass solche Konstellationen heute nicht mehr möglich sind, denn nach § 14 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 KStG i.d.F. des StVergAbG muss die finanzielle Eingliederung gegenüber der Organträgerin selbst bestehen. Dies gilt auch für die gewerbesteuerliche Organschaft, für die seit dem Jahr 2002 dieselben Voraussetzungen wie für die körperschaftsteuerliche Organschaft gelten.
b) Hält die Organträgerin selbst eine Mehrheitsbeteiligung an der Organgesellschaft, gibt es nach Meinung des BFH nur einen Fall, in dem zusätzliche Anteile in der Hand von Mitunternehmern der Organträgerin wegen wirtschaftlicher Vorteilhaftigkeit für die Organträgerin als notwendiges Sonderbetriebsvermögen zu behandeln sind. Dazu kommt es nämlich dann, wenn die Organgesellschaft nahezu ausschließlich für die Organträgerin tätig ist, indem sie etwa Verwaltungsaufgaben übernimmt. Entfaltet die Organgesellschaft aber eine eigenständige Geschäftstätigkeit, haben die vom Mitunternehm...