OFD Frankfurt, Verfügung v. 2.2.2011, S 2240 A - 28 - St 219
1. Allgemeines
Eine echte Betriebsaufspaltung liegt vor, wenn ein bestehendes Unternehmen in ein Besitz- und ein Betriebsunternehmen aufgeteilt wird. Sind die entsprechenden Voraussetzungen bereits bei der Gründung gegeben, wird dies als unechte Betriebsaufspaltung bezeichnet.
Bei der Betriebsaufspaltung sind die folgenden Erscheinungsformen möglich:
Grundfall: Das Besitzunternehmen ist ein Einzelunternehmen, eine Personengesellschaft oder eine Gemeinschaft, das Betriebsunternehmen eine Kapitalgesellschaft.
Umgekehrte Betriebsaufspaltung: Das Besitzunternehmen ist die Kapitalgesellschaft, das Betriebsunternehmen die Personengesellschaft.
Mitunternehmerische Betriebsaufspaltung: beide Unternehmen sind Personengesellschaften.
Kapitalistische Betriebsaufspaltung: beide Unternehmen sind Kapitalgesellschaften.
2. Voraussetzungen für das Vorliegen einer Betriebsaufspaltung
Eine Betriebsaufspaltung setzt voraus, dass zwischen dem Besitzunternehmen und dem Betriebsunternehmen sowohl eine sachliche als auch eine personelle Verflechtung besteht.
2.1 Sachliche Verflechtung
Die sachliche Verflechtung im Rahmen einer Betriebsaufspaltung wird regelmäßig durch die Überlassung bereits einer wesentlichen Betriebsgrundlage seitens der Besitzgesellschaft an die Betriebsgesellschaft begründet.
2.1.1 Wesentliche Betriebsgrundlage
Die überlassenen materiellen oder immateriellen Wirtschaftsgüter müssen für die Betriebsgesellschaft eine wesentliche Betriebsgrundlage darstellen (BFH-Urteil vom 24.8.1989, BStBl 1989 II S. 1014; BFH-Urteil vom 6.11.1991, BStBl 1992 II S. 415).
Wesentliche Betriebsgrundlagen sind solche Wirtschaftsgüter, denen ein besonderes wirtschaftliches Gewicht für die Betriebsführung zukommt und die zur Erreichung des Betriebszwecks erforderlich sind (z.B. BFH-Urteil vom 12.11.1985, BStBl 1986 II S. 299). Nicht entscheidend ist, ob das Wirtschaftsgut erhebliche stille Reserven enthält (BFH-Urteil vom 2.10.1997, BStBl 1997 II S. 104) oder jederzeit am Markt ersetzbar wäre (BFH-Urteil vom 26.5.1993, BStBl 1993 II S. 718). Auch ungünstige oder heruntergekommene Wirtschaftsgüter können eine wesentliche Betriebsgrundlage sein (BFH-Urteil vom 26.5.1993, a.a.O.).
Wesentliche Betriebsgrundlagen können auch solche Wirtschaftsgüter sein, die nicht im Eigentum des Besitzunternehmens stehen. Ausreichend ist, wenn ein Dritter das Wirtschaftsgut entgeltlich oder unentgeltlich dem Besitzunternehmen überlässt (z.B. auch im Wege des Nießbrauchs) und das Besitzunternehmen der Betriebsgesellschaft dieses Nutzungsrecht vermittelt, vgl. BFH-Urteil vom 5.2.2002, BFH/NV 2002 S. 781 und BFH-Urteil vom 18.8.2009, BFH/NV 2010 S. 208.
2.1.2 Grundstücke als wesentliche Betriebsgrundlage
Bei der Beurteilung der Frage, ob das Grundstück von wesentlichem Gewicht für das Betriebsunternehmen ist, ist nicht auf die einzelnen Grundstücksteile, sondern auf das Grundstück als Einheit abzustellen (BFH-Urteil vom 29.10.1991, BStBl 1992 II S. 334). Unter Grundstück ist hierbei der zusammenhängende Grundbesitz und nicht die katastermäßige Parzelle zu verstehen.
Ein Grundstück stellt eine wesentliche Betriebsgrundlage dar, sofern es für die Betriebsgesellschaft nicht nur von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung ist. Von einer wirtschaftlichen Bedeutung ist auszugehen, wenn der Betrieb ohne das Grundstück nicht wie bisher fortgeführt werden könnte; insbesondere, wenn das Grundstück auf die Bedürfnisse des Betriebsunternehmens zugeschnitten ist, z.B. die aufstehenden Gebäude für dessen Zwecke hergerichtet oder gestaltet worden sind oder die Betriebsführung durch die Lage, die Größe bzw. den Grundriss des Grundstücks bestimmt wird (z.B. BFH-Urteil vom 12.11.1985, a.a.O.). Eine individuelle Gestaltung des Grundstücks ist nicht zwingende Voraussetzung (BFH-Urteile vom 26.11.1992, BStBl 1993 II S. 876 und vom 17.11.1992, BStBl 1993 II S. 233).
Fabrikgrundstücke sind in der Regel wesentliche Betriebsgrundlage, da die Gebäude meist durch ihre Gliederung oder sonstige Bauart auf den Betrieb zugeschnitten sind. Davon kann zumindest dann ausgegangen werden, wenn ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Errichtung des Gebäudes, Vermietung und Aufnahme des Betriebs in diesem Gebäude besteht (z.B. BFH-Urteil vom 12.9.1991, BStBl 1992 II S. 347).
Dasselbe wird regelmäßig für Laden- und Verkaufsräume angenommen, da diese die Eigenart des Betriebs prägen und der Kundenstamm mit ihnen verbunden ist (BFH-Urteil vom 12.2.1992, BStBl 1992 II S. 723). Bei mehreren Geschäftslokalen eines Filialeinzelhandelsbetriebs sind die einzelnen Geschäftslokale auch dann eine wesentliche Betriebsgrundlage, wenn auf das einzelne Geschäftslokal weniger als 10% der gesamten Nutzfläche des Unternehmens entfällt (BFH-Urteil vom 19.3.2009, BStBl 2009 II S. 803). Eine wirtschaftlich untergeordnete Bedeutung aufgrund eines geringen Umsatz-/Ertragsanteils hat der BFH hierbei auch nicht angenommen, wenn das einzelne Geschäftslokal nachhaltig Ver...