Leitsatz
1. Zuschüsse, die ein in der Rechtsform einer GbR betriebenes Kulturorchester aus öffentlichen Mitteln erhält, sind nicht nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei, soweit sie dazu bestimmt sind, die Vorabvergütungen der Gesellschafter abzudecken.
2. Soweit die Zuschüsse nach ihrem Zweck der anteiligen Deckung der Betriebsausgaben des Orchesters dienen, sind die abziehbaren Betriebsausgaben nach § 3c (nunmehr Abs. 1) EStG um diesen Betrag zu kürzen.
Normenkette
§ 3 Nr. 11, § 3c EStG
Sachverhalt
Ein Orchester in der Rechtsform einer Personengesellschaft erhielt zur Deckung der Fehlbedarfsfinanzierung Zuschüsse der Stadt und des Lands. Die Erlöse des Orchesters stammten teilweise auch aus Konzertreisen ins Ausland, zu deren Finanzierung das Auswärtige Amt Zuschüsse leistete. Das FA minderte die Betriebsausgaben in Höhe der steuerfreien Zuschüsse.
Das FG schloss sich der Auffassung des Orchesters an, die Zuschüsse seien nur in ihrem Verhältnis zu den gesamten Erlösen von den Betriebsausgaben abzuziehen.
Entscheidung
Der BFH war anderer Meinung und gab der Revision des FA im Wesentlichen statt. Im Hinblick auf die steuerbefreiten ausländischen Einkünfte waren die Betriebsausgaben zu Unrecht vom FA gekürzt worden, so dass der BFH den Gewinn in diesem Punkt zugunsten des Orchesters herabsetzte.
Hinweis
1. Die Entscheidung betrifft in erster Linie die mit dem zweiten Leitsatz angesprochene Frage nach dem Verhältnis der Steuerbefreiung für Zuschüsse zur Förderung von Kunst und Wissenschaft zum Abzugsverbot für Betriebsausgaben oder Werbungskosten nach § 3c Abs. 1 EStG. Jene Vorschrift ordnet an, dass Ausgaben, soweit sie mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden dürfen. Ein solcher Zusammenhang liegt nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn Einnahmen und Ausgaben durch dasselbe Ereignis veranlasst sind. Der BFH stellt hierzu darauf ab, ob und inwieweit durch die Erstattung Betriebsausgaben oder Werbungskosten ausgeglichen werden sollen.
Werden Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben insoweit nicht zum Abzug zugelassen, wie sie durch steuerfreie Zuschüsse abgedeckt werden, hat dies im Ergebnis zur Folge, dass die Steuerfreiheit der Zuschüsse in der Höhe, in der tatsächlich bezuschusste Ausgaben anfallen, rückgängig gemacht wird. Dies erscheint auf den ersten Blick überraschend, lässt sich aber damit rechtfertigen, dass erstattete Ausgaben den Steuerpflichtigen nicht belasten und daher seine steuerpflichtigen Einkünfte auch nicht mindern dürfen.
2. Der erste Leitsatz der Entscheidung bezieht sich demgegenüber auf die Auslegung der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11 EStG. Diese kann nur Zuschüsse betreffen, die zur Deckung von Kosten im Zusammenhang mit der künstlerischen oder wissenschaftlichen Tätigkeit stehen. Vorabvergütungen für Mitunternehmer sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG einkommensteuerlich jedoch keine Kosten, sondern Bestandteil der Gewinnverteilung. Deshalb können Zuschüsse zur Abdeckung von Gehältern für Mitunternehmer generell nicht in den Genuss der Steuerbefreiung kommen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 27.4.2006, IV R 41/04