Leitsatz
1. Die für die Vermietung im Ertragswertverfahren notwendige Anzahl vermieteter Objekte einer bestimmten Gruppe von Grundstücken muss zum Hauptfeststellungszeitpunkt vorhanden gewesen sein.
2. Die Voraussetzungen des § 76 Abs. 3 Nr. 2 BewG sind dann erfüllt, wenn ein Geschäftsgrundstück so gestaltet ist, dass es zu den Zwecken der in Frage stehenden Gruppe von Geschäftsgrundstücken, für die eine übliche Miete nicht geschätzt werden kann, objektiv verwendbar ist. Ein im Sachwertverfahren zu bewertendes Grundstück für Bank- und Kreditinstitute liegt demnach dann vor, wenn das Grundstück objektiv so gestaltet ist, dass es zur Abwicklung des üblichen Bankgeschäfts mit Kunden verwendet werden kann.
Normenkette
§ 76 Abs. 3 Nr. 2 BewG
Sachverhalt
Im Streit war eine Art- und Wertfortschreibung für eine Teileigentumseinheit in einem aus zwei solcher Einheiten bestehenden Gebäude, die der Klägerin, einer Sparkasse, gehörten. In der das Erd- und Untergeschoss umfassenden streitbefangenen Einheit unterhielt die Klägerin eine Filiale.
Der für den öffentlichen Publikumsverkehr bestimmte Bereich befand sich im Erdgeschoss und bestand aus einer 183 qm großen Schalterhalle und einem Besprechungsraum. Aus der Schalterhalle führte eine Treppe ins Untergeschoss, in dem sich – neben Technik- und Sozialräumen – ein aus Spezialbeton errichteter und mit einer Tresortür abgeschlossener Tresorraum befand, der die Kundenschließfächer und einen Metallschrank für den Bargeldbestand enthielt.
Das FA bewertete die Teileigentumseinheit als Geschäftsgrundstück im Sachwertverfahren. Demgegenüber war die Klägerin der Ansicht, die Einheit unterscheide sich nicht wesentlich von einem normalen Büro- und Geschäftsgebäude und sei daher im Ertragswertverfahren zu bewerten. Darin gab ihr das FG Recht.
Entscheidung
Dem folgte der BFH nicht. Er schloss sich vielmehr auf dessen Revision der Auffassung des FA an.
Nach § 76 Abs. 3 Nr. 2 BewG ist das Sachwertverfahren u.a. bei solchen Geschäftsgrundstücken anzuwenden, für die weder eine Jahresrohmiete ermittelt noch die übliche Miete geschätzt werden kann. Dafür ist entscheidend, ob es zu einer Gruppe von Geschäftsgrundstücken gehört, die nicht die für die Bewertung im Ertragswertverfahren erforderliche Zahl vermieteter Objekte gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung aufweist, und zwar bereits zum Hauptfeststellungszeitpunkt.
Darüber, ob dies der Fall ist, gibt die Aufstellung in Abschn. 16 Abs. 6 und 7 BewRGr über die im Sachwertverfahren zu bewertenden Gruppen von Geschäftsgrundstücken einen Erfahrungssachverhalt wieder, dem die Bedeutung eines Beweises des ersten Anscheins zukommt. Bei Gebäuden, die einem Kreditinstitut gehören, gilt dies allerdings nur, wenn Sie auf die eigentliche bankspezifische Betätigung zugeschnitten sind.
Im Streitfall waren keine Umstände geltend gemacht, die den Schluss zuließen, dass abweichend von Abschn. 16 Abs. 6 BewRGr im gesamten Bewertungsgebiet zum Hauptfeststellungszeitpunkt eine hinreichende Zahl vermieteter Grundstücke für Bank- und Kreditinstitute vorhanden war.
Hinweis
Unerheblich ist, ob vergleichbare Gebäude heute auch anderweitig genutzt werden. Abzustellen ist nämlich auf die Wertverhältnisse im Hauptfeststellungszeitpunkt. Nur wenn die erforderliche Zahl vermieteter Objekte bereits im Hauptfeststellungszeitpunkt vorhanden gewesen ist, können sie sich auf die Vervielfältiger für das Ertragswertverfahren ausgewirkt haben.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 21.2.2002, II R 66/99