Entscheidungsstichwort (Thema)
Verletzung des rechtlichen Gehörs durch Überraschungsentscheidung
Leitsatz (NV)
Das FG verletzt nicht das rechtliche Gehör, wenn es sein Urteil auf einen Gesichtspunkt stützt, der im finanzgerichtlichen Verfahren angesprochen worden ist.
Normenkette
GG Art. 103 Abs. 1
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet. Das Finanzgericht (FG) hat das rechtliche Gehör der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) nicht verletzt. Es hat keine Über raschungsentscheidung getroffen. Die Behauptung der Klägerin, derzufolge der Umfang ihrer geschäftlichen Betätigung im finanzgerichtlichen Verfahren kein Streitpunkt gewesen sei, ist unzutreffend.
Stützt das FG sein Urteil auf einen rechtlichen Gesichtspunkt, der weder im Besteuerungsverfahren noch im gerichtlichen oder außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren angesprochen worden ist und zu dem sich die Beteiligten nicht geäußert haben, weil hierzu keine Veranlassung bestanden hat, so verletzt es hierdurch das rechtliche Gehör der Verfahrensbeteiligten (ständige Rechtsprechung, z. B. Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 8. Dezember 1993 XI R 58/90, BFH/NV 1994, 391 m. w. N.; Senatsurteil vom 17. Juni 1994 III R 108/93, BFH/NV 1995, 133). Ob die Tat sachen, die zur Begründung dieses Verfahrensmangels vorgetragen werden, vorgelegen haben, kann vom BFH als Beschwerdegericht im Wege des Freibeweises ermittelt und gewürdigt werden (BFH-Beschluß vom 30. April 1987 V B 86/86, BFHE 149, 437, BStBl II 1987, 502).
Im Streitfall hat der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) im Schriftsatz vom 2. April 1992 ausgeführt, einziger "Kunde" der Klägerin sei ihr Alleingesellschafter gewesen. Die gewählte Vertragsgestaltung sei daher als rechtsmißbräuchlich anzusehen. Auf dieses Vorbringen hat die Klägerin im Schriftsatz vom 16. Oktober 1992 erwidert, daß sich die Frage, ob eine juristische Person eingeschaltet worden sei, um Fördermittel zu erhalten, nicht stelle. Es sei unerheblich, wer die Anteile an der Klägerin gehalten habe. Auch im Schriftsatz des FA vom 25. November 1992 sowie der Klägerin vom 6. Januar 1993 sind die Verfahrensbeteiligten auf die Frage des § 42 der Abgabenordnung (AO 1977) eingegangen. Außerdem ist aus dem Beschluß des FG vom 14. Mai 1993, in dem dieses der Nichtzulassungsbeschwerde nicht abgeholfen hat, zu ersehen, daß die Frage etwaiger anderweitiger Aktivitäten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung erörtert worden ist.
Das Urteil des FG war nach alledem für die Klägerin keine Überraschungsentscheidung. Die Beschwerde ist zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 424374 |
BFH/NV 1995, 990 |