Entscheidungsstichwort (Thema)
Außerordentliche Beschwerde; Vertretungszwang beim BFH
Leitsatz (NV)
1. Die außerordentliche Beschwerde zum BFH ist nicht statthaft.
2. Ein Richter im Ruhestand ist als solcher vor dem BFH nicht vertretungsberechtigt.
3. Ein von einem nicht vertretungsberechtigten Bevollmächtigten unterzeichnetes Rechtsmittel zum BFH kann durch einen postulationsfähigen Bevollmächtigten nicht genehmigt, sondern nur wiederholt werden.
Normenkette
FGO §§ 62, 128 Abs. 4 S. 1, § 133a; GKG § 66 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
Niedersächsisches FG (Beschluss vom 12.09.2008; Aktenzeichen 2 K 33/04) |
Niedersächsisches FG (Beschluss vom 12.09.2008; Aktenzeichen 2 K 140/05) |
Niedersächsisches FG (Beschluss vom 12.09.2008; Aktenzeichen 2 KO 10/08) |
Niedersächsisches FG (Beschluss vom 12.09.2008; Aktenzeichen 2 K 520/03) |
Tatbestand
I. Das Finanzgericht (FG) wies den Antrag der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), die zu ihren Lasten ergangenen Kostenentscheidungen in den rechtskräftigen Urteilen des FG vom 26. September 2005 2 K 520/03, 2 K 33/04 und 2 K 140/05 aufzuheben, und die Erinnerung der Klägerin gegen die im Verfahren 2 K 162/07 ergangene Kostenrechnung vom 17. April 2007 durch Beschlüsse vom 12. September 2008 zurück. In den Rechtsmittelbelehrungen zu diesen Beschlüssen wies es darauf hin, dass die Beschwerde nicht gegeben sei.
Die Kläger beantragten daraufhin mit dem an das FG gerichteten, durch einen im Ruhestand befindlichen Richter als Prozessbevollmächtigten unterzeichneten Schriftsatz vom 24. September 2008, diese Beschlüsse des FG aufzuheben. Das FG wertete den Schriftsatz als außerordentliche Beschwerde, der es nicht abhalf und die sie dem Bundesfinanzhof (BFH) vorlegte. Die Senatsgeschäftsstelle wies den Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 7. November 2008 auf den beim BFH bestehenden Vertretungszwang hin. Die Kläger beantragten durch den von einem Steuerberater unterzeichneten Schriftsatz vom 23. November 2008, u.a. das vorliegende Verfahren auszusetzen, bis sie die erbetene Auskunft über die Nebentätigkeiten der mit ihren Verfahren befassten BFH-Richter erhalten.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerden sind unzulässig und waren daher zu verwerfen.
1. Die Beschwerden sind nicht statthaft.
a) Soweit sich die Kläger gegen die Beschlüsse wenden, durch die das FG die Anträge auf Aufhebung der Kostenentscheidungen in den Urteilen vom 26. September 2005 zurückgewiesen hat, ergibt sich die Unzulässigkeit der Beschwerden aus § 128 Abs. 4 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Danach ist in Streitigkeiten über Kosten die Beschwerde nicht gegeben.
b) Die Beschwerde gegen die Entscheidung des FG über die Erinnerung ist nach § 66 Abs. 3 Satz 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG) ausgeschlossen. Danach findet eine Beschwerde gegen die Entscheidung über eine Erinnerung an einen obersten Gerichtshof des Bundes nicht statt. Der BFH ist ein solcher Gerichtshof (Art. 95 Abs. 1 des Grundgesetzes).
c) Eine außerordentliche Beschwerde wegen sog. greifbarer Gesetzwidrigkeit ist seit Einführung des § 133a FGO durch das Gesetz über die Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vom 9. Dezember 2004 (BGBl I 2004, 3220) zum 1. Januar 2005 als außerordentlicher, gesetzlich nicht geregelter Rechtsbehelf nicht mehr statthaft (BFH-Beschlüsse vom 30. November 2005 VIII B 181/05, BFHE 211, 37, BStBl II 2006, 188; vom 21. Februar 2006 V S 25/05, BFH/NV 2006, 1128; vom 22. Februar 2006 II S 1/06, BFH/NV 2006, 1309, und vom 14. März 2007 IV S 13/06 (PKH), BFHE 216, 511, BStBl II 2007, 468).
2. Die Beschwerden sind darüber hinaus auch deshalb unzulässig, weil sich die Kläger bei ihrer Einlegung entgegen § 62 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 FGO nicht durch eine der in § 62 Abs. 2 Satz 1 FGO bezeichneten Personen oder Gesellschaften vertreten ließen. Der Schriftsatz vom 24. September 2008 hätte durch eine beim BFH postulationsfähige Person unterzeichnet werden müssen (BFH-Beschlüsse vom 20. Oktober 1999 V B 154/99, BFH/NV 2000, 577, und vom 1. September 2008 VII B 112/08, BFH/NV 2009, 37). Dies ist nicht geschehen. Ein Richter im Ruhestand --wie der Prozessbevollmächtigte--, der das Schreiben vom 24. September 2008 unterschrieben hat, nicht Rechtsanwalt, Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer ist, ist vor dem BFH nicht vertretungsberechtigt (BFH-Beschlüsse vom 30. Oktober 2008 VIII B 162/08, juris, und vom 24. November 2008 VII B 149/08, BStBl II 2009, 155).
Der von einem Steuerberater unterzeichnete Schriftsatz vom 23. November 2008 stellt keine wirksame Genehmigung der Beschwerdeeinlegung dar. Selbst wenn der Schriftsatz dahin verstanden werden könnte, dass eine solche Genehmigung erteilt werden sollte, würde dies nicht ausreichen. Vielmehr hätte die Beschwerdeeinlegung durch den postulationsfähigen Prozessbevollmächtigten wiederholt werden müssen (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 6. Oktober 1993 II B 112/93, BFH/NV 1994, 651; vom 25. August 1998 II B 71/98, BFH/NV 1999, 334, und vom 30. Oktober 1998 III B 24/98, BFH/NV 1999, 634). Die bloße Genehmigung einer durch eine nicht vertretungsberechtigte Person unterzeichneten Beschwerde durch einen postulationsfähigen Vertreter entspricht nicht dem Erfordernis, dass dieser Vertreter selbst und eigenverantwortlich den Prozessstoff überprüft haben muss (vgl. zu diesem Erfordernis BFH-Beschluss vom 27. Februar 1998 IX B 29/96, BFH/NV 1998, 1064). Sinn und Zweck des beim BFH bestehenden Vertretungszwangs ist es, dass an den BFH nur solche Rechtsmittel herangetragen werden, deren Erfolgsaussichten von Personen beurteilt worden sind, die dazu aufgrund ihrer fachlichen Vorbildung in der Lage sind (BFH-Urteil vom 23. Juli 1985 VIII R 256/80, BFH/NV 1986, 173).
3. Dem im Schriftsatz vom 23. November 2008 gestellten Antrag, das Verfahren auszusetzen, war nicht stattzugeben. Das von den Klägern angeführte, auf Bekanntgabe etwaiger Nebentätigkeiten der mit der Streitsache befassten BFH-Richter gerichtete Verfahren ist für die Entscheidung im vorliegenden Verfahren nicht vorgreiflich i.S. des § 74 FGO. Eine auf etwaige Nebentätigkeiten gestützte Ablehnung der Richter wegen Besorgnis der Befangenheit gemäß § 51 Abs. 1 FGO i.V.m. §§ 41 ff. der Zivilprozessordnung wäre wegen des fehlenden Zusammenhangs mit der nach ständiger Rechtsprechung des BFH zu verneinenden Zulässigkeit des Rechtsbehelfs rechtsmissbräuchlich (vgl. BFH-Beschluss vom 2. Dezember 2008 VII B 122/08, BFH/NV 2009, 602).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO. Gebührenfreiheit nach § 66 Abs. 8 Satz 1 GKG besteht auch im Hinblick auf den angefochtenen Beschluss des FG über die Erinnerung nicht, weil die Beschwerde nicht statthaft ist (BFH-Beschluss in BFHE 211, 37, BStBl II 2006, 188).
Fundstellen