Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Antrag auf Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist nach Fristablauf, aber innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist

 

Leitsatz (NV)

1. Die Frist für die Revisionsbegründung kann nur verlängert werden, wenn der Antrag vor Fristablauf gestellt worden ist.

2. Wird der Antrag vor Ablauf der Frist für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt, so reicht dies für die Nachholung der versäumten Rechtshandlung innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist nicht aus.

 

Normenkette

FGO § 56 Abs. 2 S. 2, § 120 Abs. 1 S. 2

 

Tatbestand

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) gegen einen Haftungsbescheid über Berlinzulage für die Jahre 1984 bis 1987 ab. Gegen das am 25. März 1991 zugestellte Urteil des FG legte die Klägerin durch ihren Prozeßbevollmächtigten Revision ein, die am 23. April 1991 beim FG einging. Die Revision begründete die Klägerin nicht, sondern behielt die Begründung einem gesonderten Schriftsatz vor.

Mit Schreiben vom 3. Juli 1991, dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 8. Juli 1991, teilte der Vorsitzende des erkennenden Senats der Klägerin mit, daß die Begründung der Revision noch nicht vorliege und die Begründungsfrist am 27. Mai 1991 abgelaufen sei. Auf § 56 der Finanzgerichtsordnung (FGO) wurde hingewiesen. Daraufhin beantragte der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 17. Juli 1991, die Revisionsbegründungsfrist bis zum 31. August 1991 zu verlängern. Wegen Krankheit und übermäßiger Belastung bei der Erstellung von Eröffnungsbilanzen für die neuen Bundesländer sei ihm bisher die Begründung der Revision nicht möglich gewesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig.

1. Nach § 120 Abs. 1 Satz 1 FGO ist die Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung des angegriffenen Urteils einzulegen und spätestens innerhalb eines weiteres Monats zu begründen. Die Frist für die Begründung der Revision lief am 27. Mai 1991 ab. Die Klägerin hat innerhalb dieser Frist keine Revisionsbegründung vorgelegt.

Zwar kann die Frist für die Begründung der Revision auf Antrag verlängert werden. Nach § 120 Abs. 1 Satz 2 FGO ist dies aber nur möglich, wenn der Antrag vor Ablauf der Revisionsbegründungsfrist gestellt worden ist. Der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin hat erst mit Schriftsatz vom 17. Juli 1991 einen solchen Antrag gestellt. Dieser Antrag konnte daher nicht mehr zu einer Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist führen.

2. Der Klägerin kann auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 FGO gewährt werden. Der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin muß nämlich spätestens mit dem Schreiben des Vorsitzenden des erkennenden Senats vom 3. Juli 1991 über die Fristversäumnis Klarheit erlangt haben. Nach § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO konnte deshalb Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur innerhalb von zwei Wochen nach der am 8. Juli 1991 erfolgten Zustellung dieses Schreibens beantragt werden.

Es kann offen bleiben, ob der Fristverlängerungsantrag des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin vom 17. Juli 1991 in einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand umgedeutet werden könnte. Nach § 56 Abs. 2 Satz 2 FGO ist innerhalb der Frist von zwei Wochen nicht nur der Wiedereinsetzungsantrag zu stellen, sondern auch die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Die Klägerin hätte innerhalb dieser Frist also auch die Revisionsbegründung vorlegen müssen. Dies hat sie nicht getan. Der Antrag des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin auf Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist reichte für die Nachholung der versäumten Rechtshandlung innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist nicht aus (Beschluß des Großen Senats des Bundesfinanzhofs vom 1. Dezember 1986 GrS 1/85, BFHE 148, 414, BStBl II 1987, 264).

 

Fundstellen

Haufe-Index 417944

BFH/NV 1992, 398

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