Leitsatz (amtlich)
Die Rechtsfrage, ob für im Sachwertverfahren bewertete Zweifamilienhäuser ein Abschlag nach § 88 BewG wegen der Lage im Zonenrandgebiet gewährt werden kann, ist von grundsätzlicher Bedeutung.
Normenkette
BewG 1965 § 88; Verordnung zur Durchführung des § 90 BewG § 4 Abs. 1
Tatbestand
Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt - FA -) stellte den Einheitswert des Zweifamilienhauses des Klägers und Beschwerdegegners (Kläger) im Sachwertverfahren auf ... DM fest. Der Einspruch blieb erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) setzte den Einheitswert auf ... DM herab. Es war u. a. der Auffassung, daß wegen der Lage des Gebäudes im Zonenrandgebiet eine Ermäßigung des Gebäudesachwerts nach § 88 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) in Höhe von 5 v. H. zu gewähren sei.
Das FA ist demgegenüber der Auffassung, daß im Hinblick auf § 4 Abs. 1 der Verordnung zur Durchführung des § 90 BewG ein Abschlag wegen der Lage des Gebäudes im Zonenrandgebiet nach § 88 BewG nicht möglich sei. Da diese Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung für das gesamte Zonenrandgebiet habe, beantragt es mit der Nichtzulassungsbeschwerde, die Revision gegen das FG-Urteil zuzulassen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist begründet. Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Nach § 88 Abs. 1 BewG kann der Gebäudesachwert ermäßigt oder erhöht werden, wenn Umstände tatsächlicher Art vorliegen, die bei seiner Ermittlung nicht berücksichtigt worden sind. Eine Ermäßigung kommt nach § 88 Abs. 2 BewG insbesondere in Betracht, wenn ein Gebäude wegen der Lage des Grundstücks in seinem Wert gemindert ist. Zweck dieser Vorschrift ist es, die besonderen Verhältnisse eines Gebäudes im Einzelfall zu berücksichtigen. Umstände tatsächlicher Art, die nicht nur den Gebäudesachwert im Einzelfall beeinflussen, sondern den Wert ganzer Gruppen von Grundstücken betreffen, beziehen sich im allgemeinen nicht allein auf den Gebäudesachwert, sondern auch auf den Wert des Grund und Bodens, also auf den gesamten Grundstückswert. Diese Umstände müssen deshalb bei der Angleichung des Ausgangswerts an den gemeinen Wert (Anwendung der Wertzahl, § 90 BewG) berücksichtigt werden (vgl. Gürsching/Stenger, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, Kommentar, 7. Aufl., § 88 BewG Rdnr. 5; Steinhardt, Bewertungsgesetz, 6. Aufl., § 88 Rdnr. 1).
Nach § 4 Abs. 1 der Verordnung zur Durchführung des § 90 BewG ermäßigen sich die Wertzahlen des § 2 der Durchführungsverordnung nur für Geschäftsgrundstücke und gemischtgenutzte Grundstücke im Zonenrandgebiet. Für Mietwohngrundstücke, Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser und sonstige bebaute Grundstücke im Zonenrandgebiet ist eine solche Ermäßigung der Wertzahlen aber nicht vorgesehen.
Es ist zweifelhaft, ob bei der Ermittlung des Einheitswerts von Zweifamilienhäusern im Sachwertverfahren wegen der Lage im Zonenrandgebiet ein Abschlag nach § 88 Abs. 2 BewG gewährt werden kann. Denn die Lage im Zonenrandgebiet ist ein Umstand, der nicht nur einzelne Gebäude, sondern sämtliche in der Umgebung liegende Einfamilienhäuser und Zweifamilienhäuser betrifft. In der Durchführungsverordnung wird eine Ermäßigung der Wertzahlen nur für Geschäftsgrundstücke und gemischtgenutzte Grundstücke, nicht aber für Zweifamilienhäuser gewährt. Da eine Klärung dieser Rechtsfrage für Ein- und Zweifamilienhäuser im gesamten Zonenrandgebiet von Bedeutung ist, besteht insbesondere unter dem Gesichtspunkt der einheitlichen Rechtsanwendung ein allgemeines Interesse an einer Sachentscheidung des Bundesfinanzhofs.
Fundstellen
Haufe-Index 72930 |
BStBl II 1979, 728 |
BFHE 1979, 403 |