Entscheidungsstichwort (Thema)
Notwendigkeit der Beiladung im Streit über organschaftliche Eingliederung
Normenkette
FGO § 60 Abs. 1, 3; AO § 175 Abs. 5 S. 2; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
Verfahrensgang
Sächsisches FG (Urteil vom 14.05.2004; Aktenzeichen 7 K 1484/01) |
Tatbestand
Über das Vermögen der … GmbH (GmbH) wurde mit Beschluss des Amtsgerichts … vom 3. März 2000 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war zuvor alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der GmbH. Außerdem hatte er ein Geschäftslokal und ein Büro an die GmbH vermietet.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) hatte seit 1996 eine umsatzsteuerliche Organschaft ―mit dem Kläger als Organträger der GmbH― angenommen. Mit Bescheid vom 17. April 2000 setzte das FA Umsatzsteuer-Vorauszahlungen für Dezember 1999 in Höhe von … DM gegen den Kläger fest. Während des Einspruchsverfahrens erließ das FA einen Umsatzsteuerjahresbescheid für 1999, mit dem es die Umsatzsteuer auf … DM festsetzte.
Einspruchsverfahren und Klage blieben ohne Erfolg. Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Finanzgericht (FG) im Wesentlichen aus, die Voraussetzungen einer notwendigen Beiladung des Insolvenzverwalters der GmbH seien nicht erfüllt, weil die Rechtswirkungen des Umsatzsteuerfestsetzungsverfahrens des Klägers nicht in einer Weise in die Rechte der GmbH eingriffen, dass die Entscheidung nur einheitlich, also auch gegenüber der GmbH ergehen könne.
Auch eine einfache Beiladung sei nicht erforderlich, da hierdurch rechtliche Interessen des Klägers nicht berührt würden und das FA einen entsprechenden Antrag nicht gestellt habe.
Das FA sei zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger Organträger der GmbH gewesen sei, weil eine finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung der GmbH vorgelegen habe.
Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger Verfahrensmängel geltend. So habe der Insolvenzverwalter beigeladen werden müssen.
Außerdem rügt der Kläger, es seien ungenügende Sachaufklärungen hinsichtlich der ordnungsgemäßen Bekanntgabe der Schätzungsbescheide und der zu hoch vom FA geschätzten zurückzufordernden Vorsteuerbeträge durchgeführt worden.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
Nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Die Nichtzulassung kann mit der Beschwerde angefochten werden (§ 116 Abs. 1 FGO). In der Beschwerdebegründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Der Kläger rügt zu Unrecht das Vorliegen eines Verfahrensmangels. Verfahrensmängel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO sind Verstöße des FG gegen Vorschriften des Verfahrensrechts.
Das FG hat die Beiladung des Insolvenzverwalters der GmbH ohne Rechtsfehler abgelehnt. Die Voraussetzungen einer notwendigen Beiladung i.S. des § 60 Abs. 3 FGO sind nicht erfüllt, weil Dritte an dem streitigen Rechtsverhältnis nicht derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Bei Streit darüber, ob eine Gesellschaft in das Unternehmen eines Organträgers eingegliedert ist, ist eine Beiladung nach § 174 Abs. 5 Satz 2 der Abgabenordnung (AO 1977) zwar möglich (BFH-Beschluss vom 27. August 1997 V B 14/97, BFH/NV 1998, 148), aber nicht notwendig. Das Unterlassen einer einfachen Beiladung begründet keinen Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO (BFH-Beschluss vom 29. Oktober 2002 V B 186/01, BFH/NV 2003, 780).
Auch soweit der Kläger eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht durch das FG rügt, führt dies nicht zur Zulassung der Revision. Die Bezeichnung eines Verfahrensmangels i.S. des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO ―wie die Verletzung der Sachaufklärungspflicht― verlangt eine genaue Angabe der Tatsachen, die den gerügten Mangel ergeben. Darüber hinaus muss schlüssig vorgetragen werden, inwiefern das angegriffene Urteil ohne diesen Verfahrensmangel anders ausgefallen wäre (vgl. BFH-Beschluß vom 17. September 1986 II B 87/86, BFH/NV 1988, 235). Wird die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht, auf deren Beachtung der Betroffene verzichten kann (hier: Verletzung der Sachaufklärungspflicht), so muss der Kläger außerdem vortragen, dass er den Verstoß in der Vorinstanz gerügt habe oder aus welchen entschuldbaren Gründen er an einer solchen Rüge vor dem FG gehindert gewesen sei (BFH-Beschlüsse vom 25. November 1992 II B 169/91, BFH/NV 1993, 258; vom 17. März 2000 VII B 1/00, BFH/NV 2000, 1125). Hieran fehlt es.
Soweit der Kläger geltend macht, die Umsatzsteuerrückforderung sei noch nicht fällig, es habe keine Organschaft bestanden, die Vorsteuerberichtigung sei unzutreffend geschätzt und die Bekanntgabe des Umsatzsteuerbescheides an ihn, den Kläger, sei rechtswidrig, führt auch dies nicht zur Zulassung der Revision. Der Kläger macht insoweit ―im Sinne einer Revisionsbegründung― die materiell-rechtliche Fehlerhaftigkeit des FG-Urteils geltend. Selbst wenn dem FG bei der Beweiswürdigung sowie bei der Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts Fehler unterlaufen sein sollten, rechtfertigt das nicht die Zulassung der Revision (BFH-Beschlüsse vom 2. April 1997 V B 26/96, BFHE 182, 430, BStBl II 1997, 443; vom 27. März 2003 V B 184/01, BFH/NV 2003, 1071).
Fundstellen