Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohneigentumsförderung ‐ Nachholung eines nicht beantragten, aber gleichwohl gewährten Abzugsbetrags
Leitsatz (NV)
Sowohl beim Objektverbrauch gemäß § 10e Abs. 4 EStG als auch bei der Nachholung nach § 10e Abs. 3 Satz 1 EStG ist darauf abzustellen, ob sich Abzugsbeträge gemäß § 10e EStG auf bestandskräftige Steuerfestsetzungen ausgewirkt haben. Liegt diese Voraussetzung ‐ für den Steuerpflichtigen erkennbar ‐ vor, ist eine Nachholung auch dann nicht möglich bzw. ist Objektverbrauch eingetreten, wenn der Abzugsbetrag wegen des fehlenden Antrags des Steuerpflichtigen zu Unrecht gewährt wurde.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2; EStG § 10e Abs. 3-4
Gründe
Der Senat lässt offen, ob die Beschwerde mangels ausreichender Darlegung der Zulassungsgründe (§ 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung ―FGO― i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze ―2.FGOÄndG― vom 19. Dezember 2000, BGBl I 2000, 1757) bereits unzulässig ist; sie ist jedenfalls unbegründet.
1. Der Streitfall hat keine die Zulassung der Revision rechtfertigende grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Die Rechtsfrage, ob Abzugsbeträge gemäß § 10e des Einkommensteuergesetzes (EStG), die zu einer bestandskräftigen Ermäßigung der Einkommensteuer geführt haben, auch dann ausgenutzt sind, wenn der frühere Abzug nicht beantragt war, aber vom Steuerpflichtigen hingenommen wurde, ist durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) bereits geklärt.
a) Im Urteil vom 8. März 1994 IX R 12/90 (BFH/NV 1994, 785) hat der BFH entschieden, dass Objektverbrauch gemäß § 7b Abs. 5 EStG auch dann eintritt, wenn erhöhte Absetzungen in der Vergangenheit ohne einen entsprechenden Antrag des Steuerpflichtigen gewährt wurden und die Steuervergünstigung sich auf die Steuerfestsetzung ausgewirkt hat, ohne wieder rückgängig gemacht werden zu können. Auch wenn die erhöhten Absetzungen in der Vergangenheit zu Unrecht gewährt wurden und die Steuervergünstigung nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, tritt nach der Rechtsprechung des BFH Objektverbrauch gemäß § 7b Abs. 5 Satz 2, Abs. 1 Satz 1 EStG ein. Entscheidend sei allein das Ergebnis, dass eine Steuervergünstigung nach § 7b EStG vom Steuerpflichtigen in Anspruch genommen wurde, die sich auf die Steuerfestsetzung ausgewirkt habe (BFH-Urteile in BFH/NV 1994, 785; vom 5. Juni 1991 XI R 11/90, BFH/NV 1991, 742, jeweils m.w.N.).
b) Nichts anderes kann für die Folgeregelung, den Abzugsbetrag gemäß § 10e EStG, gelten. Sowohl beim Objektverbrauch nach § 10e Abs. 4 EStG als auch bei der Nachholung gemäß § 10e Abs. 3 Satz 1 EStG ist darauf abzustellen, ob sich Abzugsbeträge gemäß § 10e EStG auf die bestandskräftige Festsetzung der Einkommensteuer ausgewirkt haben. Liegt diese Voraussetzung ―wie im Streitfall― vor, ist eine Nachholung nicht möglich bzw. ist Objektverbrauch eingetreten. Wenn sich der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) den Nachholungsbetrag aus dem Jahr 1992 nicht schon für das Jahr 1993, sondern erst 1994 hätte gewähren lassen wollen, hätte er die Steuerfestsetzung für das Jahr 1993, in dem der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) den Abzugsbetrag trotz Fehlens eines entsprechenden Antrags angesetzt hatte, anfechten müssen. Angesichts der Höhe des als Steuerbegünstigung für die eigengenutzte Wohnung angesetzten Betrags war offensichtlich, dass das FA bei der Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 1993 nicht nur den Abzugsbetrag für dieses Jahr berücksichtigt hatte.
2. Die Zulassung der Revision kommt auch nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO i.d.F. des 2.FGOÄndG nicht in Betracht. Aus der Beschwerdeschrift ergibt sich keine Rechtsfrage, deren einheitliche Beantwortung nur durch eine Entscheidung des BFH gesichert werden könnte. Dazu wäre der schlüssige Vortrag erforderlich gewesen, dass die angestrebte BFH-Entscheidung geeignet und notwendig sei, künftige unterschiedliche gerichtliche Entscheidungen über die betreffende Rechtsfrage zu verhindern (Beermann, Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde nach § 116 FGO, Deutsche Steuer-Zeitung ―DStZ― 2001, 312). Der Kläger hätte bereits bestehende oder zu erwartende Unterschiede in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung oder eine Abweichung des angefochtenen Urteils von der Rechtsprechung des BFH aufzeigen müssen (Senatsbeschluss vom 18. Juli 2001 X B 46/01, BFH/NV 2001, 1596). Ausreichend wäre auch das schlüssige Vorbringen gewesen, die Entscheidung des Finanzgerichts (FG) beruhe auf einer offensichtlich falschen Rechtsanwendung, da in diesem Fall davon auszugehen wäre, dass andere FG der bean-standeten Entscheidung nicht folgen werden (Senatsbeschluss in BFH/NV 2001, 1596).
Im Streitfall hat der Kläger zwar die Abweichung des angefochtenen Urteils von dem BFH-Urteil vom 25. Februar 1992 IX R 41/91 (BFHE 167, 369, BStBl II 1992, 621) behauptet. Die abstrakten Rechtssätze des vorinstanzlichen Urteils und die abstrakten Rechtssätze der Divergenzentscheidung des BFH werden jedoch nicht so genau bezeichnet, dass eine Abweichung erkennbar wird (Senatsbeschluss vom 29. September 2000 X B 23/00, BFH/NV 2001, 437). Der Einwand des Klägers, die sich aus der Entscheidung in BFHE 167, 369, BStBl II 1992, 621 ergebende starke Bindung des Steuerpflichtigen an von ihm in Anspruch genommene Abzugsbeträge gemäß § 10e EStG bedinge andererseits Vertrauensschutz, wonach die Nachholung der Abzugsbeträge nur aufgrund seiner aktiven Entscheidung erfolgen könne, lässt nicht die Rüge abweichender Rechtssätze, sondern allenfalls die Rüge materiell-rechtlich fehlerhafter Entscheidung erkennen, die allein keine Abweichung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO darstellt.
Fundstellen
Haufe-Index 665065 |
BFH/NV 2002, 190 |