Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachträglicher Ausgleich von Einkunftsminderungen i.S. des § 1 AStG und § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG
Leitsatz (NV)
- Bei der in Tz. 8.3.1 des BMF-Schreibens vom 23. Februar 1983 (BStBl I 1983, 218) zur Vermeidung von Doppelbesteuerungen zugelassenen außerbilanziellen Verrechnung des Berichtigungsbetrages gemäß § 1 AStG mit Ausgleichszahlungen der nahestehenden Person handelt es sich um eine sachliche Billigkeitsmaßnahme i.S. des § 163 AO 1977.
- Übernimmt eine Kapitalgesellschaft Kosten ihrer (ausländischen) Tochtergesellschaft, stellt sich dies als Einlage i.S. des § 4 Abs.1 Satz 5 EStG dar. Die nachträgliche Geltendmachung und Einbuchung einer Ausgleichsforderung gegenüber der Tochtergesellschaft ohne vorherige Ausgleichsvereinbarung ist als verdeckte Gewinnausschüttung zu werten.
- § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG ist gegenüber § 1 AStG vorrangig.
Normenkette
AStG § 1 Abs. 1; EStG § 4 Abs. 1 S. 5; KStG § 8 Abs. 3 S. 2; AO 1977 § 163
Tatbestand
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH, ist Rechtsnachfolgerin einer GmbH & Co. KG. Diese war im Streitjahr 1996 Mehrheitsgesellschafterin einer koreanischen Ltd. Zwischen der GmbH & Co. KG und der Ltd. bestand ein technischer Lizenzvertrag, der als Lizenzgebühr 3 v.H. des Nettoverkaufspreises für jeden Verkauf von Lizenzerzeugnissen vorsah. Diese Lizenzgebühren wurden auch im Streitjahr gezahlt.
Bei Durchführung einer Betriebsprüfung stellte der Prüfer des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt ―FA―) fest, dass die GmbH & Co. KG in den Jahren 1989 bis 1993 für die Ltd. Kosten von 1,2 Mio. DM übernommen hatte, die nicht erstattet worden waren. Das FA rechnete deswegen in 1993 ―einem Verlustjahr― außerhalb der Bilanz einen entsprechend hohen Ausgleichsposten gemäß § 1 des Außensteuergesetzes (AStG) hinzu.
In der Gewinnermittlung zur Feststellungserklärung 1996 machte die GmbH & Co. KG diese Zurechnung rückgängig. Grund hierfür waren Nachforderungen, welche im Hinblick auf die übernommenen Kosten gegenüber der Ltd. geltend gemacht worden waren. Die GmbH & Co. KG verbuchte diese Nachforderungen, die die Ltd. in einem Schreiben vom 29. August 1996 anerkannt hatte, zunächst in der laufenden Buchführung des Streitjahres, schrieb sie sodann aber zum Bilanzstichtag 31. Dezember 1996 auf den Erinnerungswert von 1 DM ab. Den Forderungsausfall begründete die GmbH & Co. KG mit Devisentransferproblemen in Korea. Sie ging davon aus, dass durch diese Buchungen eine Zahlung im Sinne der Verwaltungsgrundsätze nach Tz. 8.3.1. des Schreibens des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 23. Februar 1983 (BStBl I 1983, 218) anzunehmen sei und korrigierte die Zurechnung aus dem Jahr 1993 im Streitjahr in voller Höhe zu Lasten des Gewinns. Im Gegenzug erhöhte sie den Beteiligungswert der Ltd., den sie in den Jahren 1991 und 1992 um rd. 5,3 Mio. DM abgeschrieben hatte, um 800 000 DM, so dass letztlich eine Gewinnminderung in Höhe von 400 000 DM verblieb.
Das FA erkannte die vorstehenden Transaktionen nicht an, weil eine Rückgängigmachung der Zuschreibung nach § 1 AStG im Gesetz nicht vorgesehen und nach den hierzu ergangenen Verwaltungsgrundsätzen nur zulässig sei, wenn es später tatsächlich zu Ausgleichszahlungen käme. Es setzte den Gewinn dementsprechend einheitlich und gesondert fest.
Die dagegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) wies sie im Ergebnis schon deshalb ab, weil die Forderung gegenüber der Ltd. bereits unmittelbar nach ihrer Einbuchung im Streitjahr wieder abgeschrieben worden sei. Für ein ausnahmsweises Rückgängigmachen der zuvor erfolgten Hinzurechnung gemäß § 1 Abs. 1 AStG, das ohnehin nur im Billigkeitswege ermöglicht werde und das deswegen nicht durch Anfechtung des Feststellungsbescheides erreicht werden könne, sei in Anbetracht dessen kein Raum. Andernfalls liefe § 1 Abs. 1 AStG leer.
Die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) wurde nicht zugelassen; der Streitfall sei durch die besondere Gestaltung der tatsächlichen Umstände gekennzeichnet.
Gegen Letzteres richtet sich die Beschwerde der Klägerin, die das FA für unbegründet hält.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Im Kern geht es der Klägerin darum, die im Jahre 1993 außerbilanziell vorgenommenen Zurechnungen gemäß § 1 Abs. 1 AStG dadurch rückgängig zu machen, dass sie im Streitjahr eine entsprechende Ausgleichsforderung gegen die Ltd. eingebucht habe. Sie stützt sich dabei der Sache nach auf die einschlägigen Verwaltungsgrundsätze in Tz. 8.3.1 des BMF-Schreibens in BStBl I 1983, 218, wonach der gemäß § 1 Abs. 1 AStG erfolgte Zuschlag mit späteren Ausgleichszahlungen zu verrechnen ist, um eine doppelte steuerliche Erfassung zu vermeiden. In diesem Zusammenhang stellt sich die Rechtsfrage, ob es eines tatsächlichen Zahlungsausgleichs bedarf oder ob die zivilrechtlich wirksame Vereinbarung einer Ausgleichsforderung des Steuerpflichtigen gegen die nahe stehende Person ausreicht (vgl. Wassermeyer in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Außensteuerrecht, § 1 AStG Rz. 818; Dahnke, Internationales Steuerrecht 1997, 265).
Der Senat kann unbeantwortet lassen, ob diese Frage die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) rechtfertigen kann. Im Streitfall würde es insoweit jedenfalls an der erforderlichen Klärungsfähigkeit in einem nachfolgenden Revisionsverfahren fehlen. Denn es ist höchstrichterlich geklärt, dass die in Tz. 8.3.1. des BMF-Schreibens in BStBl I 1983, 218 getroffene Verwaltungsregelung eine sachliche Billigkeitsmaßnahme i.S. des § 163 der Abgabenordnung (AO 1977) darstellt (vgl. Senatsurteil vom 30. Mai 1990 I R 97/88, BFHE 160, 567, BStBl II 1990, 875). Als solche lässt sie sich aber nur in einem eigenen Verfahren mittels Verpflichtungsklage durchsetzen, nicht aber ―wie im Streitfall geschehen― durch Anfechtung des Gewinnfeststellungsbescheides (vgl. z. B. Kruse/Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 163 AO Tz. 28 f., m.w.N.).
2. Nach Auffassung der Klägerin ist die durch § 1 AStG ausgelöste Mehrfachbesteuerung bei richtiger Sachbehandlung allerdings nicht im Wege der Billigkeit, sondern durch teleologisch einschränkende Normauslegung des § 1 AStG zu beseitigen. Auch wenn dies zuträfe, bliebe die Beschwerde jedoch aufgrund der hiernach zu beurteilenden Einzelfallumstände erfolglos. Denn das FG hat festgestellt, dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin in den Jahren 1989 bis 1993 Kosten in Höhe von 1,2 Mio. DM für die Ltd. übernommen hatte, ohne dass eine wie auch immer geartete vertragliche Ausgleichsvereinbarung getroffen worden war. Steuerlich stellt sich eine derartige Kostenübernahme als eine Einlage i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes dar, die bei der Rechtsvorgängerin der Klägerin auf dem Beteiligtenkonto zu aktivieren war. Mit Rücksicht auf den in § 1 AStG angeordneten Vorrang anderer Vorschriften findet § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG vor § 1 AStG Anwendung. Die erst im Jahre 1996 geltend gemachte Forderung ist als nachträgliche Vereinbarung eines Entgelts für die zuvor erbrachte Einlage steuerlich als verdeckte Gewinnausschüttung der Ltd. zu werten, die allerdings wegen Illiquidität der Ltd. zu keinem Zufluss bei der GmbH & Co. KG führte. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach einer teleologisch reduzierten Auslegung des § 1 AStG nicht. Vielmehr hätte nach den Grundsätzen einer Teilwertabschreibung auf die Beteiligung an der Ltd. darüber entschieden werden müssen, ob das FA den Gewinn zutreffend ermittelt hat. Zwar ist das FG auf diese Frage in der angefochtenen Entscheidung nicht eingegangen. Die Klägerin hat dies allerdings mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde auch nicht gerügt.
3. Die Revision ist gleichermaßen nicht infolge des von der Klägerin hilfsweise geltend gemachten Verfahrensfehlers mangelnder Sachverhaltsaufklärung zuzulassen, und zwar schon deshalb nicht, weil es sich bei der Frage, ob im Jahre 1993 die Voraussetzungen für eine Zurechnung gemäß § 1 Abs. 1 AStG vorgelegen haben, um eine solche des materiellen Rechts handelt, das einer Sachaufklärung nicht zugänglich ist. Auch wenn diese Frage vom FG unrichtig beantwortet worden sein sollte, könnte dies deswegen nur die Revision begründen, nicht aber deren Zulassung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO herbeiführen.
Fundstellen
Haufe-Index 975299 |
BFH/NV 2003, 1412 |