Entscheidungsstichwort (Thema)
Großer zeitlicher Abstand zwischen mündlicher Verhandlung und Zustellung des Urteils führt zu zulassungsfreier Revision
Leitsatz (NV)
1. Die Rüge, daß das Urteil nicht mit Gründen versehen sei, weil der Abstand zwischen dem Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung und der Abfassung des Urteils so groß sei, daß nicht mehr davon ausgegangen werden könne, daß die im Urteil wiedergegebenen Gründe mit den beratenen und beschlossenen Gründen übereinstimmen, kann nur mit der zulassungsfreien Revision geltend gemacht werden.
2. Für die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache reicht es nicht aus auszuführen, daß eine bestimmte Rechtsfrage höchstrichterlich noch nicht entschieden sei.
3. Die Verfahrensrüge mangelnder Sachaufklärung wegen Nichterhebung angebotener Beweise erfordert insbesondere auch, daß dargelegt wird, daß die Nichterhebung der Beweise vor dem FG gerügt worden ist oder warum dies nicht möglich gewesen sei.
Normenkette
FGO § 104 Abs. 2, § 115 Abs. 2 Nrn. 1-3, Abs. 3 S. 3, § 116 Abs. 1 Nr. 5
Gründe
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist unzulässig.
1. Mit dem Vortrag, es liege ein Verstoß gegen § 104 Abs. 2, 2. Halbsatz der Finanzgerichtsordnung (FGO) vor, weil das Urteil des Finanzgerichts (FG) erst annähernd ein Jahr nach der mündlichen Verhandlung zugestellt worden sei, machen die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) geltend, daß das Urteil nicht mit Gründen versehen sei, weil der Abstand zwischen dem Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung und der Abfassung des Urteils so groß sei, daß nicht mehr davon ausgegangen werden könne, daß die im Urteil wiedergegebenen Gründe mit den beratenen und beschlossenen Gründen übereinstimmen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 10. November 1987 VII R 47/87, BFHE 151, 328, BStBl II 1988, 283 m. w. N.). Dieser von § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO erfaßte Mangel kann nicht mit der auf einen Verfahrensmangel i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO gestützten Nichtzulassungsbeschwerde, sondern nur mit der zulassungsfreien Revision geltend gemacht werden (§ 116 FGO). Revision haben die Kläger nicht eingelegt; eine Umdeutung des als Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegten Rechtsmittels in eine zulassungsfreie Revision kommt nicht in Betracht (BFH-Beschlüsse vom 9. Juni 1986 IX B 90/85, BFHE 146, 395, BStBl II 1986, 679, und vom 20. Januar 1988 II R 112/85, BFH/NV 1989, 247).
2. Soweit die Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) begehren, ist die Beschwerde unzulässig, weil sie nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Weise begründet worden ist. Für die nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderliche Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache reicht es nicht aus, wie die Kläger ausführen, daß bestimmte Rechtsfragen höchstrichterlich noch nicht entschieden seien, denn hieraus folgt nicht, daß sie klärungsbedürftig seien. Vielmehr hätten die Kläger darlegen müssen, daß die erstrebte Revisionsentscheidung etwa wegen Unklarheit des Gesetzes, wegen widerstreitender Entscheidungen der FG oder wegen unterschiedlicher Beurteilung in der Literatur der Rechtsklarheit und/oder der Rechtsentwicklung dienen kann (vgl. BFH-Beschlüsse vom 27. Juni 1985 I B 27/85, BFHE 144, 137, BStBl II 1985, 625; vom 21. August 1986 V B 46/86, BFH/NV 1987, 171, und vom 2. November 1988 II B 93/88, BFH/NV 1989, 590).
3. Auch die (Verfahrens-)Rüge mangelnder Sachaufklärung wegen Nichterhebung angebotener Beweise ist nicht ausreichend begründet i. S. des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO. Insbesondere hätten die Kläger wegen der Möglichkeit, auf die Erhebung von Beweisen zu verzichten (§ 155 FGO i. V. m. § 295 der Zivilprozeßordnung) darlegen müssen, daß sie die Nichterhebung der Beweise vor dem FG gerügt haben oder warum ihnen dies nicht möglich gewesen sei (vgl. BFH-Urteile vom 18. April 1972 VIII R 40/66, BFHE 105, 325, BStBl II 1972, 572, und vom 4. Oktober 1974 III R 127/73, BFHE 113, 470, BStBl II 1975, 302).
Fundstellen
Haufe-Index 417436 |
BFH/NV 1991, 691 |