Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert der Klage gegen einen Duldungsbescheid
Leitsatz (NV)
1. Bei einer Klage gegen einen Duldungsbescheid des FA ist der Streitwert nach der Forderung zu bemessen, wegen der der Duldungsbescheid erlassen worden ist. Ist aber der Wert des Vollstreckungsgegenstandes geringer als der Wert der Forderung, so ist der Streitwert nach dem geringeren Wert des Vollstreckungsgegenstandes zu bemessen.
2. Soll aufgrund der Anfechtung nach dem Anfechtungsgesetz ein Grundstück der Zwangsvollstreckung unterworfen werden, so ist der Grundstückswert abzüglich der Grundstücksbelastungen für den Streitwert maßgebend. Die Grundstücksbelastungen sind aber nicht zu berücksichtigen, soweit sie den Duldungsverpflichteten - z. B. wegen eines Freistellungsanspruchs - wirtschaftlich nicht belasten.
Normenkette
GKG § 13 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
Dem Kostenschuldner und Erinnerungsführer (Erinnerungsführer) wurden durch notariellen Vertrag von seinem Vater ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück und das gesamte im Hause befindliche Inventar übertragen. Das Finanzamt (FA) focht die Schenkung nach den Vorschriften des Gesetzes betreffend die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Konkursverfahrens (AnfG) an und verpflichtete den Erinnerungsführer durch Duldungsbescheid, wegen der Steuerschulden seines Vaters die Zwangsvollstreckung in das Grundstück nebst Inventar zu dulden. Der Einspruch und die Klage gegen den Duldungsbescheid blieben erfolglos. Der Senat hat die Nichtzulassungsbeschwerde des Erinnerungsführers gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kostenstelle des Bundesfinanzhofs (BFH) setzte gegen den Erinnerungsführer die Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren nach einem Streitwert von . . . DM (= Höhe der Steuerforderung gegen den Vater) auf . . . DM fest. Aufgrund der vorliegenden Erinnerung erging eine berichtigte Kostenrechnung nach einem Streitwert von . . . DM mit einem Kostenansatz von . . . DM. Nach einem Erläuterungsschreiben der Kostenstelle an den Erinnerungsführer vom selben Tage wurde der Streitwert wie folgt ermittelt:
Wert des Grundstücks ... DM
Wert des Inventars ... DM
... DM
./. Wert des Nießbrauchs für Vater und Mutter des Erinnerungsführers ... DM
... DM
./. Sicherheitsabschlag ... DM
... DM.
Der Erinnerungsführer hält an seiner Erinnerung fest.
Entscheidungsgründe
Die Erinnerung gegen den Kostenansatz (§ 5 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes - GKG -) ist teilweise begründet.
Der Streitwert im finanzgerichtlichen Verfahren ist nach § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bei einer Klage gegen einen Duldungsbescheid des FA (§ 191 Abs. 1 der Abgabenordnung - AO 1977 - i. V. m. den Vorschriften des AnfG) ist der Streitwert nach der (Steuer-)Forderung zu bemessen, wegen der der Duldungsbescheid erlassen worden ist; ist der Wert des Vollstreckungsgegenstandes niedriger als der Wert der Forderung, so ist der Streitwert nach diesem geringeren Wert des Vollstreckungsgegenstandes zu bemessen (Ziemer / Haarmann / Lohse / Beermann, Rechtsschutz in Steuersachen, Tz. 10412). Soll - wie im Streitfall - aufgrund der Anfechtung nach dem AnfG ein Grundstück der Zwangsvollstreckung unterworfen werden, so ist der Grundstückswert abzüglich der Grundstücksbelastungen für den Streitwert maßgebend (Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann, Zivilprozeßordnung, 48. Aufl., § 6 Anm. 4).
Die Kostenstelle des BFH ist in der berichtigten Kostenrechnung für das Beschwerdeverfahren für die Streitwertbemessung zu Recht von dem Wert der Gegenstände ausgegangen, in die der Erinnerungsführer nach dem angefochtenen Duldungsbescheid die Vollstreckung dulden soll; denn der Wert der Vollstreckungsgegenstände war niedriger als die Steuerforderung gegen den Vater des Erinnerungsführers, derentwegen der Duldungsbescheid erlassen worden ist. Dieser Ausgangspunkt für die Streitwertbemessung wird vom Erinnerungsführer - entgegen seinem ursprünglichen Vorbringen - in seinen späteren Schriftsätzen auch nicht mehr in Zweifel gezogen.
Der Wert des Grundstücks im Zeitpunkt der Eigentumsübertragung auf den Erinnerungsführer ist von der Kostenstelle zutreffend mit . . . DM angesetzt worden. Dieser Wert ergibt sich nach den Feststellungen im Urteil des FG, auf die der Senat im einzelnen Bezug nimmt, aus den Anschaffungskosten . . . , abzüglich der zutreffenden Wertminderungen und den weiteren Herstellungskosten . . . Dem Vorbringen des Erinnerungsführers, die Herstellungskosten seien erst nach der Schenkung angefallen und zum Teil von seiner Mutter getragen worden, kann nach den Feststellungen des FG nicht gefolgt werden. Das FG hat ausgeführt, daß die Herstellungskosten vor dem maßgebenden Zeitpunkt des Eigentumsübergangs auf den Erinnerungsführer angefallen und vom Schuldner (Vater des Erinnerungsführers) bezahlt worden sind. Ihre Einbeziehung in den zum Zeitpunkt des Eigentumsübergangs maßgeblichen Grundstückswert wäre auch dann gerechtfertigt, wenn im Innenverhältnis zwischen den Eltern die Mutter des Erinnerungsführers - wie behauptet - Geldbeträge zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten zugeschossen haben sollte. Denn die gesamten - vom Vater auch steuerlich geltend gemachten - Aufwendungen sind zunächst dem Vater als Grundstückseigentümer zugute gekommen und haben den Wert des übertragenen Grundstücks erhöht.
Gegen die Schätzung des Wertes des auf den Erinnerungsführer übertragenen Inventars des Hauses mit . . . DM durch die Kostenstelle hat der Erinnerungsführer keine substantiierten Einwendungen erhoben. Der Senat hält angesichts des Umfangs und der Art der Gegenstände, die dem Erinnerungsführer geschenkt worden sind, diesen Wertansatz in der Kostenrechnung für sachgerecht. Soweit der Erinnerungsführer sich für die gesamte Schenkung - einschließlich des Inventars - auf die Wertangabe von . . . DM in der notariellen Urkunde beruft, kann diesem ohne nähere Erläuterung von den Beteiligten angegebenen Wert gegenüber den substantiierteren Wertfeststellungen für das Grundstück und das Inventar durch das FG und die Kostenstelle des BFH keine Bedeutung zukommen.
Die auf dem übertragenen Grundstück lastenden Grundschulden können im Streitfall - entgegen der Auffassung des Erinnerungsführers - den Grundstückswert nicht mindern, da sie den Erwerber (Erinnerungsführer) wirtschaftlich nicht belasten. Nach den Feststellungen im Urteil des FG hat der Erinnerungsführer gleichzeitig mit der Eigentumsübertragung von seinem Vater einen Freistellungsanspruch hinsichtlich der durch die Grundschuld gesicherten Darlehensverbindlichkeiten erhalten. Der Schuldner hat sich in dem notariellen Vertrag seinem Sohn gegenüber verpflichtet, alle Verpflichtungen aus der Grundstücksbestellung zu tragen. Im Außenverhältnis - den Gläubigern gegenüber - hat er sich insoweit der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen unterworfen. Wie das FG zutreffend ausgeführt hat, stand der durch die Grundschuld abgesicherten Darlehensverbindlichkeit ein gleich hoch zu bewertender Freistellungsanspruch des Erinnerungsführers gegenüber. Die Grundschuldbelastung war deshalb bei der Ermittlung des Werts des übertragenen Grundstücks nicht zu berücksichtigen.
Dagegen mindert sich der Wert des Grundstücks um den Wert des Nießbrauchs, der im Zusammenhang mit der Grundstücksübertragung auf den Erinnerungsführer für dessen Eltern bestellt worden ist. Hierfür kann nicht - wie in der berichtigten Kostenrechnung - der vom Schuldner benannte, nicht näher substantiierte Wert von . . . DM angesetzt werden. Der Wert des Grundstücksnießbrauchs bemißt sich vielmehr als lebenslängliche Nutzung - wie der Erinnerungsführer zutreffend ausgeführt hat - nach einem Vielfachen des jährlichen Mietwerts des belasteten Einfamilienhauses (§ 14 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes - BewG -). Der Vervielfältiger ist im Streitfall entsprechend dem vollendeten Lebensalter der Mutter als der jüngeren der beiden Begünstigten im Zeitpunkt der Nießbrauchsbestellung (§ 14 Abs. 3 BewG) gemäß Anlage 9 zum BewG mit . . . anzusetzen. Der Erinnerungsführer hat durch Angabe von zwei Vergleichsmieten für entsprechende Hausgrundstücke glaubhaft gemacht, daß der monatliche Mietwert des Hauses einschließlich Garage im Zeitpunkt der Nießbrauchsbestellung . . . DM betrug.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren bemißt sich demnach wie folgt:
Wert des Grundstücks einschließlich Inventar . . . DM
./. Wert des Nießbrauchs . . . DM
. . . DM.
Die Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren waren somit gemäß § 11 Abs. 1 und 2 GKG i. V. m. den Anlagen 1 und 2 zum GKG (Kostenverzeichnis - Anlage 1 - Nr. 1371) auf . . . DM festzusetzen.
Fundstellen
Haufe-Index 418210 |
BFH/NV 1992, 690 |