Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Beschwerde gegen prozeßleitende Verfügung

 

Leitsatz (NV)

Die Bestellung eines Prozeßpflegers nach § 58 Abs. 2 Satz 2 FGO, § 57 Abs. 1 ZPO zum Zweck der Beiladung einer im Handelsregister gelöschten Gesellschaft ist eine prozeßleitende Verfügung, die nicht mit der Beschwerde angefochten werden kann.

 

Normenkette

FGO § 128 Abs. 2

 

Tatbestand

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG i.L., deren Komplementärin, die X-GmbH, am ... Dezember 1991 wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister gelöscht wurde. Geschäftsführer der X-GmbH war zuletzt Herr Z.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) wies die gegen die Gewinnfeststellungsbescheide 1976 und 1977 erhobenen Einsprüche mit der Maßgabe als unbegründet zurück, daß es die festgestellten Verluste, soweit negative Kapitalkonten der Kommanditisten vorzeitig nachzuversteuern seien, der X-GmbH zurechnete. Das FA rechnete dementsprechend auch der mit Wirkung vom 2. Oktober 1976 als Kommanditistin in die Klägerin eingetretenen A-KG jeweils 0 DM zu. An der A-KG, die am ... Oktober 1991 im Handelsregister gelöscht wurde, waren die B-GmbH als (Treunhand-)Kommanditistin sowie die X-GmbH als Komplementärin beteiligt.

In den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Klageverfahren der Klägerin und der Beteiligten zu 1. bis 3. teilte der Vorsitzende Richter des Finanzgerichts (FG) den Klägern mit Schreiben vom 6. Juli 1993 mit, es sei beabsichtigt, auch diejenigen Gesellschaften, die im Handelsregister gelöscht und vor der Gewinnverteilung betroffen seien, gemäß § 60 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) beizuladen. Zu diesem Zweck erwäge der Senat, für die X-GmbH sowie die A-KG in entsprechender Anwendung des § 57 der Zivilprozeßordnung (ZPO) einen Prozeßpfleger zu bestellen. Es biete sich die Bestellung des Herrn Z an; dieser sei gebeten worden, sich hierzu zu erklären.

Mit Anordnung vom 9. Juli 1993 bestellte der Vorsitzende unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 6. Juli 1993 Herrn Z - mit dessen Einverständnis - zum Prozeßpfleger für die X-GmbH sowie die B-GmbH. Abschriften dieser Anordnung (ohne Datum) wurden den Klägern mit Schreiben vom 14. Juli 1993 übersandt.

Mit der hiergegen erhobenen Beschwerde, der das FG nicht abgeholfen hat, macht die Klägerin geltend: Die Beschwerde gegen eine an sich unanfechtbare Entscheidung sei statthaft, wenn der Entscheidung - wie im Streitfall - jede gesetzliche Grundlage fehle. Die Bestellung eines Prozeßpflegers sei nach § 57 ZPO für die Klägerseite nicht zulässig. Die Anordnung sei unwirksam, weil sie kein Datum trage; sie beruhe auch auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs, da eine Stellungnahme zum Schreiben vom 6. Juli 1993 nicht möglich gewesen sei. Es bestünden auch gewichtige Gründe, die gegen die Bestellung des Herrn Z sprächen.

Das FA hält die Beschwerde für unzulässig. Die Anordnung des Vorsitzenden sei eine prozessuale Verfügung und deshalb nicht anfechtbar.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unzulässig.

1. Die Beschwerde ist gemäß § 128 Abs. 2 FGO nicht statthaft.

Nach dieser Vorschrift können u.a. prozeßleitende Verfügungen nicht mit der Beschwerde angefochten werden. Prozeßleitende Verfügungen sind Entscheidungen, die eine Förderung des Verfahrens, mithin den Verlauf des gerichtlichen Verfahrens selbst betreffen, und auch nicht von besonderem Gewicht sind (z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 2. Dezember 1982 IV B 35/82, BFHE 137, 393, BStBl II 1983, 332; vom 28. Oktober 1992 X B 68/92, BFH/NV 1993, 372 m.w.N.). Hierzu gehört auch die Bestellung eines Prozeßpflegers durch den Vorsitzenden nach § 58 Abs. 2 Satz 2 FGO, § 57 Abs. 1 ZPO (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 14. Aufl., § 58 FGO Tz. 14; von Wallis in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 58 FGO Rdnr. 29).

2. Nichts anderes ergibt sich daraus, daß die allgemein anerkannten Grundsätze zur Statthaftigkeit der Beschwerde gegen gesetzlich unanfechtbare Entscheidungen wegen greifbarer Gesetzeswidrigkeit auch im Finanzprozeß gelten (BFH-Beschluß vom 26. Mai 1977 V B 7/77, BFHE 122, 256, BStBl II 1977, 628).

Hierfür sind Anhaltspunkte aber weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Vielmehr wird die Bestellung eines Prozeßpflegers in entsprechender Anwendung des § 57 ZPO zum Zwecke der (notwendigen) Beiladung einer im Handelsregister gelöschten Kapitalgesellschaft für zulässig gehalten (vgl. BFH-Entscheidungen vom 26. März 1980 I R 111/79, BFHE 130, 477, BStBl II 1980, 587 unter 2. d, m.w.N.; vom 15. April 1992 IX B 164/91, BFH/NV 1993, 369). Die Statthaftigkeit der Beschwerde kann auch nicht aus einer Versagung des rechtlichen Gehörs abgeleitet werden (BFH-Beschluß in BFHE 122, 256, BStBl II 1977, 628 m.w.N.).

 

Fundstellen

Haufe-Index 419743

BFH/NV 1994, 809

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