Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsätzliche Bedeutung und Verfahrensmangel
Leitsatz (NV)
1. Ob die Finanzbehörde das ihr zustehende Ermessen, von der Abnahme der eidesstattlichen Versicherung abzusehen, zutreffend ausgeübt hat, ist keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, da dies nur auf Grund der Gegebenheiten des konkreten Einzelfalls beurteilt werden und folglich schon deshalb ein über diesen Einzelfall hinausgehendes Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts nicht bestehen kann.
2. Die Rüge mangelnder Sachaufklärung wird nicht schlüssig vorgetragen, wenn dem angefochtenen Urteil zu entnehmen ist, dass das FG die angeblich übergangenen bzw. nicht aufgeklärten Tatsachen allesamt nicht für entscheidungserheblich gehalten hat.
Normenkette
FGO § 76 Abs. 1 S. 1, § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 3, § 116 Abs. 3 S. 3; AO 1977 § 284 Abs. 3 S. 2
Verfahrensgang
FG München (Urteil vom 01.12.2004; Aktenzeichen 1 K 1732/04) |
Tatbestand
Nach vergeblichen Vollstreckungsversuchen forderte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) den Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wegen erheblicher Steuerschulden zur Vorlage eines Vermögensverzeichnisses und zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung auf. Einspruch und Klage hiergegen hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hielt die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen des § 254 der Abgabenordnung (AO 1977) sowie die besonderen tatbestandlichen Voraussetzungen des § 284 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 für erfüllt und das dem FA hinsichtlich der Abnahme der eidesstattlichen Versicherung zukommende Ermessen für fehlerfrei ausgeübt.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde. Er trägt vor, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung. Das FA habe nämlich sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Eine Überprüfung der Ermessensentscheidung hätte nur unter Beachtung sämtlicher von ihm vorgetragenen Tatsachen getroffen werden dürfen. Dies sei nicht geschehen. Deshalb hätte das FG das FA verpflichten müssen, die Sache unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Das FG habe es auch versäumt, den Sachverhalt gemäß § 76 der Finanzgerichtsordnung (FGO) von Amts wegen zu erforschen. Es habe nicht sämtliche klägerischen Behauptungen mit dem Vorbringen des FA verglichen und bei Widersprüchlichkeiten ihn nicht aufgefordert, die entsprechenden Erklärungen in substantiierter Form abzugeben. So habe das FG seinen Vortrag, die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung würde für ihn das wirtschaftliche Aus bedeuten, seine Vermögensverhältnisse seien dem FA bekannt gewesen und er habe wegen der beschlagnahmten Steuerunterlagen keine Möglichkeit zur Abgabe von Steuererklärungen gehabt, nicht gewürdigt. Dabei sei zu berücksichtigen, dass er vor dem FG nicht anwaltlich vertreten gewesen sei.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unzulässig, denn der Kläger hat weder die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage noch das Bestehen eines Verfahrensmangels in einer den Anforderungen des Gesetzes entsprechenden Weise dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Es muss sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 27. Juni 1985 I B 23/85, BFHE 144, 133, BStBl II 1985, 605), die klärungsbedürftig und im konkreten Streitfall auch klärungsfähig ist (ständige Rechtsprechung, vgl. die Hinweise bei Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., 2002, § 115 Rz. 23). Nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist schlüssig und substantiiert dargelegt werden. Dazu ist erforderlich, dass der Beschwerdeführer konkret auf die Rechtsfrage, ihre Klärungsbedürftigkeit und ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung sowie darauf eingeht, weshalb von der Beantwortung der Rechtsfrage die Entscheidung über die Rechtssache abhängt (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluss vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479).
Die Ausführungen des Klägers in der Beschwerdeschrift erfüllen diese Anforderungen nicht. Es fehlt bereits an der Formulierung an einer konkreten Rechtsfrage, der nach Auffassung des Klägers grundsätzliche Bedeutung zukommen soll. Der Kläger hält das angefochtene Urteil schlicht für falsch, weil das FG im Gegensatz zur klägerischen Auffassung geurteilt hat, dass das FA das ihm zustehende Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt habe. Mit der Rüge der (angeblichen) Fehlerhaftigkeit des angefochtenen Urteils wird indes kein die Zulassung der Revision rechtfertigender Grund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO geltend gemacht. Ob das FA im Streitfall das ihm nach § 284 Abs. 3 Satz 2 AO 1977 zustehende Ermessen zutreffend ausgeübt hat, wäre überdies keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, da dies nur auf Grund der Gegebenheiten des konkreten Einzelfalls beurteilt werden könnte und folglich schon deshalb ein über diesen Einzelfall hinausgehendes Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts nicht bestehen kann.
2. Wird als Verfahrensmangel gerügt, das FG habe den Amtsermittlungsgrundsatz verletzt (Rüge mangelnder Sachaufklärung gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO), so ist in der Beschwerdeschrift darzulegen: a) welche Tatfrage aufklärungsbedürftig ist; b) welche Beweise das FG zu welchem Beweisthema nicht erhoben hat; c) warum der Beschwerdeführer nicht von sich aus einen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat; d) warum diese Beweiserhebung sich dem FG --auch ohne besonderen Antrag-- hätte aufdrängen müssen und e) inwieweit die als unterlassen gerügte Beweisaufnahme zu einer anderen Entscheidung durch das FG hätte führen können (vgl. etwa BFH-Beschluss vom 8. Dezember 1998 VIII B 66/98, BFH/NV 1999, 798).
Das Vorbringen des Klägers erfüllt diese Anforderungen bei weitem nicht. Es nimmt nicht einmal zur Kenntnis, dass sich das FG mit den vorgetragenen Behauptungen beschäftigt, sie allesamt aber nicht für entscheidungserheblich gehalten hat. So hat das FG ausgeführt, der Einwand, die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung bedeute für den Kläger das wirtschaftliche Aus, greife schon deshalb nicht durch, weil der Kläger nicht schlüssig dargelegt habe, weshalb ihm dadurch irreversible Schäden drohten, und er hierfür auch keine Nachweise erbracht habe. Ferner hat das FG auch ausgeführt, im Streitfall könne nicht davon ausgegangen werden, dass dem FA die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers so zuverlässig bekannt gewesen seien, dass sich ein Vorgehen nach § 284 AO 1977 erübrigt hätte. Schließlich ist das Vorbringen, der Kläger habe wegen der beschlagnahmten Steuerunterlagen keine Möglichkeit zur Abgabe von Steuererklärungen gehabt, im Vollstreckungsverfahren, zu dem auch das Verfahren auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gehört, ohne Bedeutung, da hier nur Einwendungen gegen die Vollstreckung selbst, nicht aber gegen den zu vollstreckenden Verwaltungsakt zulässig sind (§ 256 AO 1977).
Fundstellen