Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert bei Streit um die Zuordnung von Bezügen zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft oder aus Gewerbebetrieb
Leitsatz (NV)
Wird im Klageverfahren gegen einen einheitlichen Gewinnfeststellungsbescheid allein darüber gestritten, ob die festgestellten Gewinne den Einkünften aus Gewerbebetrieb oder denen aus Land- und Forstwirtschaft zuzurechnen sind, so ist der Streitwert in der Regel mit 25 v. H. des Freibetrags nach § 13 Abs. 3 EStG anzusetzen.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 1; BFHEntlG Art. 1 Nr. 5
Tatbestand
Die Klägerin ist eine KG. Gegenstand ihres Unternehmens war in den Streitjahren der Betrieb einer Baumschule und der Vertrieb von Baumschulpflanzen aller Art sowie der Handel mit einschlägigen Waren einschließlich aller Artikel des gärtnerischen Bedarfs.
In ihren Erklärungen zur einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung für die Streitjahre beantragte die Klägerin, ihre Gewinne als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft zu behandeln. Das FA vertrat die Auffassung, die Gewinne der Klägerin seien als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu beurteilen, und erließ entsprechende Gewinnfeststellungsbescheide für die Jahre 1973 bis 1978.
Einspruch und Klage hatten insoweit keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unzulässig, weil das Finanzgericht (FG) die Revision nicht zugelassen hat, der Wert des Streitgegenstandes 10 000 DM nicht übersteigt und Verfahrensmängel i. S. des § 116 der Finanzgerichtsordnung (FGO), die eine zulassungsfreie Revision begründen könnten, nicht gerügt worden sind.
Die Revisionssumme überschreitet nicht den Betrag von 10 000 DM (Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs -BFHEntlG -).
Der Wert des Streitgegenstandes bemißt sich nach dem finanziellen Interesse der Klägerin am Ergebnis des Rechtsstreits. Dabei sind in einem Rechtsstreit, der die einheitliche Gewinnfeststellung betrifft, nur die einkommensteuerrechtlichen Auswirkungen zu berücksichtigen; mögliche Auswirkungen auf die Gewerbesteuer bleiben außer Betracht (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 12. März 1970 IV 4/64, BFHE 99, 11, BStBl II 1970, 547).
Sind an der streitigen Gewinnfeststellung mehrere Personen beteiligt, wird der Streitwert in der Regel pauschal durch Anwendung eines bestimmten Vomhundertsatzes auf den umstrittenen Gewinnbetrag ermittelt. Dabei ist grundsätzlich von einem Satz von 25 v. H. auszugehen. Je nach den mutmaßlichen Auswirkungen eines solchen Rechtsstreits auf die Einkommensbesteuerung der beteiligten Mitunternehmer können im Einzelfall aber auch höhere oder niedrigere Vomhundertsätze für die Streitwertermittlung maßgeblich sein (BFH-Beschluß vom 23. Februar 1978 IV E 1/78, BFHE 125, 7, BStBl II 1978, 409).
Bei der Bestimmung des Streitwerts kann allerdings dann nicht von einem Prozentsatz der vollen im Streit befindlichen Gewinnbeträge ausgegangen werden, wenn es nur um die Frage geht, welcher Einkunftsart die Bezüge zuzurechnen sind (BFH-Beschluß vom 25. August 1966 IV 3/64, BFHE 86, 569, BStBl III 1966, 611). Der BFH hat in einem Fall, in dem Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach dem Begehren des Klägers als Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit behandelt werden sollten, den Streitwert mit 25 v. H. von 1 200 DM (Freibetrag nach § 18 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes - EStG -) berechnet (BFHE 86, 569, BStBl III 1966, 611).
In entsprechender Anwendung dieser Grundsätze sind im Streitfall die Freibeträge des § 13 Abs. 3 EStG der Streitwertermittlung zugrunde zu legen. Nach § 13 Abs. 3 EStG in der für die Streitjahre maßgeblichen Fassung beträgt der Freibetrag 1 200 DM; bei Ehegatten, die zur Einkommensteuer zusammenveranlagt werden, erhöht er sich auf 2 400 DM. Da im Verfahren der einheitlichen Gewinnfeststellung solche Umstände bei der Streitwertbemessung außer Betracht bleiben müssen, die sich nur durch Beiziehung der Einkommensteuerakten der betroffenen Gesellschafter zuverlässig bestimmen und überprüfen lassen (BFH-Beschluß vom 23. Februar 1978 IV E 2/78, BFHE 125, 10, BStBl II 1978, 435), kann für die Streitwertermittlung nur der mittlere Betrag von 1 800 DM zugrunde gelegt werden; denn ob den betroffenen Gesellschaftern der höhere Freibetrag von 2 400 DM für zusammenveranlagte Ehegatten zusteht, läßt sich nur durch Beiziehung der Einkommensteuerakten zuverlässig überprüfen.
Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß an der Klägerin in den Jahren 1973 bis 1976 zwei Gesellschafter und in den Jahren 1977 und 1978 drei Gesellschafter beteiligt waren, ergibt sich für vier Streitjahre eine Bemessungsgrundlage von je 3 600 DM (2 x 1 800 DM) und für zwei Streitjahre eine Bemessungsgrundlage von je 5 400 DM (3 x 1 800 DM).
In Anbetracht der Höhe der von den Gesellschaftern der Klägerin in den einzelnen Streitjahren bezogenen Gewinnanteile ist es angemessen, den auf die Bemessungsgrundlage anzuwendenden Vomhundertsatz entsprechend der mutmaßlichen einkommensteuerrechtlichen Auswirkung in den einzelnen Streitjahren wie folgt zu erhöhen:
1973 1974 1975
DM DM DM
Gewinnanteil
A 40 419 109 819 166 432
B 12 005 47 700 77 079
Bemessungsgrundlage 3 600 3 600 3 600
davon 30 v. H. 45 v. H. 50 v. H.
Streitwert 1 080 1 620 1 800
1976 1977 1978
DM DM DM
Gewinnanteil
A 91 481 56 534 59 978
B 39 380 17 704 24 216
C - 7 273 71 897
Bemessungsgrundlage 3 600 5 400 5 400
davon 40 v. H. 30 v. H. 40 v. H.
Streitwert 1 440 1 620 2 160
Der Streitwert beträgt somit insgesamt 9 720 DM.
Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die von ihr für das Wirtschaftsjahr 1976/77 in Anspruch genommene Sonderabschreibung für Land- und Forstwirte (§ 76 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung) in Höhe von 37 163 DM bei der Streitwertermittlung nicht zu berücksichtigen. Die Klägerin räumt selbst ein, daß ihr im angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheid für das Wirtschaftsjahr 1976/77 diese Sonderabschreibung gewährt worden ist. Die Erwägung, daß ihr diese Steuervergünstigung möglicherweise im Rahmen einer geänderten Gewinnfeststellung versagt werden wird, rechtfertigt es nicht, die einkommensteuerrechtlichen Auswirkungen dieser Sonderabschreibung bei der Bemessung des Streitwerts für das vorliegende Verfahren miteinzubeziehen. Denn der Wert des Streitgegenstandes i. S. von § 115 FGO bestimmt sich nach dem Wert (Betrag), um den der Revisionskläger durch das Urteil des FG in seinen steuerlichen Interessen verkürzt zu sein behauptet, und in dessen Höhe er mit seinem Revisionsantrag Änderung des erstinstanzlichen Urteils begehrt (Tipke/Kruse, Abgabenordnung - Finanzgerichtsordnung, 11. Aufl., § 115 FGO Tz. 21). Grundlage für die Ermittlung des Streitwerts können deshalb nur die steuerlichen Auswirkungen der Bescheide sein, die Gegenstand des finanzgerichtlichen Verfahrens waren.
Fundstellen
Haufe-Index 414038 |
BFH/NV 1986, 39 |