Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtzulassungsbeschwerde; grundsätzliche Bedeutung; unterlassene Beweiserhebung; Darlegung
Leitsatz (NV)
1. Hat der BFH bereits früher über die in einer Nichtzulassungsbeschwerde als rechtsgrundsätzlich bezeichnete Rechtsfrage entschieden, so ist darzulegen, weshalb der Beschwerdeführer gleichwohl eine erneute Entscheidung des BFH zu der Frage für erforderlich hält.
2. Bei der Darlegung des Verfahrens mangels unterlassener Beweiserhebung hat der Beschwerdeführer vom sachlich-recht lichen Standpunkt des FG auszugehen.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 3, Abs. 3 S. 3
Tatbestand
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist Prostituierte. Die Umsätze aus dieser Tätigkeit unterwarf der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) in einvernehmlich geschätzter Höhe der Umsatzsteuer. Einspruch und Klage blieben erfolglos.
Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) und den Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) unzureichender Sachverhaltsaufklärung wegen Nichterhebung eines angebotenen Beweises (§ 76 FGO) geltend.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unzulässig.
Ihre Begründung entspricht nicht den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO, wonach in der Beschwerdeschrift die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt bzw. der Verfahrensmangel bezeichnet werden muß.
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) setzt die nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderliche Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache voraus, daß der Beschwerdeführer eine Rechtsfrage ausdrücklich oder wenigstens sinngemäß heraushebt, die im Interesse der Gesamtheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts einer Klärung im Revisionsverfahren bedarf (vgl. die Nachweise bei Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 115 Rz. 7, 61).
Die Klägerin macht geltend, sie sei die einzige Prostituierte, die im Bezirk des FA zur Umsatzsteuer herangezogen werde; sie stellt als grundsätzlich bedeutsam die Rechtsfrage heraus, "ob die Ungleichheit des Beklagten bei der Durchsetzung der Steuererhebung nicht zur Aufhebung" (ihrer) "Umsatzsteuerpflicht ... führt".
Zu dieser Rechtsfrage hat der BFH in seinem die Unternehmereigenschaft einer Prostituierten betreffenden Urteil vom 4. Juni 1987 V R 9/79 (BFHE 150, 192, BStBl II 1987, 653 unter II.4.) bereits ausgeführt, die Verwirklichung des Steueranspruchs gegen die (damalige) Klägerin verstoße nicht deshalb gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 des Grundgesetzes (GG), weil es anderen Prostituierten gelinge, der Besteuerung auszuweichen.
Angesichts dessen hätte die Klägerin darlegen müssen, weshalb sie gleichwohl eine erneute Entscheidung für erforderlich hält (BFH-Beschlüsse vom 27. September 1991 III B 16/91, BFH/NV 1993, 116; vom 17. Juni 1992 II B 183/91, BFH/NV 1993, 179; Gräber/Ruban, a.a.O., Rz. 62, m. w. N.).
Diesen Anforderungen genügt der Hinweis der Klägerin, die nicht nur als Prostituierte, sondern auch als Zimmervermieterin an Prostituierte tätig war, auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 27. Juni 1991 2 BvR 1494/89 (BVerfGE 84, 239, BStBl II 1991, 654) nicht. Ihr Vortrag hierzu beschränkt sich auf die Wiedergabe des ersten und (teilweise) des vierten Leitsatzes der Entscheidung. Diese betrifft die Frage, ob ein Steuerpflichtiger aus seinem Grundrecht nach Art. 3 Abs. 1 GG steuerliche Belastungen aufgrund von Regelungen abwehren kann, die Einkünfte aus Kapitalvermögen zwar der Einkommensteuer unterwerfen, wegen der Vorschriften über die Steuererhebung aber zu einer unvollständigen und ungleichmäßigen Besteuerung dieser Einkünfte führen. Die Klägerin hat nicht dargelegt, inwiefern die Grundsätze dieses Urteils im Streitfall einschlägig sind. Zu diesbezüglichem Vortrag bestand insbesondere deshalb Anlaß, weil das BVerfG ausgeführt hat, eine Bela stungsungleichheit, die durch Vollzugsmängel bei der Steuererhebung hervorgerufen werde, wie sie immer vorkommen könnten und sich auch tatsächlich ereigneten, seien verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. die Urteilsgründe unter C.I.1. d).
2. Soweit die Klägerin unterlassene Beweiserhebung durch das Finanzgericht (FG) rügt, hätte sie zur Bezeichnung dieses Verfahrensmangels nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO u. a. vortragen müssen, inwiefern das Urteil des FG aufgrund dessen sachlich-rechtlicher Auffassung auf der unterbliebenen Beweisaufnahme beruhen kann (vgl. BFH-Beschluß vom 4. März 1992 II B 201/91, BFHE 166, 574, BStBl II 1992, 562; BFH-Urteil vom 31. Juli 1990 I R 173/83, BFHE 162, 236, BStBl II 1991, 66; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 65, § 120 Rz. 39, 40).
An einem solchen Vortrag fehlt es. Die Klägerin hat nicht die Möglichkeit aufgezeigt, daß das FG -- ausgehend von dessen Rechtsstandpunkt, daß die unter Beweis gestellte pauschale Abführung von Umsatzsteuer nur für das Erhebungsverfahren bedeutsam sein könne -- ohne den behaupteten Verfahrensmangel anders entschieden hätte, sondern lediglich ausgeführt, die Beweistat sache sei "im Gegensatz zur Auffassung des angefochtenen Urteils für das Erhebungsverfahren von Bedeutung". Damit rügt die Klägerin unrichtige Rechtsanwendung durch das FG, bezeichnet aber keinen Verfahrensmangel.
3. Von einer Bekanntgabe der weiteren Begründung sieht der Senat ab (Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundes finanzhofs).
Fundstellen