Leitsatz (amtlich)
Hat das Finanzgericht die Klage mangels Nachweises der Prozeßvollmacht abgewiesen und wird eine solche im Revisionsverfahren nachgereicht, so kann der Bundesfinanzhof die Sache nur dann zurückverweisen, wenn die Revision zulässig ist, d. h. in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist.
Normenkette
FGO §§ 56, 62 Abs. 3, §§ 120, 124, 126
Tatbestand
Mit Schriftsatz vom 20. August 1970 erhob ein Steuerberater gegen die Einheitswertfeststellung zum 1. Januar 1964 namens des Klägers nach erfolglosem außergerichtlichen Vorverfahren fristgerecht Klage beim FG mit dem Hinweis, die Prozeßvollmacht, Anträge zur Klage und die Begründung der Klage nachzureichen. Nach mehrfacher Anmahnung seitens des FG bat der Steuerberater in einem von ihm selbst unterzeichneten Schriftsatz erneut um eine Nachfrist für die Vorlage der Klagebegründung und der Prozeßvollmacht, die aber trotz nochmaliger Mahnung nicht eingereicht wurden. In dem Termin zur mündlichen Verhandlung erschienen weder der Kläger noch der Steuerberater. Das FG wies die Klage wegen Unzulässigkeit ab; selbst wenn der eine vom Steuerberater unterzeichnete Schriftsatz seinerseits die von seinen Büroangestellten "Im Auftrag" erhobene Klage genehmige, fehle es an der zwingenden Prozeßvoraussetzung der Prozeßvollmacht der Naturalpartei. Die Kosten legte das FG dem Steuerberater auf.
Das Urteil des FG wurde dem Steuerberater am 6. September 1972 zugestellt. Am 5. Oktober 1972 legte der Steuerberater gegen das Urteil unter Beifügung der Vollmacht des Klägers Revision ein; er gab an, er werde die Begründung innerhalb der Begründungsfrist einreichen. Mit Schreiben vom 24. November 1972, zugestellt am 29. November 1972, machte der Vorsitzende des Senats des BFH den Steuerberater unter Hinweis auf §§ 120, 124 FGO auf die Nichteinhaltung der gesetzlichen Revisionsbegründungsfrist aufmerksam und stellte anheim, gegebenenfalls binnen zwei Wochen einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 56 FGO zu stellen und die versäumte Revisionsbegründung nachzureichen. Eine Antwort ging nicht ein.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unzulässig, da die Revision nicht fristgerecht bzw. überhaupt nicht begründet wurde.
Die Revisionsbegründungsfrist beträgt nach § 120 Abs. 1 Satz 1 FGO einen Monat und beginnt im Regelfalle mit dem Ablauf der Revisionsfrist (BFH-Entscheidung vom 12. Juli 1972 I R 206/70, BFHE 106, 483, BStBl II 1972, 957). Da im vorliegenden Verfahren die Revisionsfrist am 6. Oktober 1972 ablief, endete die Revisionsbegründungsfrist am 6. November 1972.
Die Prozeßvollmacht, deren Fehlen zur Abweisung der Klage beim FG durch Prozeßurteil führte, ist nunmehr beim BFH eingereicht worden. Bei fristgerechter Revisionsbegründung hätte der Nachweis der Prozeßvollmacht im Revisionsverfahren zur Aufhebung des Prozeßurteils geführt, ohne daß zu prüfen gewesen wäre, ob die verspätete Vorlage auf Prozeßverschleppungsabsicht oder grober Fahrlässigkeit beruht habe (vgl. BFH-Entscheidung vom 18. Mai 1972 V R 77/70, BFHE 106, 257, BStBl II 1972, 792). In einem solchen Fall ist mit dem Nachweis der Vollmacht die Klage zulässig geworden, das Urteil muß aufgehoben und der Rechtsstreit zur sachlichen Entscheidung an das FG zurückgewiesen werden (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Voraussetzung für eine Zurückverweisung durch den BFH ist aber, daß die Revision als solche statthaft ist und in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Da es im Streitfall am letzteren Erfordernis mangelt, ist die Revision nach §§ 124, 126 FGO als unzulässig zu verwerfen.
Fundstellen
Haufe-Index 70192 |
BStBl II 1973, 596 |
BFHE 1973, 211 |