Entscheidungsstichwort (Thema)
Mehrere Streitgegenstände
Leitsatz (NV)
Hat das Finanzgericht über die Rechtmäßigkeit mehrerer Steuerbescheide, also über mehrere selbständige Streitgegenstände, entschieden, so muß der Revisionskläger für jeden Streitgegenstand die verletzte Rechtsnorm bezeichnen und eine gesonderte Begründung angeben.
Normenkette
FGO § 118 Abs. 1 S. 1, § 120 Abs. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH & Co. KG, ist Rechtsnachfolgerin der A-KG (KG), die im Streitjahr (1989) einen Einzelhandel mit Textilwaren betrieb. Die persönlich haftenden Gesellschafter und alleinigen Geschäftsführer der KG luden für den ... 1989, 11.00 Uhr, insgesamt 425 Personen zu einem Empfang in das Hotel B ein. Unter den eingeladenen Personen befanden sich 100 Mitarbeiter der Klägerin und 325 in einer Gästeliste namentlich aufgeführte Personen, bei denen es sich so gut wie ausschließlich um Vertreter der Bekleidungsindustrie, der Wirtschaft, der Presse und der Politik handelte. In dem Einladungsschreiben wurde darauf hingewiesen, daß der Senior und Firmengründer des Unternehmens anläßlich seines 75. Geburtstages mit dem Empfang geehrt werden solle. Am gleichen Abend fand -- ebenfalls im Hotel B -- eine Geburtstagsfeier statt, zu der der Jubilar selbst Verwandte und die engsten Firmenmitarbeiter eingeladen hatte.
Die Klägerin behandelte den für den Empfang am Vormittag entstandenen Aufwand in einer Gesamthöhe von ... DM zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von ... DM als Betriebsausgaben. Entsprechend machte sie die ihr in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend.
Nach einer Außenprüfung ließ der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) die Aufwendungen für den Empfang wegen §12 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht zum Abzug als Betriebsausgaben zu. Durch Umsatzsteuerbescheid kürzte er die abziehbaren Vorsteuerbeträge um ... DM. Der Einspruch der Klägerin bleib jeweils erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 1996, 880 veröffentlicht.
Mit der Revision rügt das FA die fehlerhafte Anwendung des §4 Abs. 4 und des §12 Nr. 1 Satz 2 EStG.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin ist der Revision entgegengetreten.
Mit Beschluß hat der IV. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) von dem bei ihm geführten Verfahren wegen Gewinnfeststellung 1989 und Umsatzsteuer 1989 das Verfahren wegen Umsatzsteuer 1989 abgetrennt. Dadurch ist der erkennende Senat für die Entscheidung im Verfahren wegen Umsatzsteuer 1989 zuständig geworden.
Entscheidungsgründe
Die Revision wegen Umsatzsteuer 1989 ist unzulässig (§126 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
Nach §118 Abs. 1 Satz 1 FGO kann die Revision nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe. In der Revision oder der Revisionsbegründung muß die nach Ansicht des Revisionsklägers verletzte Norm bezeichnet werden (§120 Abs. 2 FGO). Hat das FG -- wie im Streitfall -- über die Rechtmäßigkeit mehrerer Steuerbescheide, also über mehrere selbständige Streitgegenstände, entschieden, so muß der Revisionskläger für jeden Streitgegenstand die verletzte Rechtsnorm bezeichnen und eine gesonderte Begründung abgeben (BFH-Urteil vom 16. Oktober 1991 I R 88/89, BFHE 166, 297, BStBl II 1992, 257; Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., §120 Rz. 31).
Daran fehlt es im Streitfall. Die Revisionsbegründung des FA läßt hinsichtlich Umsatzsteuer 1989 weder eine verletzte Rechtsnorm noch eine Begründung für seinen Antrag erkennen, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Revisionsbegründung betrifft ausschließlich die fehlerhafte Rechtsanwendung hinsichtlich der Entscheidung wegen einheitlicher und gesonderter Feststellung. Das FA macht Ausführungen zur fehlerhaften Anwendung des §4 Abs. 4 und des §12 Nr. 1 Satz 2 EStG. Diese Vorschriften hatten keine Auswirkung auf die Besteuerung von Leistungen nach dem Umsatzsteuergesetz (UStG). Die Neufassung des §1 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. c UStG 1980, wonach Eigenverbrauch u. a. auch vorliegt, wenn ein Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens Aufwendungen tätigt, die unter das Abzugverbot des §12 Nr. 1 EStG fallen, trat erst mit Wirkung zum 1. Januar 1990 in Kraft (vgl. Art. 7 Nr. 1 und Art. 17 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes zur steuerlichen Förderung des Wohnungsbaus und zur Ergänzung des Steuerreformgesetzes 1990 -- Wohnungsbauförderungsgesetz -- vom 22. Dezember 1989, BGBl I 1989, 2408, BStBl I 1989, 505).
Der Mangel in der Revisionsbegründung führt dazu, daß es an einer Sachentscheidungvoraussetzung für das Revisionsverfahren fehlt. Die Revision des FA war deshalb als unzulässig zu verwerfen.
Fundstellen