Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlegung von mangelhafter Sachaufklärung und Divergenz
Leitsatz (NV)
1. Zur Darlegung einer mangelhaften Sachaufklärung als Verfahrensfehler im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde muss der Beschwerdeführer angeben, welche weiteren Sachverhaltsermittlungen das FG noch hätte anstellen müssen und inwiefern diese Ermittlungen auf der Grundlage der Rechtsauffassung des FG zu einer anderen Entscheidung hätten führen können.
2. Zur Darlegung einer Divergenz reicht es nicht aus, abstrakte Rechtssätze des Vergleichsurteils wiederzugeben, ohne diesen divergierende Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil gegenüberzustellen.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 2-3, § 116 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
Thüringer FG (Urteil vom 16.04.2008; Aktenzeichen III 449/05) |
Tatbestand
I. Streitpunkte sind die Aktivierung von Arbeitsleistungen, die von Freunden und Verwandten eines Gesellschafter-Geschäftsführers erbracht worden sind, und die Beurteilung einer Zahlung an einen ausscheidenden Gesellschafter als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA).
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine am 1. November 1990 gegründete GmbH, die in den Streitjahren (1995 bis 1997) mit Neu- und Gebrauchtfahrzeugen handelte und einen KFZ-Reparaturbetrieb unterhielt. Gesellschafter zu gleichen Teilen und Geschäftsführer waren zunächst A, B und C. Im Februar 1994 beschloss die Gesellschafterversammlung der Klägerin die Einziehung des Geschäftsanteils des C; im Rahmen des dagegen geführten Rechtsstreits schlossen die Klägerin und C im Dezember 1995 vor dem Oberlandesgericht … einen Vergleich, nach dem C gegen Zahlung von 50 000 DM auf alle Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis und seiner Stellung als Geschäftsführer verzichtete.
Die Klägerin buchte in ihrer Bilanz zum 31. Dezember 1995 für unentgeltlich erbrachte Arbeitsleistungen des B und dessen Familienangehöriger einen Instandhaltungsaufwand von 20 240 DM sowie nachträgliche Herstellungskosten für Werkstattgebäude von 20 640 DM, aus denen sie Absetzungen für Abnutzung geltend machte. Im Gegenzug erhöhte sie die Kapitalrücklage um den Betrag von 40 880 DM und führte die Erhöhung dem verwendbaren Eigenkapital i.S. des § 30 Abs. 2 Nr. 4 des Körperschaftsteuergesetzes zu.
Nach einer Erhöhung des Stammkapitals der Klägerin auf 250 000 DM hielt A einen Geschäftsanteil von nominal 50 000 DM, den er im März 1996 an die Ehefrau des B (F) veräußerte. Als Gegenleistung für die Abtretung des Geschäftsanteils und als Abfindung für die Beendigung des Anstellungsverhältnisses als Geschäftsführer war ein Gesamtbetrag von 300 000 DM vereinbart. In dem Abtretungsvertrag heißt es dazu u.a.:
"Im vorgenannten Gesamtentgelt ist ein Betrag von 36.000 DM enthalten, der Abfindung ist für das Ausscheiden als Arbeitnehmer. … Soweit es sich bei dem vorgenannten Betrag nach vorstehenden Bestimmungen um Abfindung für das Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis handelt, ist dieser Betrag von der GmbH zu zahlen; im übrigen ist der vorgenannte Betrag vom Käufer, nämlich (F) zu bezahlen."
Die Klägerin leistete im Jahr 1996 an A insgesamt 254 150,17 DM auf den Anteilsveräußerungsvertrag.
Nach einer Außenprüfung änderte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) die zunächst erklärungsgemäß erlassenen ertragsteuerlichen Bescheide für die Streitjahre dahin, dass er in Bezug auf die erstmals 1995 bilanzierten Arbeitsleistungen weder die Aktivierung des Aufwands noch die Eigenkapitalerhöhung akzeptierte; für 1996 rechnete das FA der steuerlichen Bemessungsgrundlage im Hinblick auf die Leistungen in Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung des B den Betrag von 218 150,17 DM als vGA hinzu. Die deswegen erhobene Klage hat das Thüringer Finanzgericht (FG) mit Urteil vom 16. April 2008 III 449/05 abgewiesen.
Die Klägerin beantragt die Zulassung der Revision gegen das FG-Urteil und stützt ihr Begehren auf eine unzureichende Sachverhaltsaufklärung durch das FG und die Abweichung des FG-Urteils von anderweitiger Rechtsprechung.
Das FA beantragt, die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.
Entscheidungsgründe
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Klägerin hat das Vorliegen der geltend gemachten Zulassungsgründe entgegen § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht hinreichend dargetan.
1. Im Hinblick auf die Arbeitsleistungen der Verwandten des B hat das FG die Klageabweisung primär damit begründet, dass es sich bei den von der Klägerin behaupteten Ansprüchen des B gegen dessen Angehörige bzw. Bekannte auf Erbringung unentgeltlicher Arbeitsleistungen im Rahmen der Nachbarschaftshilfe nicht um zivilrechtlich durchsetzbare, als Wirtschaftsgüter bilanziell aktivierungsfähige Forderungen handele. Die unentgeltliche Erbringung derartiger Leistungen sei nach den Grundsätzen des Beschlusses des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 26. Oktober 1987 GrS 2/86 (BFHE 151, 523, BStBl II 1988, 348) nicht einlagefähig und könne deshalb bei der Klägerin nicht zu Aufwand führen.
Die Klägerin macht insoweit eine mangelhafte Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 FGO) des FG als Verfahrensfehler i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO geltend. Ihre Beschwerdebegründung lässt indes nicht erkennen, welche weiteren Sachverhaltsermittlungen das FG noch hätte anstellen können und müssen und inwiefern diese Ermittlungen auf der Grundlage der Rechtsauffassung des FG zu einer abweichenden Entscheidung hätten führen können. Sie befasst sich vielmehr in erster Linie mit jenen Erwägungen, in denen das FG zusätzlich ("Im Übrigen …") zur Plausibilität der behaupteten Anspruchsbegründung bzw. zur Verjährung etwaiger Forderungen des A Stellung genommen hat. Dass es sich dabei um das FG-Urteil tragende Erwägungen handelt, ist nicht zu ersehen.
Soweit die Klägerin sich mit der Beurteilung der Leistungsbeziehungen zwischen B und seinen Verwandten als Gefälligkeitsverhältnisse befasst, setzt sie lediglich ihre eigene Sachverhaltswürdigung an die Stelle jener des FG. Ein Grund für die Zulassung der Revision ergibt sich daraus nicht.
2. Hinsichtlich der Beurteilung der Zahlungen an A als vGA macht die Klägerin eine Divergenz des FG-Urteils zum Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 16. Januar 2008 12 K 8354/03 B (Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 719) geltend (Zulassungsgrund der Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung, § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). Die schlüssige Darlegung dieses Zulassungsgrunds erfordert nach ständiger Rechtsprechung des BFH u.a. die Gegenüberstellung tragender, abstrakter Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des FG einerseits und aus der behaupteten Divergenzentscheidung andererseits, um eine Abweichung erkennbar zu machen; des Weiteren ist insbesondere auszuführen, dass es sich im Streitfall um einen vergleichbaren Sachverhalt und um eine identische Rechtsfrage handelt (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 20. Februar 2008 VIII B 103/07, BFH/NV 2008, 980; vom 17. August 2007 VIII B 36/06, BFH/NV 2007, 2293, m.w.N.). Dem werden die Ausführungen in der Beschwerdebegründung nicht gerecht. Die Klägerin gibt zwar Orientierungssätze des in Bezug genommenen Urteils des FG Berlin-Brandenburg wieder; jedoch stellt sie diesen keine divergierenden abstrakten Rechtssätze aus dem FG-Urteil entgegen. Zudem fehlen hinreichende Ausführungen dazu, inwiefern den Entscheidungen vergleichbare Sachverhalte zugrunde liegen.
Fundstellen