Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerberaterprüfung - Sachverständigenbeweis
Leitsatz (NV)
- Wird als Verfahrensfehler gerügt, daß kein Sachverständigenbeweis erhoben worden ist, ist genau anzugeben, warum sich das FG die erforderliche Sachkunde nicht selbst zutrauen durfte.
- Die Wendung, es lägen keine "groben Bewertungsfehler" vor, bedeutet nicht, daß das FG die Prüfungsentscheidung nur auf handgreifliche Fehler überprüft hat, sondern weist schlagwortartig auf den Beurteilungsspielraum der Prüfer hin.
- Divergenz kann mit einer Abweichung des FG-Urteils von einem Urteil des BVerwG nicht bezeichnet werden.
Normenkette
StBerG § 37a; FGO § 76 Abs. 2, § 115 Abs. 2 Nrn. 2-3, Abs. 3 S. 3
Tatbestand
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat aufgrund der schlechten Bewertung seiner schriftlichen Arbeiten mit den Noten 5,5, 5,5 und 6,0 die Steuerberaterprüfung nicht bestanden. Hiergegen richtet sich seine Klage, die das Finanzgericht (FG) nach Durchführung eines verwaltungsinternen Überprüfungsverfahrens durch den Beklagten und Beschwerdegegner (Ministerium) mit im wesentlichen folgenden Gründen abgewiesen hat:
In den Ausführungen des Klägers fehle es an der erforderlichen schlüssigen Darlegung, daß grobe Bewertungsfehler dafür ursächlich seien, daß sein Notendurchschnitt höher als 4,5 liege und daß bei richtiger Bewertung die erforderliche Anzahl von Punkten für einen Notendurchschnitt von 4,5 erzielt worden wäre. Nachdem sich die Prüfer mit den ursprünglichen Einwendungen des Klägers im verwaltungsinternen Überprüfungsverfahren auseinandergesetzt hätten, habe der Kläger keine präzise Auflistung vorgelegt, welche Punkte er seiner Meinung nach für die einzelnen Klausuren verdient habe. Eingehende Auseinandersetzungen mit den im verwaltungsinternen Überprüfungsverfahren abgegebenen Stellungnahmen der Prüfer seien aber grundsätzlich unverzichtbar; das gelte besonders wegen der großen Differenz zwischen der vergebenen und der für einen Notendurchschnitt von 4,5 erforderlichen Punktzahl.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil richtet sich die Beschwerde des Klägers.
Der Kläger sieht mangelnde Sachaufklärung darin, daß das FG entgegen seinem Antrag kein Sachverständigengutachten darüber eingeholt habe, ob Bewertungsfehler vorliegen. Es gehe um die Frage, ob die geforderten Antworten in stilistisch mehr oder weniger geglückter Form gegeben worden seien oder nicht.
Der Kläger mißt der Rechtssache ferner grundsätzliche Bedeutung im Hinblick auf die von ihm sinngemäß formulierte Frage zu, ob die Rechtmäßigkeit einer Prüfungsentscheidung nur unter Berücksichtigung "grober" oder auch "einfacher" Bewertungsfehler zu überprüfen sei. Die Beschränkung auf grobe Bewertungsfehler, von der das FG ausgegangen sei, entspreche nicht gefestigter Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG), wonach zutreffende Antworten und vertretbare und mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründete Lösungen in einer Prüfung nicht als falsch bewertet werden dürften. Sollte jedoch trotz der uneinheitlichen höchstrichterlichen Rechtsprechung die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache verneint werden, so werde hilfsweise die Abweichung des Urteils des FG von den Entscheidungen des BVerfG vom 17. April 1991 1 BvR 419/81, 213/83 (Neue Juristische Wochenschrift 1991, 2005) bzw. des BVerwG vom 12. November 1997 6 C 11.96 (Deutsches Verwaltungsblatt 1998, 474) gerügt.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unzulässig, weil ihre Begründung nicht den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entspricht. Keiner der in der Beschwerdeschrift geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 115 Abs. 2 FGO) ist in der Beschwerdeschrift bezeichnet oder durch deren Ausführungen ausreichend dargelegt.
1. Der Verfahrensmangel unzureichender Sachaufklärung (§ 115 Abs. 2 Nr. 3, § 76 Abs. 2 FGO) ist nicht bezeichnet. Die Erhebung von Sachverständigenbeweis setzt nämlich voraus, daß das Tatsachengericht über die erforderliche Sachkunde nicht selbst verfügt. Wird daher als Verfahrensfehler gerügt, daß das FG einen von einem Beteiligten beantragten Sachverständigenbeweis nicht erhoben hat, so ist genau anzugeben, warum sich das FG die für die Beurteilung der betreffenden Fragen erforderliche Sachkunde nicht selbst zutrauen durfte. Jegliche Darlegungen zu dieser Frage fehlen in der Beschwerdeschrift. Überdies ist in ihr auch nicht genau angegeben, zu welchen durch die vom Kläger zu bearbeitenden Klausuren aufgeworfenen Fragen er welche ―von den Prüfern als unrichtig oder überhaupt nicht bewerteten― richtigen Antworten gegeben haben will; das Beweisthema ist mithin nicht hinreichend konkretisiert. Ferner ist nicht dargelegt, inwiefern das FG bei Berücksichtigung der angeblich beweisbedürftigen Tatsachen ―trotz des erheblichen Abstands der vom Kläger erzielten Punkte zu den für ein Bestehen der Prüfung erforderlichen― zu einer für den Kläger günstigeren Entscheidung hätte gelangen können. Durch die in der Beschwerdeschrift angedeutete, nur beispielhafte Benennung einzelner angeblicher Beurteilungsfehler wird ein Verfahrensmangel, auf dem das angefochtene Urteil beruhen kann, nicht ausreichend bezeichnet.
2. Die angebliche grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist nicht dargelegt. Dafür wäre es nämlich erforderlich gewesen, auf der Grundlage der vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen eine Rechtsfrage herauszuarbeiten und darzustellen, inwiefern deren richtige Beantwortung zweifelhaft ist, insbesondere etwa, daß sie im Schrifttum umstritten ist oder in der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet wird. Die Beschwerde stellt hingegen unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BVerfG und des BVerwG die Antwort auf die von ihr aufgeworfene Frage als geklärt hin. Soweit sie in diesem Zusammenhang auf die Rechtsprechung des beschließenden Senats eingeht ―offenbar zur Stützung ihrer Behauptung, die höchstrichterliche Rechtsprechung sei "uneinheitlich"―, stehen ihre Darlegungen im übrigen weder in einem nachvollziehbaren Zusammenhang zu der angeblich klärungsbedürftigen Rechtsfrage, ob auch "einfache" Bewertungsfehler bei der gerichtlichen Kontrolle einer Prüfungsentscheidung zu berücksichtigen sind, noch stehen die aus der Rechtsprechung des Senats wiedergegebenen Rechtssätze in Widerspruch zu dem von der Beschwerde hervorgehobenen Rechtssatz, Richtiges dürfe nach der Rechtsprechung des BVerfG und des BVerwG nicht als falsch bewertet werden, von welchem das FG in seiner Entscheidung ausdrücklich ausgegangen ist.
Sofern den Darlegungen der Beschwerde die Rüge zu entnehmen sein sollte, das FG habe die angegriffene Prüfungsentscheidung nicht in dem gebotenen Umfang, sondern nur gleichsam überschlägig auf grobe, handgreifliche Fehler überprüft, läge dieser Vorwurf überdies neben der Sache. Denn soweit in dem Urteil des FG von dem Fehlen "grober Bewertungsfehler" gesprochen wird, soll damit erkennbar nur schlagwortartig auf den in dem Urteil eingangs hervorgehobenen Beurteilungsspielraum der Prüfer hingewiesen werden, der es ausschließt, die von dem FG für angemessen erachtete Note für eine Prüfungsleistung an die Stelle der von den Prüfern bzw. der Prüfungskommission vergebenen zu setzen, sofern deren Urteil nicht auf einer Überspannung der Anforderungen an den Prüfling beruht (vgl. dazu das Urteil des beschließenden Senats vom 21. Mai 1999 VII R 34/98, BFHE).
3. Schließlich ist auch die von der Beschwerde "hilfsweise" gerügte Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) nicht bezeichnet. Denn dafür wäre es erforderlich gewesen, die divergierenden Rechtssätze in dem Urteil des FG und dem in der Beschwerdeschrift angegebenen Urteil des BVerfG zu benennen oder aus dem Zusammenhang der Entscheidungsgründe herauszuarbeiten, so daß die Unvereinbarkeit der betreffenden Rechtssätze deutlich wird. Daran fehlt es. Mit einer Abweichung des Urteils des FG von einem Urteil des BVerwG könnte im übrigen nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung der Zulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO ohnehin nicht bezeichnet werden.
Fundstellen
Haufe-Index 302246 |
BFH/NV 1999, 1520 |