Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Wiedereinsetzung wegen Versäumnis des Antrags auf Fristverlängerung für Revisionsbegründung
Leitsatz (NV)
Eine Wiedereinsetzung wegen Versäumnis des Antrags auf Fristverlängerung für die Revisionsbegründung setzt u.a. voraus, dass die hierfür erheblichen Tatsachen gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 FGO spätestens innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses substantiiert und in sich schlüssig vorgetragen werden. Daran fehlt es, wenn der Vortrag keine Ausführungen dazu enthält, wie die Fristenkontrolle durch organisatorische Maßnahmen überwacht wurde, wer für den rechtzeitigen Versand des Fristverlängerungsantrags verantwortlich war und warum diese Person kein Verschulden trifft.
Normenkette
FGO §§ 56, 120 Abs. 3
Verfahrensgang
FG Münster (EFG 2002, 387) |
Tatbestand
I. Das Finanzgericht (FG), dessen Entscheidung in Entscheidungen der Finanzgerichte 2002, 387 abgedruckt ist, hat die Klage, mit der sich der Kläger und Revisionskläger (Kläger) gegen die Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag und die gesonderte Gewinnfeststellung für das Jahr 1998 gewandt hatte, als unbegründet abgewiesen und die Revision zugelassen. Das FG-Urteil ist dem Kläger am 21. November 2001 zugestellt worden. Die Revisionsbegründungsfrist lief am 21. Januar 2002 ab. Mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2001, beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangen am 18. Dezember 2001, legte der Prozessbevollmächtigte des Klägers rechtzeitig Revision ein. Eine Revisionsbegründung sollte nachfolgen. Mit dem am 28. Januar 2002 zugestellten Schreiben des Vorsitzenden des erkennenden Senats wurde der Prozessbevollmächtigte darauf hingewiesen, dass die gemäß § 120 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erforderliche Begründung der Revision nicht vorliege. Mit Fax-Schreiben vom 28. Januar 2002 reichte der Prozessbevollmächtigte einen Schriftsatz zur Begründung der Revision nach und beantragte, wegen der Versäumung der Revisionsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Er trug vor, dass er unter dem 21. Januar 2002 per Telefax einen Antrag auf Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist gemäß § 120 Abs. 2 Satz 3 FGO bis 1. Februar 2001 (richtig: 2002) gestellt habe. Nachforschungen hätten ergeben, dass dieses Fax-Schreiben offenbar nicht versandt worden sei. Es liege weder eine Sendebestätigung noch eine Fehlermeldung vor. Auch sei das Fax-Schreiben nicht mehr auffindbar.
In der Sache beantragt der Kläger, das angefochtene Urteil aufzuheben und die veräußerungsbedingte Auflösung einer nach § 7g des Einkommensteuergesetzes (EStG) gebildeten Ansparrücklage im zweiten des auf die Bildung folgenden Wirtschafsjahres in den Bescheiden über den Gewerbesteuermessbetrag und die gesonderte Gewinnfeststellung für das Jahr 1998 als Veräußerungsgewinn zu beurteilen.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA― beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist mangels Rechtzeitigkeit der Revisionsbegründung unzulässig und daher nach den §§ 124 Abs. 1, 126 Abs. 1 FGO durch Beschluss zu verwerfen.
Gemäß § 120 Abs. 2 Satz 1 FGO i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757) ist die Revision innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Frist für die Revisionsbegründung kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag durch den Vorsitzenden des zuständigen Senats des BFH verlängert werden (§ 120 Abs. 2 Satz 3 FGO).
1. Die Revision ist erst nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist und damit verspätet begründet worden, denn diese Frist ist ―mangels rechtzeitig gestellten Antrages― nicht verlängert worden. Der innerhalb der Revisionsbegründungsfrist eingegangene Schriftsatz vom 14. Dezember 2001 genügt nicht den Anforderungen des § 120 Abs. 3 FGO, denn zu einer ordnungsmäßigen Revisionsbegründung bedarf es einer zumindest kurzen Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils, aus der zu erkennen ist, dass der Revisionskläger die Begründung dieses Urteils und sein eigenes Vorbringen überprüft hat (BFH-Beschluss vom 4. April 1997 X R 144/94, BFH/NV 1997, 690, ständige Rechtsprechung).
2. Die Fristversäumnis kann nicht nach § 56 FGO geheilt werden. Eine Wiedereinsetzung nach dieser Vorschrift setzt u.a. voraus, dass der Prozessbevollmächtigte ohne Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten, und die hierfür erheblichen Tatsachen gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 FGO spätestens innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses (hier: nach Kenntnisnahme von der Fristversäumnis durch das am 28. Januar 2002 zugestellte Schreiben des Senatsvorsitzenden) substantiiert und in sich schlüssig vorträgt (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 19. Januar 1993 X R 82/92, BFH/NV 1993, 611).
An einer solchen Darlegung fehlt es hier; das Vorbringen ist in entscheidenden Punkten unvollständig. Die Begründung des Wiedereinsetzungsantrags lässt nicht den Schluss zu, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers ohne Verschulden gehindert war, die Revisionsbegründungsfrist zu wahren. Es fehlt jeder Vortrag, wie die Fristenkontrolle in seinem Büro durch organisatorische Maßnahmen überwacht wurde, wer für den rechtzeitigen Versand des Fristverlängerungsantrags verantwortlich war und warum diese Person kein Verschulden trifft.
Die aufgezeigten Lücken in der Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs können nach Ablauf der Frist des § 56 Abs. 2 Satz 2 FGO nicht mehr geschlossen werden; sie gehen zu Lasten des Klägers. Das Wiedereinsetzungsbegehren ist abzulehnen, ohne dass es auf etwaige Mängel in der Glaubhaftmachung ankommt.
Fundstellen
Haufe-Index 779800 |
BFH/NV 2002, 1320 |