Entscheidungsstichwort (Thema)
Frage nach Eintritt der Zahlungsverjährung nicht klärungsbedürftig
Leitsatz (NV)
1. Die Frage, wann eine Zahlungsverjährung eintreten kann, ist nicht klärungsfähig. Es hängt nämlich von den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab, welche der in § 231 Abs. 1 AO aufgeführten Tatbestände zu welchem Zeitpunkt verwirklicht worden sind.
2. Es ergibt sich ohne weiteres aus dem Gesetz und bedarf deshalb keiner Klärung im Rahmen einer Revision, dass die Verjährung durch mehrmalige Erfüllung eines der in § 231 Abs. 1 AO aufgeführten Tatbestände mehrmals unterbrochen werden kann.
Normenkette
GG Art. 14, 20; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1; AO § 231 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Nachdem der Beklagte und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt --HZA--) gegenüber dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wiederholt zum großen Teil erfolglose Vollstreckungsmaßnahmen ergriffen, mehrere Auskunftsersuchen an deutsche Einwohnermeldeämter gerichtet und die spanischen Zollbehörden um die Beitreibung der noch offenen Forderungen in Spanien gebeten hatte, forderte es den Kläger schließlich zur Vorlage eines Vermögensverzeichnisses und zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung auf. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, dass das HZA den Kläger zu Recht zur Vorlage eines Vermögensverzeichnisses und zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung aufgefordert habe. Der Steueranspruch sei nicht durch Eintritt der Zahlungsverjährung erloschen. Infolge einer dem Kläger gewährten Stundung und durch die wiederholte Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen und durch mehrere Wohnsitzanfragen sei die Zahlungsverjährung immer wieder unterbrochen worden. Zu den in Deutschland und Spanien durchgeführten Wohnsitzanfragen habe das HZA besonderen Anlass gehabt. Im Jahre 1999 sei der Kläger unbekannt nach Spanien verzogen. Die daraufhin eingeschaltete spanische Zollverwaltung habe keinen Wohnsitz in Spanien ermitteln können. Erst im Jahre 2004 habe der Kläger dem HZA telefonisch eine spanische Adresse mitgeteilt. Die Zahlungsverjährung sei in den Jahren 2000, 2004 und 2006 jeweils durch Pfändungs- und Einziehungsverfügungen unterbrochen worden.
Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) und zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). Dem Streitfall liege ein komplexer Sachverhalt zugrunde, auf den das FG eine Vielzahl der in § 231 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) normierten Unterbrechungstatbestände angewandt habe. Deshalb stelle sich die auch gemäß Art. 6 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) bedeutsame Rechtsfrage, inwieweit das Zusammenspiel der Unterbrechungs- und Hemmungsvorschriften vor dem Hintergrund der Garantie des Rechtsinstituts der Verjährung von Bedeutung sei. Die Rechtssache biete Anlass, dieses Zusammenspiel näher zu spezifizieren. Im Lichte des Grundgesetzes (GG) seien die Bestimmungen des § 231 AO restriktiv auszulegen. Entgegen der Auffassung des FG könne eine unnötige Aufenthaltsbestimmung nicht zu einer wirksamen Unterbrechung der Zahlungsverjährung führen.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der Senat lässt es dahingestellt, ob die Beschwerde den Darlegungserfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügt; jedenfalls kommt der vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfrage aufgrund ihrer mangelnden Klärungsfähigkeit keine grundsätzliche Bedeutung zu.
1. Ohne konkret auf die für den Streitfall zu erwartenden Rechtsfolgen der angestrebten Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) einzugehen, begehrt der Kläger mit der Formulierung der von ihm aufgeworfenen Rechtsfrage eine eher abstrakte Klärung des Zusammenspiels der in § 231 Abs. 1 AO aufgeführten Tatbestände, deren Verwirklichung zu einer Unterbrechung der Zahlungsverjährung führt. Weshalb die geforderte restriktive Auslegung von § 231 AO unter Berücksichtigung der zwar in Bezug genommenen, jedoch unter den streiterheblichen Gesichtspunkten nicht näher erläuterten Regelungen der Art. 20 und 14 GG sowie des Art. 6 EMRK geboten sein soll, lässt sich der Beschwerde allerdings nicht entnehmen. Wie sich aus den abschließend aufgeführten Zulassungsgründen des § 115 Abs. 2 FGO ergibt, dient die Revision nicht dazu ohne konkreten Fallbezug die Rechtsauffassung des BFH zu einer Rechtsfrage zu erfragen. Im Übrigen sind die Voraussetzungen der Zahlungsverjährung nicht klärungsfähig. Denn es hängt von den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab, welche der in § 231 Abs. 1 AO aufgeführten Tatbestände zu welchem Zeitpunkt verwirklicht worden sind und in welchem Umfang dadurch die Zahlungsverjährung unterbrochen worden ist. Zudem ergibt es sich ohne weiteres aus dem Gesetz und bedarf deshalb keiner grundsätzlichen Klärung, dass die Verjährung durch mehrmalige Verwirklichung eines der in § 231 Abs. 1 AO aufgeführten Unterbrechungstatbestände mehrmals unterbrochen werden kann.
2. Soweit der Kläger die Rechtsauffassung vertritt, dass eine unnötige Aufenthaltsermittlung nicht zu einer wirksamen Verjährungsunterbrechung führen kann, wendet er sich gegen die vermeintlich fehlerhafte Rechtsanwendung durch das FG. Abgesehen davon, dass sich die vom HZA zur Aufenthaltsbestimmung ergriffenen Maßnahmen aus der maßgeblichen Sicht des FG nicht als unnötig bzw. überflüssig dargestellt haben, kann solches Vorbringen nicht zur Zulassung der Revision führen. Denn etwaige Fehler bei der Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts im konkreten Einzelfall rechtfertigen für sich gesehen nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (vgl. Senatsbeschluss vom 6. Oktober 2003 VII B 130/03, BFH/NV 2004, 215; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 24 und § 116 Rz 34, jeweils m.w.N.).
Fundstellen