Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerbarkeit von Geschenken eines Vereins an seine Mitglieder
Leitsatz (NV)
Ob ein Verein bestimmten Mitgliedern oder Personen, die dem Verein im Ehrenamt die Satzungserfüllung ermöglichen, aus besonderen Anlässen, wie Heirat, Geburtstag oder nach langjähriger Mitgliedschaft, Geschenke nicht steuerbar zuwenden kann, hängt von den Besonderheiten des Einzelfalles ab und ist keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung.
Normenkette
UStG 1993 § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c, Nr. 3; UStDV 1993 § 36 Abs. 2; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
Tatbestand
1. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist ein eingetragener Verein, der kulturelle Zwecke durch die Pflege der Blas- und Volksmusik fördert. Er erstattete in den Streitjahren 1994 und 1995 an aktiv mitmusizierende Vereinsmitglieder Aufwendungen für die Benutzung von Kfz nach Pauschbeträgen und beanspruchte insoweit pauschal den Vorsteuerabzug nach § 36 Abs. 2 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) 1993. Außerdem setzte er Vorsteuerbeträge aus Rechnungen über die Anschaffung von Präsenten ab, die er aktiven Mitgliedern bei besonderen Anlässen (Heirat, Geburtstag, Ehrungen für langjährige Mitgliedschaft) unentgeltlich zuwendete.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) setzte die Umsatzsteuer für 1994 und 1995 fest, ohne die erwähnten Vorsteuern zu berücksichtigen. Die dagegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren gerichtete Klage wies das Finanzgericht (FG) als unbegründet ab. Zur Begründung legte es dar, dass ein pauschaler Vorsteuerabzug nach § 36 Abs. 2 UStDV 1993 nur für Reisekostenerstattungen an Arbeitnehmer vorgesehen und eine Erweiterung dieses Vorsteuerabzugs nach dem Zweck der Vorschrift ausgeschlossen sei. Das FG führte zur Begründung der Klageabweisung weiter aus, der Vorsteuerabzug für die Präsente sei zwar gerechtfertigt. Der Abzug werde aber durch eine Besteuerung als Repräsentationseigenverbrauch (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c des Umsatzsteuergesetzes ―UStG 1993― i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes ―EStG―) wieder neutralisiert.
Mit der Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache und wegen eines Verfahrensfehlers u.a. durch mangelhafte Sachaufklärung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 3 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.
a) Dem Vorbringen des Klägers ist keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entnehmen, die eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO rechtfertigen könnte. Der Kläger strebt die Revision an, um klären zu lassen, "mit welchen Beträgen Vereinsmitglieder oder Personen, die dem Verein im Ehrenamt die Satzungserfüllung ermöglichen, im Ehrungsfall bedacht werden dürfen".
Damit hat der Kläger aber keine bestimmte ―abstrakte― klärungsbedürftige und in dem angestrebten Revisionsverfahren auch klärbare Rechtsfrage herausgestellt. Soweit damit geklärt werden soll, ob durch die erwähnten Zuwendungen ein Steuertatbestand (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c oder § 1 Abs. 1 Nr. 3 UStG 1993) verwirklicht wird, steht der Klärungsbedürftigkeit entgegen, dass es sich um inzwischen nicht mehr anwendbare Vorschriften handelt. § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c und § 1 Abs. 1 Nr. 3 UStG 1993 sind durch Art. 7 Nr. 1 Buchst. a Doppelbuchst. bb des Steuerentlastungsgesetzes ―StEntlG― 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304) aufgehoben worden.
Hinzu kommt, dass die dargelegte Rechtsfrage in dem angestrebten Revisionsverfahren auch nicht klärbar ist. Der Kläger hat seinen Mitgliedern nach den vorhandenen Feststellungen des FG, an die der Bundesfinanzhof (BFH) gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO), Geschenke aus besonderen Anlässen, z.B. bei Heiraten, Geburtstagen oder wegen langjähriger Mitgliedschaft, zugewendet. Insoweit ist nur auf Grund der Besonderheiten des Einzelfalles zu beurteilen, ob die Voraussetzungen der erwähnten Vorschriften erfüllt werden.
Klärungsbedarf besteht auch nicht für die weiter aufgeworfene Rechtsfrage, ob der pauschale Vorsteuerabzug nach § 36 Abs. 2 UStDV 1993 für erstattete Aufwendungen an Vereinsmitglieder wegen der Benutzung von Kfz zugelassen ist. Die Antwort kann zweifelsfrei dem Gesetz bzw. der UStDV entnommen werden. Danach ist die Pauschalierung nur bei Erstattungen an Arbeitnehmer zugelassen. Es ist außerdem geklärt, dass eine Erweiterung über den insoweit eindeutigen Wortlaut der Bestimmung hinaus nicht mit deren Zweck vereinbar ist (vgl. BFH-Beschluss vom 29. Januar 1987 V B 33/85, BFHE 148, 560, BStBl II 1987, 316). Schließlich ist ein Klärungsbedarf nicht mehr gegeben, weil § 36 UStDV 1993 aufgehoben worden ist (Art. 8 Nr. 1 StEntlG 1999/2000/2002).
b) Die Revision ist auch nicht wegen der vom Kläger geltend gemachten Verfahrensfehler zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).
Zur Begründung macht er u.a. geltend, das FG habe die Klage für ihn überraschend unter Verstoß gegen § 76 Abs. 1 FGO abgewiesen, ohne den Sachverhalt zum sog. Ehrungsaufwand weiter aufzuklären. Ein solcher Verfahrensfehler, der zugleich den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) hätte beeinträchtigen können, ist aber nicht hinreichend dargelegt worden. Er stellt insoweit dar, dass er einen Vorschlag des FG zur außergerichtlichen Beilegung des Rechtsstreits abgelehnt habe. Danach hatte das FG dem FA vorgeschlagen, den Vorsteuerabzug aus Kosten für Mitgliederbetreuung ohne Präjudizwirkung anzuerkennen. Aus der Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 8. Juli 1999 ergibt sich, das der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten nach der Ablehnung der außergerichtlichen Beilegung des Rechtsstreits weitere rechtliche und tatsächliche Ausführungen gemacht hat. Darüber hinaus hat er keine weitere Aufklärung angeregt und keine Beweisanträge gestellt.
Unter diesen Umständen reicht es für die Bezeichnung eines Verfahrensfehlers nicht aus, dass unsubstantiiert vorgetragen wird, das FG habe den Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt und das rechtliche Gehör nicht gewährt. Der Kläger hat nicht ―was notwendig gewesen wäre (BFH-Beschlüsse vom 19. Mai 1994 VIII B 85/93, BFH/NV 1995, 142; vom 26. Januar 1994 II B 29/93, BFH/NV 1994, 730; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 119 Rz. 13, § 120 Rz. 38)― bezeichnet, welche Tatsachen noch hätten aufgeklärt werden müssen und zu welchem Vorbringen er keine Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt hatte. Er hat auch nicht schlüssig dargelegt, dass er den aus seiner Sicht vorhandenen Verfahrensmangel bereits gegenüber dem FG gerügt hatte oder weshalb eine derartige Rüge nicht möglich war (vgl. zur Schlüssigkeit der Verfahrensrüge auch BFH-Beschluss vom 24. März 1995 VIII B 155/94, BFH/NV 1995, 908).
Hinzu kommt, dass der Kläger in der Beschwerdeschrift auch nicht ausgeführt hat, inwieweit die Vorentscheidung auf dem von ihm gerügten Verfahrensmangel beruhen kann. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO hängt die Zulassung der Revision bei einem geltend gemachten Verfahrensmangel aber davon ab, dass die angefochtene Entscheidung ―nach der insoweit maßgebenden Auffassung des FG― auf dem Verfahrensmangel beruhen kann. Dazu enthält die Beschwerdeschrift jedoch keine Ausführungen.
Fundstellen
Haufe-Index 425455 |
BFH/NV 2000, 998 |