Entscheidungsstichwort (Thema)
PKH: Rechtsgrundlage der Zahlungsverjährung bei Haftungsbescheiden
Leitsatz (NV)
1. Die Frage, nach welcher Vorschrift sich die Verjährung von Ansprüchen aus einem Haftungsbescheid richtet, hat keine grundsätzliche Bedeutung. Sie ist nicht klärungsbedürftig, denn sie beantwortet sich unmittelbar aus dem Gesetz.
2. Gemäß § 37 Abs. 1 AO 1977 gehört der Haftungsanspruch zu den Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis. Gemäß § 228 AO 1977 unterliegen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis einer besonderen Zahlungsverjährung; die Verjährungsfrist beträgt fünf Jahre. Für eine Anwendung der Verjährungsvorschriften des BGB bleibt danach kein Raum.
Normenkette
AO 1977 § 37 Abs. 1, § 228; FGO §§ 62a, 142, 115 Abs. 2, § 116 Abs. 2; BGB § 196 Abs. 9
Tatbestand
I. Der Kläger und Antragsteller (Antragsteller) war Geschäftsführer der ehemaligen X-GmbH, die dem Beklagten (Finanzamt --FA--) Lohnsteuern schuldete. Daraufhin nahm das FA den Antragsteller mit Bescheid vom 17. Oktober 2000 in Haftung. Vollstreckungsmaßnahmen führten nicht zum Erfolg. Im September 2003 veranlasste das FA die Eintragung einer Sicherungshypothek auf einem dem Antragsteller nach Verkauf der zugehörigen Eigentumswohnung verbliebenen Garagengrundstück. Im Oktober 2003 legte der Antragsteller die eidesstattliche Versicherung ab.
Nachdem das FA dem Antragsteller die Einleitung der Zwangsversteigerung angekündigt hatte, erhob der Antragsteller Klage unter anderem mit dem Antrag, das FA zu verurteilen, eine Löschungsbewilligung für die Sicherungshypothek zu erteilen. Er war der Auffassung, dass der Anspruch aus dem Haftungsbescheid gemäß § 196 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) im Zeitpunkt der Eintragung der Sicherungshypothek verjährt gewesen sei.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage --wegen dieses Antrages als unbegründet-- ab. Insbesondere könne sich der Antragsteller nicht auf Verjährung berufen, da die Verjährungsfrist für Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis gemäß § 228 der Abgabenordnung (AO 1977) fünf Jahre betrage.
Für seine beabsichtigte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision beantragt der Antragsteller Prozesskostenhilfe (PKH). Er wendet sich gegen die Feststellung des FG, dass sich die Verjährungsfrist aus § 228 AO 1977 ergebe. Die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung, weil danach "§ 196 Abs. 9 BGB alte Fassung" --und damit die zweijährige Verjährungsfrist für Lohnansprüche-- keine Anwendung finde.
Entscheidungsgründe
II. Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von PKH ist abzulehnen.
1. Der vom Antragsteller selbst gestellte Antrag ist zulässig. Für ihn besteht kein Vertretungszwang nach § 62a der Finanzgerichtsordnung --FGO-- (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 21. Dezember 2001 VII S 13/01, BFH/NV 2002, 692, und vom 9. April 2002 X S 2/02 (PKH), BFH/NV 2002, 949).
2. Der Antrag ist aber unbegründet.
a) Gemäß § 142 FGO i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung setzt die Bewilligung von PKH voraus, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Eine beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn bei summarischer Prüfung für den Eintritt des Erfolges eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht (z.B. BFH-Beschluss vom 21. Juli 1999 V S 6/99, BFH/NV 2000, 193). Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt.
b) Wird PKH für ein Beschwerdeverfahren wegen Nichtzulassung der Revision beantragt, aber nicht zugleich innerhalb der Beschwerdefrist von einem Monat (§ 116 Abs. 2 Satz 1 FGO) Beschwerde durch eine vor dem BFH postulationsfähige Person oder Gesellschaft eingelegt (§ 62a FGO), so kann dem Antragsteller wegen unverschuldeter Versäumung der Rechtsmittelfrist grundsätzlich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, wenn ihm PKH bewilligt wird. Das setzt aber voraus, dass er selbst innerhalb der Frist zur Begründung der Beschwerde alle Voraussetzungen für die Bewilligung von PKH geschaffen hat, insbesondere dass er das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel zumindest in laienhafter Weise darstellt, damit der Senat prüfen kann, ob ein Grund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO für die Zulassung der Revision gegeben ist (st. Rspr., z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 2002, 949; zur Frist vgl. Senatsbeschluss vom 27. Oktober 2004 VII S 11/04 (PKH), BFHE 208, 26, BStBl II 2005, 139).
c) Im Streitfall könnte dem Antragsteller keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, weil seinem Vorbringen keiner der in § 115 Abs. 2 FGO als Voraussetzung für die Zulassung der Revision vorgesehenen Gründe zu entnehmen ist. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, weil die Frage, nach welcher Vorschrift sich die Verjährung von Ansprüchen aus einem Haftungsbescheid richtet, nicht klärungsbedürftig ist. An der Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage fehlt es, wenn sich die Antwort auf die Rechtsfrage ohne weiteres aus dem klaren Wortlaut und Sinngehalt des Gesetzes ergibt oder diese offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG getan hat (BFH-Beschlüsse vom 18. August 2005 II B 90/04, BFH/NV 2006, 62; vom 26. Mai 2004 III B 89/03, BFH/NV 2004, 1221; vom 10. Oktober 1994 X B 9/94, BFH/NV 1995, 472, m.w.N.). Es besteht kein Zweifel daran, dass sich die Zahlungsverjährung bei Haftungsbescheiden allein nach den Regelungen der AO 1977 richtet. Das ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. Gemäß § 37 Abs. 1 AO 1977 gehört der Haftungsanspruch zu den Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis. Gemäß § 228 AO 1977 unterliegen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis einer besonderen Zahlungsverjährung; die Verjährungsfrist beträgt fünf Jahre. Für eine Anwendung der Verjährungsvorschriften des BGB bleibt danach kein Raum.
Fundstellen
Haufe-Index 1581470 |
BFH/NV 2006, 2032 |