Entscheidungsstichwort (Thema)
Beweiskraft des Protokolls über die mündliche Verhandlung
Leitsatz (NV)
Die Behauptung, eine im Protokoll über die mündliche Verhandlung vor dem FG niedergelegte Erklärung nicht abgegeben zu haben, reicht nicht aus, wenn das FG es abgelehnt hat, das Protokoll entsprechend dem Antrag der Klägerin zu berichtigen und die Klägerin keine Umstände vorgebracht hat, die es ermöglichen, die Beweiskraft des Protokolls zu durchbrechen.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2, § 116 Abs. 3 S. 3; ZPO § 165
Verfahrensgang
FG Köln (Urteil vom 24.04.2007; Aktenzeichen 8 K 1891/03) |
Tatbestand
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) wendet sich mit ihrer auf Verfahrensfehler gestützten Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG), mit dem es der Klage gegen die Zurechnung und die Höhe von Umsätzen im Zusammenhang mit Schein- und Schwarzumsätzen mit Bauämtern überwiegend stattgegeben hat.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Soweit ihre Begründung den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entsprechen sollte, sind die von der Klägerin geltend gemachten Verfahrensmängel nicht gegeben.
1. Die Klägerin rügt ohne Erfolg, das FG habe zu Unrecht angenommen, sie, die Klägerin, habe ihre Mitwirkungspflicht verletzt, weil sie der Aufforderung des Gerichts, bestimmte Rechnungen vorzulegen, mit der --für sich sprechenden-- Begründung nicht nachgekommen sei, sie könne diese Rechnungen nicht vorlegen, weil sich ihre Gesellschafter mit der Vorlage selber belasten würden (Urteil, S. 19). Die Klägerin begründet diese Rüge mit einer Verletzung rechtlichen Gehörs und insbesondere der Nichtbeachtung ihres Schriftsatzes vom 18. April 2007 (Beschwerdeschrift S. 9 ff.).
Diese Rüge bleibt erfolglos, weil die von der Klägerin nunmehr beanstandete Formulierung als ihr Vortrag im Protokoll über die mündliche Verhandlung niedergelegt ist, das FG es durch Beschluss vom 29. Mai 2007 abgelehnt hat, das Protokoll entsprechend dem Antrag der Klägerin zu berichtigen und die Klägerin keine Umstände vorgebracht hat, die es ermöglichen, die Beweiskraft des Protokolls zu durchbrechen (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 4. September 2001 I B 14/01, BFH/NV 2002, 203). Die Klägerin hat lediglich behauptet, die protokollierte Erklärung nicht abgegeben zu haben (Beschwerdeschrift, S. 10). Das genügt nicht.
Dass sich das FG auf diesen protokollierten Vortrag der Klägerin stützte und nicht im Einzelnen auf ihr Vorbringen in ihrem Schriftsatz vom 18. April 2007 einging, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
2. Soweit die Klägerin ferner eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) und einen Verstoß gegen die Gewährung rechtlichen Gehörs durch "das Übergehen von Beweisantritten" rügt (Beschwerdeschrift, S. 14 bis 19), hat sie --vor dem FG rechtskundig vertreten-- ihr Rügerecht durch rügelose Verhandlung zur Sache (s. Sitzungsprotokoll) und damit durch bloßes Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge verloren (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung --ZPO--; vgl. BFH-Beschluss vom 27. September 2007 IX B 19/07, BFH/NV 2008, 27).
Im Streitfall wurde zur mündlichen Verhandlung kein Zeuge geladen, so dass für die Klägerin erkennbar war, dass das FG eine weitere Sachaufklärung nicht beabsichtigte (vgl. BFH-Beschluss vom 2. Oktober 2007 IX B 24/07, BFH/NV 2008, 92).
Im Übrigen hat die Klägerin weder in ihren Schriftsätzen noch in der mündlichen Verhandlung einen (förmlichen) Beweisantrag gestellt, Herrn K als Zeugen zu der auf S. 14 der Beschwerdeschrift erwähnten Behauptung zu vernehmen.
3. Der von der Klägerin ferner gerügte Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO durch Nichtberücksichtigung von Bl. 1528 der Akten der Staatsanwaltschaft (Beschwerdeschrift, S. 19 ff.) genügt den Anforderungen an die Darlegung eines derartigen Verfahrensmangels nicht.
Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass dieser Auszug aus der Beschuldigtenvernehmung von Herrn K vom 24. Mai 2000 überhaupt im finanzgerichtlichen Verfahren verwertbar war, dass die Aussage von Herrn K, bei der Klägerin seien keine Unterlagen vorhanden, weil er sie "persönlich durch den Wolf gedreht habe", glaubhaft war, welche Schlussfolgerungen sich dem FG aufgrund dieser Aussage hätten aufdrängen müssen und inwiefern diese für die getroffene Entscheidung erheblich sein konnten(vgl. dazu z.B. BFH-Beschluss vom 21. September 2000 XI B 13/99, BFH/NV 2001, 200).
4. Ebenfalls erfolglos bleibt die weitere Rüge der Klägerin, das FG habe den Akteninhalt auch insoweit nicht berücksichtigt, als ein weiteres Ermittlungsverfahren zum Nachteil der Städte Y und Z eingeleitet worden sei (Beschwerdeschrift, S. 20). Denn das FG hat sich mit den Zahlungseingängen, die von den Städten Y und Z stammten, im Urteil auseinandergesetzt (vgl. FG-Urteil, S. 19 f.).
5. Soweit die Klägerin eine weitere Verletzung des rechtlichen Gehörs "bei der vorliegenden Klagehäufung im Sinne des § 260 ZPO" rügt (Beschwerdeschrift, S. 22 ff.), liegen diese Ausführungen schon deshalb neben der Sache, weil im Streitfall die von der Klägerin angenommene Klagehäufung "(Scheinrechnungen einerseits, Schwarzrechnungen andererseits)" nicht gegeben ist. Streitgegenstand einer Anfechtungsklage im steuergerichtlichen Verfahren ist die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes im Ganzen (BFH-Beschluss des Großen Senats vom 17. Juli 1967 GrS 1/66, BFHE 91, 393, BStBl II 1968, 344), hier die Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre 1990 bis 1999, nicht etwa einzelne Besteuerungsgrundlagen oder Begründungen.
Fundstellen